Plokštine Raketensilo
Ansicht der Raketensilos aus der Luft
Neben dem Plateliai See ist die ehemalige russische Raketenanlage (Plateliai Visitor Centre Didžioji g. 8, Plateliai LT-90420 Plungės raj.) für mich eines der interessantesten Sehenswürdigkeiten der Region Zemaitija. Hier wurde 2012 das "Cold War Museum " eröffnet und man kann geführt durch die komplette Anlage laufen und in die heute leeren Raketensilos schauen.
Eingang "Museum des Kalten Krieges"
Die Raketenanlage (litauisch: "Plokstines raketu baze") war eine sowjetische unterirdische Abschussanlage für nukleare ballistische Raketen. Hier, im spärlich besiedeltem litauischem Waldgebiet, waren die Abschussrampen gut zu verstecken. Praktischerweise waren die Raketen auch näher an ihren Zielorten im Westen stationiert. Stationiert waren R-12 Dvina Raketen (Nato Name: SS-4 Sandal. Die gleichen Raketen wurden von den Sowjets auch in Kuba stationiert, was damals die Kuba Krise auslöste). Raketen dieses Typs waren von 1953 bis 1993 in Betrieb, hatten eine Länge von 22,1 Metern und 1,6 Meter Durchmesser und eine Reichweite von ca. 2.300 Kilometern. In der Basis lagerten 8 Raketensprengköpfe und im nahe gelegenen Šateikiai weiterer Nachschub. Von Šateikiai wurden auch die R-12 Raketen über Sewastopol nach Kuba verschifft.
Als die Amerikaner begannen, ihre Raketen in unterirdische Silos zu verstecken, wollte man es ihnen auf sowjetischer Seite natürlich gleich machen. Man begann bei Plokstine im September 1960 eine der ersten unterirdischen Abschussbasen in der Sowjetunion zu bauen. Von hier aus konnte man mit der R-12 ganz Europa abdecken, der Boden war leicht zu bearbeiten und ausserdem gab es kaum Einwohner (einige wurden umgesiedelt). Mehr als 10.000 sowjetische Soldaten (die meisten waren Esten) begannen 1960 mit den geheimen Bauarbeiten in Zemaitija. Die Arbeiten waren wirklich so geheim, dass die Amis die Basis erst 1978 entdeckten.
Zuständig in der litauischen Raketenbasis war das 79. Sowjetische Raketenregiment.
Die Anlage besteht aus einer Reihe von Tunneln und vier Silos, die zwischen 27 und 34 Metern tief sind. Die Silos sind mit befestigten Deckeln versehen, die man innerhalb von 30 Minuten auffahren konnte und damals in Tarnfarbe gestrichen waren. Das ganze Gelände war mit einem Elektrozaun gesichert. Die normalen 220 Volt konnte man im Alarmfall auf 1.700 Volt erhöhen. Eingesetzt waren 300 Soldaten.
Die vier Raketensilos
Natürlich wurden die Kinder sofort verscheucht. Unter den Silodeckeln geht es fast 40 Meter in die Tiefe
Oberer Rand eines Silos. Oben sieht man gut die Eisenkonstruktion des Silodaches. Das Netz dient der Suizidprävention
Fast 40 Meter tief. Gut, dass die Raketen weg sind!
Hier stand mal ein Alu Tank mit 85 m³ Fassungsvermögen
Im Versorgungsraum für den Raketensauerstoff stand ein 85 Kubikmeter Aluminiumbehälter mit einer Lösung von 27% DiStickstoffpentoxid in Salpetersäure (Stickstoffsäure). Zusammen mit Kerosin diente es als Treibstoff für die Raketen. Von hier ging es über Pumpen und Rohrleitungen in die Silos. Das Zeug war sehr giftig, weshalb Raum und Türen hermetisch geschlossen werden konnten (theoretisch). Nach der Unabhängigkeit nahmen litauische Metallsammler die gesamte Anlage auseinander, natürlich auch den Alutank. Das bekam einigen nicht und es gab Tote zu beklagen.
Schlüssel zum Scharfmachen der Rakete R-12
Propaganda der Sowjets Die Figuren unter dem Soldaten erinnern (gewollt?) an antisemitische Nazi Propaganda
Plokstine Raketenbasis vor der Renovierung (Achtung, die Musik ist nichts für schwache Nerven ;-) )
Nach der Renovierung (Musik ist noch schlimmer)
Ein paar alte Fotos der Raketenbasis von Martin Mikkelson bei flickr