Extreme Underground Tour
Seit dem 18. Oktober 2019 stehen den Besuchern in den Krypten der Kathedrale von Vilnius neue Routen zur Verfügung. Die Krypten sind einer der historisch und kulturell interessantesten und wertvollsten Orte Litauens (vielleicht ähnlich alt wie der Rathauskeller von Vilnius) und ein Zeugnis der Geschichte des Landes vom 14. Jahrhundert bis heute und ziehen jedes Jahr Zehntausende von Besuchern an. Zuvor war der für Besucher zugängliche Bereich auf etwas mehr als ein Drittel der unterirdischen Grundfläche der Kathedrale begrenzt. Die neu eröffneten Wege - der nördliche Teil der Domkrypten - bieten den Besuchern die Möglichkeit, Räume kennen zu lernen und zu sehen, die jahrelang buchstäblich unzugänglich, zugemauert und verschlossen waren.
Die Wegbeschreibung. Einmal unter der ganzen Kirche durch
Die Führungen werden auf Englisch, Polnisch, Russisch und Litauisch angeboten. Voranmeldung erforderlich.
Besucher, die an der Extremtour teilnehmen, können einige der ältesten Mauerwerke Litauens besichtigen, Reste eines Turms und einer Treppe aus dem 13. und 14. Jahrhundert, unschätzbare historische Mauerwerke der Kathedrale von Jogaila und Vytautas, Krypten und Mausoleen aus dem 16. und 19, Jahrhundert, gotische Ziegelsteine, Keramikfragmente, ein Entwässerungssystem aus dem 18. Jahrhundert, Stahlbetonverstrebungen aus den 1930er Jahren, Proben aus geologischen Studien aus den 1970er und 1980er Jahren und andere wertvolle Gegenstände, die auf einer Fläche von 120 Quadratmetern unter der Kathedrale von Vilnius ausgestellt sind.
Auf Initiative des Museums für das kirchliche Erbe wurden nicht nur die Räume für die Besucher hergerichtet, sondern auch einzelne Überreste, die in den Krypten gefunden wurden, sortiert und von Anthropologen untersucht, neue Funde wurden nach Rücksprache mit Archäologen aufbewahrt, während Historiker und Kunsttheoretiker halfen, die neu gefundenen Artefakte und Räume zu "entschlüsseln". Professionelle Museumsführer und Historiker des Church Heritage Museum, die an der Studie teilgenommen haben, sind bereit, Ihnen alles darüber zu erzählen!
Besucher, die den Extremweg erkunden möchten, sollten ihre körperlichen Fähigkeiten berücksichtigen: Um die Räume so authentisch wie möglich zu erhalten, wurden die Gänge in ihrer ursprünglichen Form belassen, wobei einige Bereiche nur 40 cm breit sind. Die höchste Stufe auf der Extremtour beträgt 42 cm. Der Besucher sollte weder Platzangst haben, noch allzu unsportlich sein. Zu dicke Menschen könnten stecken bleiben ;-)
Die unterirdischen Extremtouren werden nur in Begleitung eines Führers und nach vorheriger Anmeldung für kleine Gruppen (bis zu 10 Personen) angeboten. Die Führung dauert etwa 1,5 Stunden. Die Dauer und die Route der Tour können an die Wünsche der Gruppe angepasst werden.
Weitere Informationen und Voranmeldung unter der Telefonnummer + 3706 00 12080 oder per E-Mail an katedrospozemiai[@]bpmuziejus.lt
Am Eingang der Kathedrale...der gehörnte Moses
Nachdem wir die normale Krypta schon spannend fanden, wollten wir unbedingt die Extended Tunnel Tour mitmachen. Unser Guide Dalia führte uns nicht nur durch das Tunnelsystem, sondern erzählte uns allerlei Kurzweiliges. Tatsächlich haben geführte Touren auch ihre Vorteile. So hat der Moses vor der St. Stanislaus Kathedrale in Vilnius, unter der ja unsere Wanderung stattfindet, Hörner. Ursache dieser eigentlich ungewöhnlichen Teufelshörner für einen Heiligen war ein Übersetzungsfehler des Hieronymus, der die Bibel im 4. Jahrhundert vom Hebräischen und Griechischen ins Lateinische übersetzte. Im Kapitel Exodus machte er aus dem Wort KRN (Keren) statt der eigentlichen Bedeutung "glänzend, mit Strahlen versehen" ein "gehörnt" (Karan). Also meißelte Michelangelo den Moses mit Hörnern.
Reitermonument Großfürst Gediminas. Auch hier gab es beim Bau historisches Unwissen. Wichtige Persönlichkeiten wurden NIE neben dem Pferd dargestellt, das war den Knechten vorbehalten, sondern immer auf dem Pferd. Natürlich fällt uns Touristen so etwas nicht auf.
Da die St. Stanislaus Kathedrale während der sowjetischen Besatzung nicht als Kirche genutzt, sondern völlig ausgeplündert wurde, ist sie komplett schmucklos und nüchtern. Nur eine Nische sticht aus dieser Nüchternheit heraus. Die wertvollen Metalldekos und die Fresken wurden irgendwie in der Sowjetzeit versteckt und überdauerten so den "Kommunismus".
Wahrscheinlich sah die Kathedrale früher komplett so schön aus
Foto mit den entdeckten Kirchenschätzen
Teil des Kirchenschatzes von St. Stanislaus
Vor dem Einmarsch der Roten Armee wurde der Kirchenschatz versteckt. Und zwar in einer Nische im Treppenhaus. Die wurde zugemauert und erst nach der Unabhängigkeit wieder geöffnet. Da niemand mehr wusste, wo das Versteck war, fragten die Litauer in Krakau nach. Warum in Krakau? Weil 1940 in Vilnius nur Polen und Juden waren und keine Litauer.
In der Krypta befand sich das Grab von Barbora Radvilaite, auch die schöne Barbora genannt
So hat man Barbora Radvilaite gefunden. Der Schmuck ist auch ausgestellt.
So, hier fängt der eigentliche extreme Tunnel an. Durch dieses Loch muss man krabbeln.
Mal sehen, ob sich in den Gräbern noch was bewegt. Eine Taschenlampe sollte dabei sein.
Lüftungsschächte. Jahrelang musste die Belüftung zu sein. Deshalb war bei der Öffnung der Tunnel alles verschimmelt. Durch die hohe Feuchtigkeit wurden alle Skelette in den Tunneln zerstört. Von den aufbewahrten Skeletten, die vielleicht mal zu Heiligen werden könnten, ist bis auf eins alles vergammelt. Man kann bei einer Heiligsprechung kein Knöchelchen mehr verwenden.
In den Tunneln befindet man sich ca. 3 Meter über der Ebene, an der früher die Kirche von König Jogaila stand. Mit jeder neuen Bebauung ging es höher.
Hier und an vielen anderen Stellen sieht man die verschiedenen Bauweisen. Von Feldsteinen über Brandsteine zu Beton.
Durch die Hochwasser in den 1930er Jahren wurde die Kathedrale beinahe zum Einstürzen gebracht. Damals begann man unter der gesamten Kirche Stützen aus Beton zu gießen. Nur so hat die Kirche bis heute gehalten. Allerdings legte man nicht viel Wert auf Archäologie. So wurde leider sehr viel zerstört.
Dieser seltsam geformte Schuh wurde bei der Freilegung des Tunnelsystems gefunden. Über die Ursache der komischen Form kann man nur spekulieren. Entweder gehörte er einem der Dachdecker, der sich so besser auf dem Dach festkrallen konnte, oder einem Orgelspieler.
Am Anfang des Tunnelsystems gibt es Überschuhe, da es an manchen Stellen schlammig ist.
Vorsichtig auch vor den Pilzen. In der Dunkelheit hatte ich das Gefühl, sie wollten mich beißen.
Das Kanalsystem wurde 1941 zugemauert, da sich viele Juden auf der Flucht im unterirdischen Tunnelsystem versteckten
Zu dick darf man nicht sein. Ich hatte schon Probleme.
Unter den Säulen verlief ein Tunnelgang
Und am Schluss haben wir uns noch etwas gewünscht...auf dem Wunderstein
Ačiū Daliai už labai gražią ekskursiją! Interessante Besichtigung, sehr zu empfehlen!