Ukmerge
Ukmerge Burgberg ©Regionalmuseum Ukmerge mit Dank an Kamilė Maskoliūnienė
Ukmerge ist eine Kleinstadt mit ca. 21.000 Einwohnern an der Autobahn von Vilnius nach Panevezys. Durch den Ort führt das Flüsschen Šventoji und Vilkmerge. Zuerst erwähnt wurde Ukmerge 1225. Auf dem Burgberg stand eine Holzbefestigung die im Laufe der Jahre mehrfach vom Deutschen Orden angegriffen und abgebrannt wurde. Im Zweiten Weltkrieg wurde die Stadt stark zerstört. Erhaltene Teile der Altstadt erinnern an die jüdische Vergangenheit und den Reichtum der früheren Großgrundbesitzer. In seiner Geschichte hatte das Städtchen Ukmerge viele Namen:
Ukmerge Stadtnamen
Wilkemerge or Wilkamergen in 1225, Vilkenberge (1333), Wilkinberg (1384, 1455), Vilkomir (1455), Wilkomir (1611), Wilkomirz (1613), Wilkomiria (1766), Ukmerge (1900), Aukmergė (1908); Ūkmergė (1911), Wilkomierz (1918), and Vilkmergė (1919).
Nach der ersten litauischen Unabhängigkeit 1918 änderte man den Namen der Sadt von Vilkmerge zu Ukmerge. Vilkmerge könnte Wolfmädchen bedeuten, ist aber nicht ganz eindeutig.
In der Umgebung gibt es sehr schöne Herrenhäuser, über die wir aber später berichten. Außerdem kann man das Geburtshaus von Präsident Antanas Smetona besichtigen. In den Wäldern bei Ukmerge wurden 1964 russische SS-4 Raketen stationiert.
Ukmerge Heimatmuseum
Das Ukmerger Heimatmuseum ist in einem ehemaligen sowjetischen Kino untergebracht. Interessant hier die klassischen Formen des Gebäudes. Das Kino wurde 1959 gebaut und hatte die erste Breitbildleinwand in Litauen. 1997 wurde das Kino geschlossen und das Gebäude an das Kulturzentrum Ukmerge übergeben. Seit 2005 ist hier das Regionalmuseum Ukmerge untergracht. 2016 wurde das Gebäude umfassend renoviert.
Ausgewogene Ausstellung
Das Museum hat eine komplett neue Ausstellung. Von Prähistorisch bis zur heutigen Zeit werden viele Themengebiete angesprochen. Auch die Verfolgung der Ukmerger Juden und der beginnende Nationalismus in Litauen werden gezeigt. Aber natürlich auch die Deportationen nach Sibirien und die litauischen Partisanen.
Dreifaltigkeitskirche von 1863
Talmud-Tora Schule gestiftet von Chaim Frenkel
Chaim Frenkel war ein berühmter litauisch-jüdischer Unternehmer aus Ukmerge, der mit der Verarbeitung von Leder reich geworden ist. Er stiftete die Talmud-Tora Schule in Ukmerge. Als sein Unternehmen größer wurde, zog er um nach Siauliai und baute eine riesige Lederfabrik, die unter anderem Schuhsohlen für Soldaten herstellte. Er betrieb die größte Lederfabrik im russischen Zarenreich und bekam vom Zaren die Konzession Sohlen für Armeestiefel zu produzieren. Während der deutschen Besatzung arbeiteten die im Ghetto Siauliai einsitzenden Juden in seiner Fabrik.
Straßenbild in der Altstadt
Kirche der Apostel Peter und Paul
Apostel Peter und Paul...Innenraum
Andenken an die litauische Unabhängigkeit (Lituania Restitutia)
Das erste Denkmal für die litauische Unabhängigkeit wurde 1930 erbaut und von den Sowjets 1951 abgerissen und auf dem Platz vergraben. Teile des Denkmals wurden im März/April 1989 wieder ausgegraben und das wiederaufgebaute Denkmal wurde am 16. Februar 1990 enthüllt. Das Denkmal aus Beton ist 16,70 m hoch und wiegt etwa 550 Tonnen.
Vom Burgberg in die Altstadt
Anfang des 20. Jahrhunderts lebten in Ukmerge 8.000 Juden bei einer Bevölkerungszahl von 15.000. Sie beherrschten Handel und Wirtschaft. Erstmals wurden sie 1685 erwähnt. Nach dem Einmarsch der Deutschen sind die letzten Juden am 18. September 1941 in einem Wald bei Ukmerge ermordet worden. Es wird über Zahlen zwischen 6 und 10.000 Getötete spekuliert. Neben mehreren kleinen Massakern beschreibt der Jäger Bericht eine große Aktion am 5.9.1941 (4.709, davon 1.737 Kinder).
Berühmt ist Ukmerge leider für ein Denkmal an Juozas Krikštaponis. Krikštaponis, dessen Onkel der ehemalige litauische Präsident Antanas Smetona war, diente während der deutschen Besatzung als Kommandeur der 2. Kompanie des 2. Bataillons des Volksarbeitsschutzes (TDA) von Major Antanas Impulevičius. Etwas über das Arbeitsschutzbataillon habe ich im Bericht über das Militärmuseum in Kaunas geschrieben (Link TDA).
Das 2. Bataillon hat im Herbst 1941, zusammen mit den Deutschen, 46.000 Menschen, meist unbewaffnete Juden, in Weißrussland erschossen.
Nach dem Rückzug der Wehrmacht war er Partisanenführer der litauischen Waldbrüder (Kommandeur des Partisanendistrikts Vytis). Genau wie Jonas Noreika in Vilnius werden bei ihm die antikommunistischen Aktivitäten gesehen, die ungeheuren Verbrechen gegen die Menschlichkeit gerne vergessen oder negiert.
Als ich das Heimatmuseum besuchte, fragte ich am Eingang, wo denn das Denkmal für Krikštaponis zu finden sei. Komischerweise ist es nicht bei google maps verzeichnet (wohl aber bei streetview). Kurz darauf kam ein Historiker des Museums, der Deutsch konnte. Er erklärte mir, wo das Denkmal ist. Die Taten von Krikštaponis seien aber gar nicht bewiesen. Es gäbe einfach zu wenige Hinweise, was er im TDA gemacht habe. Außerdem käme der ganze Ärger (besonders aus dem Ausland) nur von einer Jüdin (Faina Kukliansky) aus Vilnius. Und wenn es keine Beweise gäbe, so solle das Denkmal doch stehen bleiben. So denken viele Litauer.
Ukmerge Fazit
Der Burgberg in Ukmerge ist einer von Zweien, die im Zentrum eines litauischen Ortes sind. Zudem gibt es eine Wendeltreppe hinauf und der Berg ist abends beleuchtet. Die Altstadt erinnert (mich) an seine jüdische Vergangenheit. Das Heimatmuseum ist sehr modern und gar nicht so schlecht eingerichtet. Ansonsten ist Ukmerge im Krieg zerstört worden und es ist nicht mehr viel Interessantes zu sehen.
Die Herrenhäuser und das Geburtshaus von Antanas Smetona in der Umgebung Ukmerges werde ich noch besuchen.