Kaunas
Kaunas ist neben der Kurischen Nehrung und Vilnius wohl das sehenswerteste touristische Ziel in Litauen.
Einen Rundgang durch die Hansestadt mit den wichtigsten Sehenswürdigkeiten und Museen beschreiben wir auf dieser Seite. Die einzelnen Ziele in Kaunas erreichen Sie über das Menü.
Der Stolz von Kaunas: der litauische Reiter Vytis
Die 2018 aufgebaute Statue des "Vytis" wurde in der Ukraine gegossen und hat als zusätzliche Symbolik das Gesicht von Romas Kalanta, der sich 1972 in Kaunas auf der "Freiheitsallee" als Protest gegen die sowjetische Besatzung selbst verbrannte. Symbolik hin oder her, das Gesicht eines litauischen Ritters stellt man sich etwas anders vor.
Romas Kalanta als Vytis
Kaunas (russisch Kowno, deutsch Kauen) ist die zweitgrößte Stadt Litauens mit ca. 320.000 Einwohnern. 1441 wurde sie als einzige Stadt Litauens Mitglied der Hanse. Ein Hansekontor wurde eröffnet. Nach der litauischen Unabhängigkeit 1992 wurde Kaunas erneut Hansestadt. 2011 wurden die Hansetage initiiert.
Im Rahmen der dritten polnischen Teilung 1795 kam Kaunas unter russische Besatzung. 1879 begann das zaristische Russland mit dem Ausbau Kaunas zu einer Festungsstadt. Acht Forts und 9 Batteriestellungen wurden für einen inneren Befestigungsring um die Stadt gebaut
Vor dem I. Weltkrieg wollte man noch einen äußeren Befestigungsring bauen. Fertig wurde aber nur das sogenannte IX. Fort. Das IX. Fort erlangte traurige Berühmtheit, weil hier ab 1941 die meisten der Kaunaser Juden ermordet wurden. Mehr dazu gibt es im Kapitel IX. Fort (Unser Besichtigungstipp!)
Als Litauen nach dem I. Weltkrieg wieder unabhängig wurde, intervenierte die polnische Armee unter General Zeligowski und besetzte Vilnius. Begründet wurde dies durch die dortige Bevölkerungsstruktur. Vilnius wurde mehrheitlich von Polen und Juden bewohnt und besitzt mit der Ausros Vartai einen wichtigen Pilgerort für die Polen.
Kaunas wurde für die nächsten Jahre Hauptstadt Litauens, Vilnius wurde aber nie aufgegeben. Obwohl für die Litauer Vilnius immer die wichtigste Hauptstadt war, ist Kaunas die litauischere der beiden Städte. Während man in Vilnius auf der Straße ein Mix aus russisch, polnisch, "touristisch" und litauisch hört, überwiegt in Kaunas die litauische Sprache.
Vilnius war halt lange litauisch, polnisch und jüdisch beeinflusst, was für uns Touristen auch den Reiz dieser Stadt ausmacht.
Die Stadt liegt 100 km westlich von Vilnius an der Autobahn A1 Vilnius- Klaipeda. Hier fließt die Memel (Nemunas) mit der Neris zusammen. Die Strecke Kaunas- an der Memel entlang Richtung Jurbarkas- zählt zu den eindrucksvollsten Landschaften Litauens. Hier können viele Burgen, Schlösser und Burgberge, die von früherer militärischer Stärke zeugen, besichtigt werden.
Am Zusammenfluss von Memel und Neris wurde die älteste litauische Burg gebaut, die zum ersten Mal 1362 in Aufzeichnungen des Kreuzritterordens erwähnt wurde. Die Kreuzritter lieferten sich andauernde Gefechte mit dem Großfürstentum Litauen und 1362 nahmen sie die Burg in Kaunas ein. Mehrfach zerstört und wieder aufgebaut, hatte sie stark unter den Fluten der Neris im 17. und 18. Jahrhundert zu leiden.
Wir parken in der Nähe der Burg und beginnen hier unseren Spaziergang durch Kaunas.
Die Burg von Kaunas
In den Sommermonaten ist im Turm der Burg das Touristeninformationsbüro (TIC) untergebracht und es finden kleinere Ausstellungen statt.
St. Georg Kirche
Hinter der Ritterburg kommt man zur Kirche des Heiligen Georgs. Innen wie außen sehr sehenswert, habe ich seit dem Besuch einer Kirche am Newski Prospekt keine Kirche in einem so schlechten Zustand gesehen. (In der Kirche am Newski Prospekt war ein Schwimmbad eingebaut).
Noch viel zu tun haben die Baumeister
Die alte Schönheit lässt sich erahnen
Die Kirche diente in ihrer langen Geschichte (gebaut 1504) mehrfach als Lagerhalle. Weiter gehts Richtung Rotuses aikste, dem Rathausplatz.
Hier steht das "Weiße Schwan" genannte ehemalige Kaunaser Rathaus, das heute als Keramikmuseum und Standesamt dient (1562 gebaut, 1655 zerstört und 1780 mit dem kirchenähnlichen Turm vollendet).
Es ist wahrscheinlich das meist fotographierte Objekt der Stadt.
Seit der Sowjetzeit werden hier Trauungen durchgeführt.
Das "Weisse Schwan" genannte barocke Gebäude hatte in seiner Geschichte vielerlei Verwendungen. Früher beherbergte es Geschäfte, später einen Gerichtssaal, eine Kirche und ein Waffenlager. Sogar die Feuerwehr und das Stadttheater waren hier untergebracht. Heute dient es als Standesamt und Museum (Keramikmuseum) und man kann es innen besichtigen und sogar den Turm besteigen.
Bei unserem Besuch standen vor dem Standesamt gefühlt mehr amerikanische Luxuslimousinen, als in ganz Deutschland zugelassen sind. Bei der Hochzeit gilt wohl noch die Devise: Darfs ein bisschen mehr sein..?
Altes Rathaus (Foto Wikipedia)
Die Kirche der Heiligen Dreieinigkeit Rechts ein Denkmal für Motiejus Valancius
Denkmal für den litauischen Nationaldichter Maironis
Geschmack haben sie, die Litauer Brunnen am Rathausplatz
Weiter gehts Richtung Vilnius Gatve
Beginn der Vilnius Gatve (Vilnius Straße)
Schon zu Beginn unseres Rundganges am Rotuses aikste gibt es Restaurants in großer Zahl. Auf der Vilnius gatve kommen noch Cafes und weitere Restaurants dazu. Die Vilnius gatve erinnert, wie der Name schon andeutet, an die Altstadt von Vilnius. Alte Häuser, enge Gassen und ein mittelalterliches Flair.
Ein totaler Kontrast ist die auf die Vilnius gatve folgende Laisves aleja (Freiheitsallee). Sie ist 1650 Meter lang, und war die erste Fußgängerzone der Sowjetunion. Viele Geschäfte laden zum Bummeln ein. Ist die Vilnius gatve noch schmal und verwinkelt, ist die Laisves aleja kerzengerade und führt direkt auf die frühere russische Garnisonskirche Erzengel Michael zu.
Interessant sind die Namen der Laisves Aleja, die Litauens Geschichte recht gut widerspiegeln:
1847: Nikolaj-Prospekt
1918: Kaiser-Wilhelm Strasse
1919: Laisvės alėja
1946: Stalin-Prospekt
Seit 1961: Laisvės alėja, also Freiheitsallee
Am Ende der Vilnius Strasse liegt der ehemalige Präsidentenpalast in einem Park auf der linken Seite. Er wurde 1846 gebaut und diente als Präsidentensitz in der Zwischenkriegszeit (als Vilnius zu Polen gehörte). Im Park sind Statuen der Präsidenten Smetona und Stulginskis.
Ehemaliger Präsidentenpalast
Antanas Smetona Litauischer Präsident 1929-1940
St. Gertrude Kirche am Übergang der Laisves aleja zur Vilnius gatve
Diese schöne Kirche liegt etwas versteckt an der Laisves aleja. Man muss durch ein Tor an einem Hotel um zu ihr zu gelangen. Die Kirche ist einer der ältesten gotischen Backsteingebäude Litauens und stammt aus dem 15. Jahrhundert.
Neben der Kirche ist ein Kirchturmkreuz ausgestellt, welches vom 16. Jahrhundert bis 1992 auf der Gertrud Kirche montiert war. Stolzes Alter.
St. Gertruden Kirche Innenraum
Postmuseum Laisve aleja
Das ehemalige Gebäude der Hauptpost ist in einem Gebäude der litauischen Zwischenkrigeszeitarchitektur untergebracht.
2023 ist dort eine Ausstellung zu sehen, deren Sinn nicht wirklich verstanden werden kann. Das Gebäude ist aber spannend, zeigt es doch, wie es in Litauen nach der Unabhängigkeit 1990 aussah.
Junger Straßenmusikant mit interessantem Instrument, dahinter der "Müde Fußgänger"
Fotoshooting
Von Samy Gronemann als plump und protzig bezeichnet: die Kirche zum Hl. Erzengel Michael
Am Ende der Laisves Aleja liegt die Kirche des Heiligen Erzengels Michael. Sie wurde 1895 als russisch orthodoxe Kirche für die hier stationierten Soldaten gebaut, was den ungewöhnlichen Stil der heute katholischen Kirche erklärt. Nach dem I. Weltkrieg wurde die Kirche von der litauischen Armee übernommen und katholisch.
Im russisch-französischen Krieg von 1812 haben Napoleons Soldaten in der Kirche genächtigt.
Sammy Gronemann, ein jüdischer Schriftsteller, der 1916 als Dolmetscher (für Jiddisch) im vom Kaiserreich besetzten Kaunas diente, beschrieb die Michaelskirche folgendermaßen:
"Der plumpe, protzige griechische Dom freilich, der zwischen die ärmlichen Häuser gestellt ist, stört das idyllische Bild..."
Direkt neben der Michaels Kirche ist das Mykolas Zilinskas Museum für europäische Malerei, alte ägyptische Kunst und Porzellan.
Bemerkenswert ist der nackte "Mensch" (Žmogus) vor dem Mykolas Zilinskas Museum, der direkt auf die Garnisonskirche blickt.
Von der Michaelskirche gehen wir nach Norden über die Gedimini zur Putvinskio gatve. Hier gibt es nämlich eine 1931 gebaute Bergbahn (Standseilbahn, litauisch funikulierius), die den Zaliakalnas-Berg 142 Meter hinauffährt. Gebaut wurde sie 1931, persönlich überwacht von Litauens Präsidenten Antanas Smetona. Den Spaß, den kleinen Zaliakalnis Berg hochzufahren, sollte man mitmachen. Man bekommt auch einen Eindruck, wie wohlhabend die Bürger in Kaunas damals sein gewesen sein mussten, um sich so eine aufwendige Bahn (gebaut durch die Dresdener Firma Rudolph und AEG) leisten zu können.
Talstation der Standseilbahn
Standseilbahn Zaliakalnas mit Video
Hölzerne Kabine In der Mitte der Strecke kommt einem die zweite Kabine als Kontergewicht von der Bergstation entgegen.
Eingänge die an New York erinnern und auf vergangenen Wohlstand schließen lassen
Das Teufelsmuseum mit über 3000 Exponaten in der Putvinskio gatve 64
Kriegsmuseum Kaunas Details dazu unter Kriegsmuseum
Die Philharmonie von Kaunas
Synagoge von Kaunas aus dem Jahre 1871 an der Ozeskienes gatve. Die Synagoge kann besichtigt werden.
Bis zum deutschen Einmarsch 1941 lebten in Kaunas etwa 30.000 Juden. Schon bevor die Deutschen Kaunas erreichten, kam es in Kaunas zu Ausschreitungen, wobei wohl die Massaker an der Lietukas Garage die brutalsten waren.
Juden siedelten sich in der zweiten Hälfte des 17. Jhs. an, deren Aufenthalt in der Stadt im 18. Jh. aber zeitweise verboten war. Daher wohnten viele von ihnen im Städtchen Vilijampole, welches der Familie Radvila gehörte. Hier wohnte auch eine kleine Gemeinde von Tataren. In Vilijampole entstand 1941 auch das Ghetto.
Einen Mantel für den harten Winter - Kunst in Kaunas
Nun sind wir wieder an der Burg angelangt.
Hier noch ein schönes Video über Kaunas !
Kaunas in (E)-Motion Leider nicht von uns, sondern vom TIC Kaunas
In der Umgebung von Kaunas ist das Ethnografische Freilichtmuseum in Rumsiskes ein sehenswertes Ausflugsziel. Gelegen an der A1 (Kaunas Richtung Vilnius), werden auf 195 ha etwa 183 alte litauische Originalholzhäuser gezeigt. Ein schöner Spaziergang durch die litauische Vergangenheit.
Es gibt an manchen Tagen Vorführungen von alten Webtechniken und Schmuckherstellung aus Bernstein. Außerdem wird getöpfert und geschreinert. Die obligatorische Erinnerung an die sowjetische Besatzung mit Deportation und Waldbrüdern darf natürlich auch nicht fehlen.
Kontakt Ethnografisches Museum:
L. Letkaviciaus gatve 2
56337 Rumsiskes
Das Freilichtmuseum hat eine gute Website: Freilichtmuseum Kaunas
Die Adresse des TIC Kaunas: TIC Kaunas
Kaunas Tourist Information Center TIC
Laisvės al. 36, LT-44240 Kaunas, Litauen
Tel. +370 37 323 436
Fax. +370 37 423 678
E-Mail:
Es werden von Mai bis September geführte Stadttouren angeboten.
Zum Bericht über das IX. Fort, einer Befestigungsanlage aus der Zarenzeit zur Verteidigung von Kaunas (in der 1941 die Kaunaser Juden ermordet wurden) geht es hier: IX.Fort
Lydia Rabinowitsch-Kempner (die Mutter von Robert M.W. Kempner) wurde 1871 in Kaunas geboren. Robert Kempner war deutscher Jurist und arbeitete bei den Nürnberger Prozessen als Stellvertreter des US-amerikanischen Chefanklägers Robert H. Jackson. Kempners Verhöre der Nazi Größen und ihrer Familien ist legendär.
Valdas Adamkus wurde 1926 in Kaunas geboren. Er war Litauischer Präsident. Vytautas Landsbergis, Dalia Grinkeviciute und Nina von Stauffenberg gehören ebenso zu den berühmten Töchtern und Söhnen der, wie man sieht, früher sehr internationalen Stadt.
Falls Sie die Hilfe einer professionellen Stadtführerin in Anspruch nehmen wollen, bietet sich Diana Dubautauskiene von Litauen Tours an. Weitere Infos unter Reiseführer Kaunas Diana.