Silvia Foti schreibt über ihren Großvater, den in Litauen als Helden gefeierten Jonas Noreika:
Anordnung vom Kreischef von Siauliai, Jonas Noreika, alle Juden in seinem Verwaltungsgebiet in ein Ghetto umzusiedeln, die Wertsachen der Juden zu konfiszieren und die Immobilien zu übernehmen. Aus dem Englischen. S. 109
GOUVERNEUR DER STADT UND DES KREISES ŠIAULIAI
22. August 1941 Nr. 962
AN ALLE HAUPTSTADTCHEFS DES KREISES ŠIAULIAI
UND DIE BÜRGERMEISTER DER NEBENSTÄDTE
(Kopie für die Leiter der Polizeireviere)
Auf Anordnung des Kreiskommissars von Šiauliai sind alle Bürger jüdischer Volkszugehörigkeit, einschließlich der Halbjuden, aus allen Dörfern und Städten des Kreises zu entfernen und in einem Bezirk - dem Ghetto - anzusiedeln. Das gesamte jüdische Eigentum muss aufbewahrt und von den Gemeinden verwaltet werden.
In Übereinstimmung mit diesem Dekret:
1. Die Juden aller Dörfer, Nebenstädte und Gemeinden müssen in der Zeit vom 25. bis 29. dieses Monats in die Stadt Žagarė umgesiedelt werden. Die Voraussetzungen für die Umsiedlung werden von den jeweiligen Gemeinden geschaffen.
2. Die Listen über das verlassene jüdische Eigentum müssen mir bis zum 29. August in 2 Exemplaren zugestellt werden. Die umgesiedelten Juden können die notwendigsten Haushaltsgegenstände und Kleider sowie bis zu 200 RM in bar für jede jüdische Familie mitnehmen.
3. In Žagarė werden alle Juden in einem gesonderten Bezirk angesiedelt, der bis zum 30. August umzäunt sein muss. Die Umzäunung des Ghettoviertels wird von der Gemeinde Žagarė besorgt. Jeden Tag werden die Juden des Ghettoviertels von Wachen zur Arbeit und zurück ins Ghetto gebracht.
4. Die nichtjüdischen Bürger des für die Juden bestimmten Bezirks dürfen sich andere Orte im Bezirk aussuchen. Wenn die umgesiedelten Nichtjuden ihre Grundstücke aufgeben müssen, dürfen sie sich von den Juden aufgegebene Grundstücke von entsprechendem Wert in Žagarė oder anderen Gemeinden aussuchen.
5. Die Vorsteher und Bürgermeister sind verpflichtet, mich bis zum 29. dieses Monats über die Durchführung dieses Dekrets zu unterrichten und mir mitzuteilen, was erreicht worden ist und wie viele Juden umgesiedelt worden sind. Der Bürgermeister von Žagarė muss mir mitteilen, wie viele Juden nach Žagarė umgesiedelt worden sind.
Jonas Noreika [Unterschrift]
Stadt- und Kreisgouverneur
Sekretorius Tamašauskas [Unterschrift]
Sekretär
...
Rimvydas Valatka schrieb am 26.7.2015 im litauischen Online Nachrichtenmagazin "Delfi.lt" (übersetzt aus dem Englischen):
"Am 22. August 1941, auf Anordnung von J. Noreika wurde in Žagarė ein jüdisches Ghetto eingerichtet. Der von Noreika eingesetzte Bürgermeister von Joniškis, A. Gedvilas, führte den von ihm erteilten Befehl zur Umsiedlung der Juden von Joniškis nach Žagarė aus. Die Soldaten, die in Joniškis eintrafen, erschossen mehrere hundert jüdische Bürger Litauens auf der Stelle. Der Rest wurde nach Žagare transportiert. Später wurden sie auch dort erschossen. Solche Tatsachen würden ausreichen, um jeden zu entheroisieren.
Aber es gibt noch mehr Haken. A. Pakalniškis, ein Physiker, der 1944 in den Westen floh und einige Tage im Sekretariat der Kommandantur Plungė arbeitete, beschreibt das Massaker an den Juden von Plungė in seinem Buch "Through the Twentieth Century" wie folgt: "In der Nacht vom 12. zum 13. Juli wurden alle Juden von Plungė ermordet, Frauen und Kinder nicht ausgenommen. Zuvor waren sie bereits in ihren Gotteshäusern eingesperrt worden, von wo aus sie jeden Abend in Gruppen in die Wälder gebracht und erschossen wurden. Kapitän Noreika hatte das Kommando. Es gab mehr litauische Offiziere (...). Sie hatten die Mobilisierung der jungen Männer in der Gemeinde Plungė angekündigt, so dass sie über eine große Anzahl bewaffneter Männer verfügten. In Plungė befanden sich nur zwei erbärmlich aussehende Soldaten der deutschen Armee. (...) Einer dieser Soldaten kam in die Kommandantur und fragte den Kommandanten, der ein wenig vor Aufregung zitterte: "Was gedenken Sie mit den Juden zu tun, die in der Synagoge eingesperrt sind? - Ich habe bereits den Befehl gegeben, jeden einzelnen von ihnen zu erschießen", antwortete der litauische Kommandant, Hauptmann Noreika. Er hatte sich aus Respekt vor diesem elenden Deutschen erhoben." "
Hierbei wird von Unterstützern Noreikas angeführt, dass es bei diesem Hauptmann Noreika nicht um Jonas Noreika handeln muss. Pakalniškis kannte Noreika nämlich nicht.