Mein litauischer Führerschein

Felix Ackermann

Litauischer Fuehrerschein

Suhrkamp Verlag 2017

Rezension Arvid Friebe

Felix Ackermann ist promovierter Historiker und Stadtanthropologe. Er lehrte und lebte von 2011 bis 2016 mit Familie in Vilnius. Heute ist er am Deutschen Historischen Institut in Warschau tätig, schreibt aber weiterhin Artikel über die politische Situation in Litauen, wie zuletzt "Hätten Sie kollaboriert" über den Umgang mit Ruta Vanagaite. 

 

Gastrezension von Arvid Friebe

Geschäftsführer der Infra-Zeitz-Servicegesellschaft mbH

Felix Ackermann ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Deutschen Historischen Institut Warschau. Zuvor war er als Stiftungsdozent des Deutschen Akademischen Auslandsdienstes (DAAD) von 2011 bis 2016 an der Europäischen Geisteswissenschaftlichen [Humanistischen] Universität (EHU) in Vilnius tätig. Über diese Zeit berichtet das Büchlein „Mein Litauischer Führerschein – Ausflüge zum Ende der Europäischen Union“. Es erschien 2017 als Taschenbuch im Suhrkamp Verlag Berlin und umfasst knapp 300 Seiten.

Das Buch gliedert sich in acht Kapitel mit Unterabschnitten von zwei bis fünf Seiten. Der Text folgt weitestgehend der Chronologie der Ereignisse – vom leicht chaotischen Umzug von Frankfurt (Oder) nach Vilnius, über die ersten merkwürdigen Erlebnisse im Gastland sowie der Etablierung in der neuen Umgebung, bis hin zur Existenzkrise der EHU und schließlich dem Ende der Dozentur und der Übersiedlung nach Warschau. Der Text ist von zahlreichen Einsprengseln, Abschweifungen und (wenigen) Wiederholungen gekennzeichnet.

Der Klappentext des Verlags verspricht nicht zuviel: „kurzweilig und pointenreich“ beschreibt Ackermann seine Zeit als Gastdozent an der EHU – allerdings knöpft sich Ackermann nicht nur die Litauer sowie die Weißrussen vor, sondern vor allem den Wissenschaftsbetrieb in der EHU. Zeitweilig gerät der Text zur Abrechnung mit der Universitätsleitung, mit der Ackermann offenbar im Clinch lag. Auch scheinen mir manche Passagen über die Zeiten der deutschen Besatzung zwar interessant, jedoch zu ausschweifend für eine Kritik der aktuellen gesellschaftlichen Situation. Ackermann schmerzt offenbar, dass sich der osteuropäische Schmelztiegel Vilnius des 19. Jahrhunderts mit seinem vielsprachigen Völkergemisch zusehends zum austauschbaren englisch-nationalsprachigen Einheitsbrei entwickelt. Die nationalistische Borniertheit großer Teile der Gesellschaften Osteuropas nervt ihn, das spürt man als Leser. Ackermann nimmt bei seiner Kritik kein Blatt vor den Mund und beschreibt geradeheraus manche Untugend der modernen litauischen Gesellschaft (und anderer Nationen, die eigene nicht ausgenommen). Manches mag man teilen, manches nicht.

Insgesamt ist das Buch als nicht immer ernstgemeinte, augenzwinkernde, mitunter den litauischen Nationalstolz verletzende, aber immer aufrichtige Gesellschaftskritik zur (Urlaubs-) Lektüre zu empfehlen. Ein Buch, das auf leichte Weise zum Nachdenken über die Transformation ost- und mitteleuropäischer Gesellschaften anregt!

 

Diese Rezension wurde zuerst bei Amazon veröffentlicht. Verwendung mit freundlicher Erlaubnis des Rezensenten. Danke!

 

Eine weitere Rezension vom Herausgeber der Annaberger Annalen, Arthur Hermann, gibt auf der online Ausgabe der Annaberger Annalen

 

 

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