Rundwanderweg Dukštos und Musninkai
Text, Fotos und Idee: ©Lukas Handschin Labanoras,Vilnius und Zürich
Lohnt den Umweg – vaut le détour (würde im «Guide Michelin» stehen).
Wer Kernavė, die historische Hauptstadt des heidnischen Litauens besucht, sollte es nicht versäumen, einen Abstecher zu dem nur knapp zehn Autominuten entfernten Dūkštos pažintinis pėsčiųjų takas, einem Rundwanderweg im Neries Regioninis Parkas (Neries Regionalpark) in der Nähe von Dukštos (mit schöner Kirche) zu unternehmen.
Rundwanderweg im Neries Nationalpark bei Kernave
Auf der Infotafel steht:
"Heute nennen sich etwa 4 Millionen Menschen, die in Litauen und in verschiedenen Teilen der Welt leben, Litauer. Vor tausend Jahren waren die Litauer jedoch nur einer der baltischen Stämme. Die Litauer erlitten nicht das Schicksal der Kuren, Preußen oder Jatwinger. Die Litauer, bekannt als Wikinger vom Land, berühmt für ihre Wildheit und ihre militärischen Heldentaten, waren die einzigen Balten, die im Mittelalter einen eigenen Staat gründeten".
Die Zufahrt ist etwas versteckt: Auf der Straße 116 von Kernavė nach Dukštos biegt man unmittelbar (40 Meter) nach dem Hinweisschild zum Eichen-Naturlehrpfad (Dūkštų ąžuolyno pažintinis takas) nach rechts ab und erreicht nach 500 Meter einen Parkplatz (mit Toilette). Dort muss man sich entscheiden, in welcher Richtung man den Wanderweg abschreiten will. Ob nach rechts, entlang des Taleinschnitts der Dukšta, oder nach links, wo man zuerst auf die beiden Burghügel Bradeliškių piliakalnis und Buivydų piliakalnis trifft, die meiner Meinung nach noch eindrücklicher sind, als jene von Kernavė.
Burgberg Bradeliskiu
Sie erheben sich aus zerklüftetem Gelände, dass man sich ihre Verteidigungsfunktion lebhaft vorstellen kann. Wer den ganzen Weg bis nach Karmazinai am Fluss Neris und wieder zurück unter die Füße nehmen will, ist gut beraten, dafür rund drei Stunden einzuberechnen. Der Erlebnispfad führt teilweise über lange, steile Treppen durch den Wald. Da kann einem schon mal der Schnauf ausgehen. Und zu sehen oder beobachten gibt es auch immer wieder etwas.
Es gibt unterwegs einige gut ausgestattete Rastplätze. Nach der Wanderung fährt man am besten in einer knappen Viertelstunde nach Musninkai, um sich mit einem hausgemachten kruasan (Croissant) und kava oder einer anderen Köstlichkeit im Café Musé (richtig, mit einem falschen «accent aigu» geschrieben) zu stärken.
Charmant serviert von Kristina Zaveckienė und Vincent Degeorge (lit. Vincentas Degeorgas) aus der Gegend von Lyon mit seinem unüberhörbar französischen Akzent. Die beiden hatten es 2019 gewagt, in der Provinz in einem ehemaligen jüdischen Ladengeschäft ein Café mit traditionellen französischen und litauischen Spezialitäten zu eröffnen. Geöffnet von Donnerstag bis Sonntag. Nachbildungen des Gebäudes gibt es übrigens im Freilichtmuseum in Rumšiškės (Lietuvos Liaudies Buities Muziejus) und in der Rekonstruktion eines litauischen jüdischen Schtetl im South African Jewish Museum bei Kapstadt.
Öffnungszeiten Cafe Muse
Dreifaltigkeitskirche Musninkai
Ganz in der Nähe, links um die neogotische Kirche herum nach ca. einem Kilometer auf der Straße nach Čiobiškis, befindet sich noch eine weitere Sehenswürdigkeit – die Barboros Radvilaitės koplytėlė (Kapelle von Barbara Radziwiłł), Königin von Polen. Die Legende besagt, dass Barbara Radziwiłł, als sie im 16. Jahrhundert unterwegs war durch ihre Besitzungen, den Lauf der Musė überqueren musste, die gerade Hochwasser führte. Als sie unbeschadet das vom kleinen Bach zum reissenden, gefährlichen Strom angeschwollene Gewässer überquert und das rettende Ufer erreicht hatte, gelobte sie, zum Dank eine Kapelle zu errichten.
Barbara Radvilaite Kapelle
Die Gegend um Kernavė und Musninkai gilt als die Wiege des litauisch-polnischen Adelsgeschlechts der Radziwiłł (lit. Radvila). Die Radvila waren eines der ältesten und herausragenden litauischen Fürstengeschlechter mit riesigen Ländereien in Polen, Litauen, Belarus, der Ukraine sowie im früheren Preussen.