Signatarų namai
"Signatarierhaus"
Das Signatarierhaus von der Pilies gatve aus gesehen
Das Gebäude (heute Signatarų namai oder auf Deutsch Signatarierhaus) wurde erstmals 1645 schriftlich erwähnt. Es wechselte im 17. und 18. Jahrhundert mehrmals den Besitzer, und nach großen Bränden im 18. Jahrhundert wurde es umgebaut und das dritte Stockwerk errichtet. Auch architektonisch ist es interesant, innen sind teilweise Eisentreppen eingebaut. Ende des 19. Jahrhunderts renovierte Kazimierz Sztral das Gebäude im Neorenaissancestil nach einem Projekt des russischen Architekten Alexiey Polozov. An der Fassade im zweiten Stockwerk befinden sich dekorative Skulpturen, die Landwirtschaft und Fischerei symbolisieren. Das dritte Stockwerk erhielt zwei männliche Büsten. Herr Sztral eröffnete das Café "Biały Sztral" (dt.: Weißer Sztral), das bis 1939 betrieben wurde. Das Café wurde "Weißer Sztral" (oder "Sztrall") genannt, um es von den vier anderen Cafés zu unterscheiden, die Kazimierz Sztrall besaß, darunter "Zielony Sztral" (Grüner Sztral) und "Czerwony Sztral" (Roter Sztral). Das Café wurde von der lokalen polnischen High Society besucht.
Ausstellung Signatarų namai
Obwohl es nach der Übernahme der Stadt durch die Litauer (1939 wurde Vilnius von den Sowjets im Rahmen des Hitler-Stalin Paktes den Litauern übergeben) schließen musste, wurde es bald wieder eröffnet und beherbergte das Kabarett "Ksantypa". "Ksantypa" wurde von Künstlern organisiert, die aus dem von den Nazis besetzten Teil Polens geflohen waren. Als solches wurde es bis zur zweiten sowjetischen Besetzung 1944 betrieben. Das Café wurde im Jahr 2000 wiedereröffnet.
Vor 1918 wurden die oberen Stockwerke für Vermietungen genutzt. In einem der Büros des Komitees im dritten Stockwerk unterzeichneten am 16. Februar 1918 die zwanzig Mitglieder des litauischen Rates (Lietuvos Tarybos) die Unabhängigkeitserklärung Litauens, mit der die Unabhängigkeit des Landes wiederhergestellt wurde. Danach wurde das Haus von verschiedenen litauischen Organisationen genutzt und diente weiterhin als Wohnhaus.
Die Büroräume, wo die Erklärung ausgearbeitet wurde
Kurz nachdem Litauen 1990 seine Unabhängigkeit von der Sowjetunion wiedererlangt hatte, wurde das Haus als Museum eingerichtet und im Jahr 2000 der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Seit 2003 ist das Museum eine Zweigstelle des Nationalmuseums von Litauen.
Am 16. Februar finden im Signatarų namai (Haus der Unterzeichnung) alljährlich Gedenkfeiern zur Erinnerung an die Unabhängigkeit statt.
Mobiliar aus der Zeit der Unabhängigkeitserklärung
Ukrainische Flagge aus Butscha (im Spiegelbild wäre der Balkon)
Bilder und Skulpturen in der Ausstellung
Die litauische Unabhängigkeitserklärung in deutscher Sprache
Die erste Fassung der litauischen Unabhängigkeitserklärung, die noch stark zu einer Bindung zum Deutschen Reich tendierte:
In seiner Tagung vom 11. Dezember 1917 fasste der Litauische Landesrat folgende Erklärung
I.
Der Litauische Landesrat, von den Litauern des In und Auslandes als einzige bevollmächtigte Vertretung des litauischen Volkes anerkannt, proklamiert auf Grund des anerkannten Selbstbestimmungsrechts der Völker und des Beschlusses des in Wilna vom 18. bis 23. September 1917 abgehaltenen litauischen Konferenz die Wiederherstellung eines unabhängigen litauischen Staates mit der Hauptstadt Wilna und seine Abtrennung von allen staatlichen Verbindungen die mit anderen Staaten bestanden haben.
II.
Bei der Aufrichtung dieses Staates und zur Wahrnehmung seiner Interessen bei den Friedensverhandlungen erbittet der Landesrat den Schutz und die Hilfe des Deutschen Reiches.
In Anbetracht der Lebensinteressen Litauens, welche die alsbaldige Herstellung dauernder und engen Beziehungen zum Deutschen Reich verlangen, tritt der Landesrat ein für ein ewiges festes Bundesverhältnis des litauischen Staates dem Deutschen Reich, das eine Verwirklichung vornehmlich in einer militärischen, einer Verkehrskonvention, Zoll und Münzgemeinschaft finden soll.
Wilna, 11 Dezember 1917
Da die Deutsche Reichsregierung die Verhandlungen mit Litauen hinauszögerten, unterschrieben die Litauer am 16. Februar 1918 eine Unabhängigkeitserklärung ohne enge Bindung ans Deutsche Reich, die Antanas Smetona an diesem Tag auf dem Balkon des Signataru namai verkündete.
Das "Signatarierhaus" ist heute ein Museum und beherbergt Erinnerungen an die damalige Zeit, Möbel, Bilder, Büsten und Kopien der Unabhängigkeitserklärung. Aus dem Obergeschoss des Museums kann man den Balkon sehen.
Ich fand den Besuch, auch wegen der geschichtlichen Bedeutung des Signataru namai, sehr interessant. Das Museum liegt an der Pilies Straße und jeder Tourist in Vilnius kommt an ihm vorbei.
Für die Hilfe und Berichtigung zu diesem Text danke ich herzlich Šarūnė Jurevičienė!
Signatarų namai
Pilies gatve 26
Vilnius