4. Fort Kaunas
Der russische Zar ließ aus Angst vor Invasionen aus dem Westen einen riesigen Festungskomplex an Russlands Westgrenze errichten. (Zum Beispiel die Festung Dünaburg). Eine riesige Verteidigungsanlage entstand von 1883 bis 1903 in Kaunas. Ein Kommandant der Anlage meinte, es gäbe keine Stadt Kaunas, es gäbe nur die Festung Kaunas.
Neun Festungen wurden gebaut, die zehnte Festung war zu Beginn des I. Weltkriegs noch nicht fertig. Besichtigt wird heute meist das IX. Fort, in der auch ein Museum untergebracht ist (und die meisten Menschen beim litauischen Holocaust starben).
Das privatisierte VII. Fort kann man nach telefonischer Vereinbarung besuchen:
Das VI. soll im Sommer 2020 eröffnet werden und militärische Ausrüstung zeigen. Die anderen Forts sind nur mit einem Reiseführer zu besichtigen. 1995 wurden noch 1.900 kg explosionsfähige Stoffe aus den Festungen entfernt. Geschützte Fledermauskolonien machen einen Besuch in den Wintermonaten unmöglich. Dafür kann man sie (zumindest im IV. Fort) sehen, wenn sie aus den Höhlen kommen
Die Webadressen der Forts stehen unten!
Diana und ein Mitarbeiter der Festungsverwaltung vor dem IV. Fort
Da man die meisten Festungen nicht auf eigene Faust besichtigen kann, haben wir die Kaunasser Reisführerin Diana Valenskaite-Dubatauskiene gebeten, für uns eine Besichtigung zu organisieren. Ein Mitarbeiter der Festungsverwaltung übernahm dann die Begehung in den verworrenen Gängen der Anlage.
Das 4. Fort wurde von 1883-1888 gebaut. Die Zaristische Armee hoffte darauf, dass ankommende Feinde zuerst dieses IV. Fort angreifen würden. Es galt als eine der besten Verteidigungsanlagen seiner Zeit. Insgesamt 90.000 Soldaten waren bereit, die Festung Kaunas zu verteidigen.
Tatsächlich wurden im I. Weltkrieg aber zuerst die Forts I. bis III. angegriffen und schwer verwüstet. Die anderen Forts wurden dann verlassen oder gaben schnell auf. Das IX. Fort wurde nach einem Kanonenbeschuss sofort aufgegeben. Der Kommandeur der Festungen, Vladimir Grigoriev, wurde von den russischen Behörden festgenommen, und zu 15 Jahren Haft verurteilt. Die Waffen der Festungen wurden von den Deutschen an vielen Stellen der Front weiter eingesetzt. Kleines Detail am Rande. Die Deutschen setzten eine spezielle Waffe zur Sprengung von Befestigungsanlagen ein: die dicke Berta.
Festungsbrecher mit 1 Tonne Betonmunition "Dicke Berta" (Foto Wikipedia)
Die Kanone wog 150 Tonnen und benötigte ein Betonfundament, um abgefeuert zu werden. Der Aufbau dauerte etliche Tage. Die Munition wog über eine Tonne. Nach den Versailler Verträgen wurde der Besitz der Waffe in Deutschland verboten. Aus Ersatzteilen konnte aber bei Krupp noch eine funktionierende Kanone gebaut werden. Sie wurde im II. Weltkrieg bei der Belagerung der Festung Sewastopol und bei der Niederschlagung des Warschauer Aufstandes verwendet. (Schludrige Arbeit der Alliierten!).
Während der deutschen Besatzung 1941 bis 1944 diente auch das IV. Fort zum Töten von Juden und Kommunisten. Litauische Hilfstruppen brachten die ersten Gefangenen im August 1941 aus einem Gefängnis zum Fort, wo sie von 10 SS Leuten erwartet wurden, wahrscheinlich dem Sonderkommando 3. Die Erschießungen gingen danach weiter, allerdings nicht in dem Ausmaß wie im IX. Fort.
Genaue Zahlen (Das Fremdenverkehrsamt Kaunas spricht von 4.000 ermordeten Juden) kann man im sogenannten Jäger Bericht nachlesen.
Los geht die Besichtigung
Auf einem der unten stehenden Fotos sieht man große Kammern (mit grünlichen Wänden). Angeblich wurde hier Kohl für die Soldaten gemacht. Es roch aber nicht mehr nach Sauerkraut und es gab auch keine Spuren mehr ;-)
1998 wurde im IV. Fort aufgeräumt und die Gewölbe trockengelegt.
Der Besuch war für uns äußerst lehrreich, spannend und hat mit Diana als Guide viel Spaß gemacht!
IX FORT https://www.9fortomuziejus.lt/?lang=en
VII FORT https://www.septintasfortas.lt/kontaktai/
VI FORT https://www.vdkaromuziejus.lt/en/military-engineering-division/history/
Alle Forts in Kaunas:
https://visit.kaunas.lt/en/kaunastic/a-quick-guide-to-kaunas-fortress/
Wallanlage
Bunkereingang
Kanonenloch
Nicht alles ist begehbar
Eingang für die Kanonen und Munition
Besprechung mit dem Bunkerguide
Bunkeranlagen
Unterirdische Gänge
Treppen in die Tiefe
Aussenmauern
Kueche, vorne Behälter für Kohl (ja, wirklich Kohl).
Tafeln mit Erläuterungen zum Fort
Schießscharten
Eingangsbereich 4. Fort