Jüdisches Vilnius
Viele Besucher vom heutigen Vilnius wissen nicht, dass die Stadt vor dem II. Weltkrieg eine ganz andere Zusammensetzung hatte, wie heute. Kurz vor dem Einmarsch der Deutschen am 22.6.1941 lebten 55.000 Juden in Vilnius, was etwa 28% der Bevölkerung entsprach. Die meisten Einwohner von Vilnius waren Polen, ethnische Litauer gab es nur wenige Prozent.
Am Ende des Krieges waren fast alle Vilniuser Juden in Paneriai ermordet worden und die polnische Bevölkerung wurde vertrieben. Was blieb, war die polnisch-jüdische Architektur, die engen Gassen, die zusammen mit den Schilderungen von Arnold Zweig in "Das Ostjüdische Antlitz" von 1919, eine kleine Vorstellung über das jüdische Vilnius von vor dem Holocaust geben können.
…an den Fischkästen großer Speisehäuser veranschaulicht […], wo zwischen
engen Glaswänden so viele Fische eingepfercht sind, daß sie nur
gerade noch vom Wasser […] umspült sind, sonst aber, Fisch an Fisch
gepreßt, gegen die durchsichtige unnachgiebige Schranke gedrückt, mit
dem Maule an der Oberfläche des Kastens hängen oder am sandigen
Grunde festhalten – nicht anders drängt sich der Jude in den kleinen und
größeren Städten des Ostens zusammen […] (Zweig, Antlitz 19)
Heute gibt es zwei jüdische Museen und die erhaltene und gut renovierte "Choral Synagoge". Außerdem das Genozid Museum, in dem aber vor allem an die Gräuel der Sowjets erinnert wird. Auf Tafeln wird in der Altstadt an die Ghettos hingewiesen, in denen die deutschen Besatzer die jüdische Bevölkerung einpferchten. Jüdische Friedhöfe wurden nach dem Krieg aufgelöst und die Grabsteine finden sich in der überall in der Stadt wieder. Man hat sie einfach als Baumaterial verwendet.
Green House
Vilnius Holocaust Museum Bitte an der Tür klingeln!
https://www.facebook.com/green.house.LT/ und die Öffnungszeiten auf der Webseite: jmuseum.lt
Die Holocaust Ausstellung des staatlichen Gaon Museum befindet sich in diesem Holzhäuschen der Pamėnkalnio g. 12. Das Äußere und Innere dieses Museum steht in großem Kontrast zum weiter unten vorgestellten Toleranz Zentrum. Von außen eine alte Bruchbude, gehen die im Inneren gezeigten Erinnerungen an den Holocaust unter die Haut. Dagegen ist das Toleranzzentrum, das in einem neu und sehr gut renovierten ehemaligen jüdischen Theater der Vorkriegszeit untergebracht ist, sehr stylisch, mit einer modernen Kunstausstellung des jüdischen Malers Samuel Bak, dem alten Theatersaal und Veranstaltungen für Kinder.
Eingangsbereich des Gaon Museums
Die Museumschefin
Ein Schleifstein, hergestellt aus einem jüdischen Grabstein
Die Beschreibung zu diesem Schleifstein lautet: Fragment eines jüdischen Grabsteins, aus dem ein Wetzstein gemacht wurde. Er wurde in einem Viehstall auf einem Bauernhof in der Nähe von Anyksciai gefunden. Die Leute erzählten, dass dort bis 1972, als ein neuer Besitzer einzog, ein Mann lebte, der am Judenmord beteiligt war.
Auf dieser Karte sind die ermordeten 6 Millionen Juden in Europa nach Ländern dargestellt
125.000 Juden in Deutschland zu 4.565.000 in der Sowjetunion und Polen.
Bekanntmachung der deutschen Befehle durch die litauische Verwaltung
Juden hatten einen Judenstern auf ihrer Kleidung zu tragen und durften nur noch zu bestimmten Zeiten aus dem Haus.
Die Versorgungsmöglichkeiten der Juden werden eingeschränkt
SS Verbündete: Litauische Polizei und ihre deutschen Chefs.
Ghetto Tor in Vilnius
Erschießungen in Paneriai
Paneriai
Juden wurden in noch von den Sowjets ausgehobenen Gruben erschossen.
Franz Walter Stahlecker
"Ebenso wurden schon in den ersten Stunden nach dem Einmarsch, wenn auch unter erheblichen Schwierigkeiten, einheimische antikommunistische Kräfte zu Progromen (sic) gegen die Juden veranlasst. Befehlsgemäss war die Sicherheitspolizei entschlossen, die Judenfrage mit allen Mitteln und aller Entschiedenheit zu lösen." Zitat aus dem Bericht von Franz Walther Stahlecker. Er war beim Einmarsch der Wehrmacht in Litauen am 22.Juni 1941 als SS-Brigadeführer und Generalmajor der Polizei der Leiter der Einsatzgruppe A.
Der Stahlecker Report ist berüchtigt, und dokumentiert die Unmenschlichkeit der deutschen Besatzung.
Nicht nur hübsch, sondern auch menschlich: Sofija Binkiene.
Sie half geflüchteten Juden aus dem Ghetto von Kaunas. Sofija Binkiene und ihre ganze Familie riskierten drei lange Jahre lang ihr Leben.
Vilnius Gaon Museum
Toleranz Zentrum, auch Vilna Gaon State Jewish Museum genannt, in dem auch das Samuel Bak Museum ist.
Das Vilnius Gaon Museum ist in in einem alten jüdischen Theater der Vorkriegszeit untergebracht.
Das Staatliche Jüdische Vilnius Gaon Museum (VGSJM) ist eine nationale Einrichtung des litauischen Kulturministeriums, die das historische, materielle und spirituelle Erbe der litauischen Juden, traditioneller und moderner jüdischer Gegenstände die mit dem Holocaust verbunden sind, auf verschiedene Weise sammelt, untersucht, wiederherstellt und der Gesellschaft präsentiert, incl. Kunst und Dokumenten, mit dem Ziel, die enorme kulturelle Lücke in der Erzählung der litauischen Geschichte und das Weltbild seiner Einwohner zu schließen, das sich aus den totalitären Regimen des 20. Jahrhunderts ergibt.
Eingangsbereich, wunderschön renoviert
Ausstellung und Edukationsprogramme für Kinder
Der Theatersaal
Ausdruck jüdischen Lebens, als Vilnius noch als das "Jerusalem des Ostens" galt
Bilder von Samuel Bak "Sia kryptimi" (In diese Richtung) 1969 (Mitte)
Zeichen der Identität
Buch mit Zeichnungen aus dem Ghetto
Adam und Eva, vorläufige Unterkunft
Samuel Bak wurde 1933 in Vilnius geboren. 1941 bis 1944 lebte er unter deutscher Besatzung im Ghetto Vilnius, im Arbeitslager und als Flüchtling in einem Kloster.
1942 gab es eine erste Ausstellung seiner Bilder im Ghetto
1945-48 lebte er als "displaced person" in einem Lager bei München und studierte dort Malerei
1948 Emigration nach Israel
1952 Studien an der Bezalem Kunstschule in Jerusalem
1953-56 Wehrdienst
1956-59 Aufenthalt in Paris. Studium an der l'Ecole Beaux Arts Kunstschule
1959 bis 1993 Er lebte in Rom, Israel, New York, wieder Israel , Paris und der Schweiz
1993 Umzug nach Weston, Massachusetts
Jüdische Armeeeinheiten im Kampf um die litauische Unabhängigkeit 1918.
Das Toleranzzentrum ist aufwendig und geschmackvoll renoviert worden. Hier die Seitenansicht.
Im Bereich der Zemaitijos gatve sieht man noch Hebräische Aufschriften. Ähnlich wie in Birzai.
Sklep...Geschäft Polnisch und Hebräisch
Die Choral Synagoge ist die einzige Synagoge, von ehemals über 100, die den deutschen Vernichtungsfeldzug gegen das europäische Judentum überstanden hat.
Plačioji g. 7, Vilnius Der Eingang ist aber an der Pylimo gatve (von dort ist die Ansicht auf dem Bild)
Anmerkungen und Verbesserungen sind immer willkommen!