Eine Woche Litauen mit der BMW 1150 RT Anreise Samstag

 

Schon seit einigen Jahren wollte ich gerne mit meiner (damaligen) GS und heute mit meiner BMW 1150 RT nach Litauen fahren. Aus familiären und beruflichen Gründen kam es bisher nie dazu, doch am 4. Mai 2013 war es soweit. Die Fähre Kiel-Klaipeda war gebucht, ein Babysitter war bereit für mich einzuspringen, Urlaub war schon im letzten Jahr eingetragen.

 Verlauf der Reise Litauen Karte

Sieht aus wie eine angepflockte litauische Kuh, ist aber meine Reiseroute

Nun musste nur noch das Wetter mitspielen, denn um es ehrlich zu sagen: Nieselregen geht noch, aber bei starkem Regen wäre ich lieber zu Hause geblieben.

Am  Samstag den 4. Mai 2013 ging es los. Nach der Nachtschicht bis mittags geschlafen, gefrühstückt, von der Familie verabschiedet und los geht es bei herrlichem Wetter gen Kiel, wo um 23:00 Uhr die Fähre nach Klaipeda startet.

Mit dem Auto fahren wir auch über Polen, aber mit dem Moped muss das nicht sein.

 

Die Straße ist frei und ich erreiche nach knapp 350 Kilometern Hamburg Schnelsen. Eigentlich möchte ich dort Freunde besuchen. Leider sind die nicht da. Also tanken, kleine Pause und weiter gehts nach Kiel.

Kiel Ostuferhafen Fähre  Kiel Check In Litauenfähre

Abfertigungsgebäude Ostuferhafen                     Check In der Fähre

 

Um 18:00 Uhr bin ich viel zu früh am Ostuferhafen. Der Check In hat noch zu, also setze ich mich mit meiner Reiselektüre ("Die Prussen" von Beate Szillis-Kappelhoff) in den Warteraum.

Das Abfertigungsgebäude beherbergt auch eine gute Pizzeria, aber die Käsebrötchen meiner Liebsten müssen ja auch noch gegessen werden.

Nach dem Einchecken (Personalausweis und Fahrzeugpapiere) stellen wir uns in die Reihe um auf das Hafengelände zu fahren. Hier treffe ich Marianne und Thorsten aus Hamburg, die ebenfalls mit dem Motorrad nach Litauen wollen.

Vor der Fähre  Fahrt in den Schiffsbauch der Litauenfähre

Vor der Fähre                                    Enge Kurven ins Innere der Regina Seaways

 

Wir fahren der Autoschlange nach, die sich in den Bauch der Regina Seaways schlängelt. Es geht bis tief nach unten. Die Autos müssen ganz schön rangieren, um durch die Kurven zu kommen.

Angurten der Motorräder

Angurten der Motorräder

 

Ein Besatzungsmitglied weist den Motorrädern einen Platz zu. Dann werden die Sitze mit einer Matte abgedeckt und am Boden mit Spanngurten festgezurrt.

Weder Spanngurte noch die Matten taugten etwas. Auf der Rückreise mit der Viktoria Seaways gab es nur insgesamt eine Matte und meine BMW wurde an den Auspuffrohren festgeschnallt.

Das nächste Mal würde ich einen eigenen guten Spanngurt und eine Decke für die Sitzbank mitnehmen.

 

Pullmann Sitze der Regina Seaways    Kuriositäten im Litauen Verkehr

Pullmannsitze                                                     Ladefläche nutzen

 

An Bord habe ich auf eine Kabine verzichtet und so den Preis für Hin und Rückfahrt auf 120 Euro beschränkt. Plus die Ausgaben fürs Essen.

 

Das obere Fahrzeugdeck

Das obere Fahrzeugdeck

 

Nach dem Ablegen der Fähre kommt man nicht mehr an die Fahrzeuge, also aufpassen beim packen!

 

Abendbuffet  Buffet Restaurant

Buffet                                                              Buffet Restaurant

 

Das Schiff legt um 23:00 Uhr ab und obwohl es spät ist, kann das Abendessen am Buffet eingenommen werden.

Auch auf der Rückreise (01:00 Uhr) gibt es Abendessen vom Buffet. Zusätzlich gibt es auch ein weniger frequentiertes a la Carte Restaurant.

Ich esse meine Brötchen, trinke ein Svyturis und schlafe dann in meinen Schlafsack gewickelt (bei beiden Fahrten sind die Sitze nicht ausgebucht) zwischen den Stuhlreihen ein.

Die Pullmann Sitze kann man zum schlafen vergessen! Wenn im Sommer Jugendgruppen unterwegs sind, nimmt man besser eine Kabine!

 

Anreise nach Litauen Sonntag

Mein Tag beginnt mit einem guten Frühstück und das kostet auf der Fähre 5,50 Euro. Darin enthalten sind Kaffee, Saft, Brot, verschiedene Salate, Spiegelei und deftige litauische Gerichte vom Buffet, Cornflakes und Milch. Man kann sich mehrmals am Buffet bedienen. Sinnvoll ist es, wenn man den ersten Ansturm abwartet, sonst muss man mit der Schlange kämpfen, wenn man sich den zweiten Kaffee holt.

Das Essen ist litauisch, Brötchen gibt es nicht. Wer Land und Leute etwas kennt und nicht nur Croissants und Spaghetti mag, kommt mit dem Bordessen sehr gut klar. Das Frühstück ist übrigens relativ teuer (aber angemessen), da man pauschal bezahlt. Mittag und Abendessen werden abgerechnet, je nachdem was man nimmt.

Blick vom Deck

 Gemütlichkeit an Deck

 

Das Mittagessen lasse ich wegen dem reichhaltigen Frühstück ausfallen und genieße die Sonne auf dem Deck. An der Bar gibt es Kaffee. Einige deutsche Touristen schießen sich mit Alkohol ab.

Abends packe ich schon mal meine Sachen und gehe zum Abendbrotbuffet. Hier gibt es wieder eine große, leckere Auswahl. Für Königsberger Klopse mit Salat, Kartoffeln und Saft bezahle ich 25 Litas (ca. 7 Euro. Man kann an Bord mit Litas und Euro zahlen).

 Klaipeda in Sicht

Ankunft im Kurischen Haff.     Rechts beginnt die Kurische Nehrung

 

Klaipeda Kurische Nehrung  Hafen Klaipeda

Kurische Nehrung                                           Klaipedas Hafen

 

Nach dem Essen suche ich den Horizont nach der Silhouette von Klaipeda ab und endlich sieht man die Einfahrt in das Kurische Haff. Rechts kommt die Nehrung (die sich von hier bis nach Königsberg erstreckt) mit dem Delphinarium, links die ausgedehnten Hafenanlagen. Leider dauert die Fahrt bis zum Anleger noch eine halbe Ewigkeit und zuerst dürfen die LKW Fahrer von Bord. Ca. eine Stunde später können die PKW/Motorradfahrer zu ihren Fahrzeugen. Jetzt werden alle Maschinen angeworfen und man steht in einer Giftwolke. Nachdem wir uns durch die engen Windungen nach oben gekämpft haben erwartet uns eine Alkoholkontrolle. (Meine zweite in Litauen). Alle Fahrer dürfen pusten. Null Promille, schönen Urlaub, danach kommt noch der Zoll und dann ist endlich freie Fahrt. Marianne und Thorsten aus Hamburg fahren mit ihrer Moto Guzzi für fünf Tage nach Litauen und haben sich auch das Hotel Vecekrug als Basis für ihre Fahrten ausgesucht. Also fahren wir dem Navi nach zusammen durch das nächtliche Klaipeda. Im Hafengebiet wird oft geblitzt, also Vorsicht!

 

Das Vecekrug ist ein kleines Hotel, etwa 12 Kilometer vom Fähranleger entfernt. Es gibt für die Mopeds nebenan eine unterirdische Garage, das Hotel ist in gutem Zustand und das Frühstück völlig ausreichend! Ich hatte in Deutschland bei HRS (einem Hotelbuchungsservice) nach Preisen geschaut und dann im Hotel nach den HRS Preisen gefragt. So kam ich auf 48 Euro fürs Einzelzimmer mit Frühstück und Garage, die Hälfte vom offiziellen Vecekrug Preis.

 

 

2. Tag  Litauen Kurische Nehrung

 

Um 8:00 Uhr treffen wir uns zum Frühstück. Der Kaffee ist gut, es gibt frische Spiegeleier oder Omelette.

Danach fahren wir am Haff entlang und suchen uns eine Tankstelle.

Fähre zur Kurischen Nehrung  Auf der Fähre zur Nehrung

Abfahrt der Fähre

 

Die Autofähre zur Nehrung ist direkt neben der Tankstelle (Nemuno 8). An der Kasse bezahlen wir die Überfahrt (18 Litas, auf der Rückfahrt musste ich nicht erneut zahlen, das Ticket gilt also scheinbar für Hin und Rückfahrt) und setzen über. Deutsche in Nida haben uns später erzählt, dass sie nach dem Übersetzen warten bis die litauischen und russischen Autos (viele Russen kommen aus Königsberg über die Nehrung nach Klaipeda zum Einkaufen) vorbeigefahren sind. Die schmale Straße nach Nida wird nämlich als Rennstrecke missbraucht. Man könnte ja vielleicht eine Minute eher da sein.

Blick auf die Nehrung

Blick von der Fähre auf die Kurische Nehrung

 

Nach kurzer Fahrt kommt die Mautstation, an der man den Eintritt auf die Nehrung zahlen muss. Natürlich sind die Automaten defekt und wir bezahlen an der Kasse.

Strasse  auf der Kurischen Nehrung

 Juodkrante Schwarzort

 

Museum Juodkrante

Miniaturmuseum Juodkrante

 

Juodkrante Denkmal  Kirche Juodkrante  Klick mich

Denkmal                                                Kirche Juodkrante

 

Kurz danach kommen wir nach Juodkrante (Schwarzort). Hier gibt es eine Backsteinkirche von 1885 und einen Skulpturenweg direkt am Ufer.

Juodkrante Kormorane  Juodkrante Nehrzung Litauen  Klick mich

Weg zur Aussichtsplattform

 

Kormorane Juodkrante Kurische Nehrung

Durch den Vogelkot abgestorbene Bäume

 

Kurz nach Juodkrante wollen wir die bekannte Kormorankolonie besuchen. Nach einem Hinweisschild suchend, nehme ich zwar den Gestank nach verwesendem Fisch wahr, sehe aber den abgestorbenen Wald zu meiner Rechten nicht. Thorsten blinkt und wir fahren zurück auf den Parkplatz, bei der sich die hölzerne Aussichtsplattform der Kolonie befindet.

Neben dem Gestank ist die schiere Größe der Kolonie beeindruckend. Viele Nester sind schon von den Kormoranen besetzt.

Wir treffen hier auf eine Familie, ebenfalls aus Hamburg, die in Nida wohnen und Bernstein suchen. Sie berichten von ihren Funden, vom Nepp der Bernsteinverkäufer und das sie schon zwei Elche gesehen haben.

Strasse auf der Kurischen Nehrung

Straße auf der Kurischen Nehrung

 

Wir fahren an Pervalka und Preila vorbei und kommen nach Nida.

Ostsee nehrung Nida

Blick auf den Ostseestrand bei Nida

 

Da wo die Hauptstraße (weiter zur russischen Grenze) links nach Nida abbiegt, geht es rechts zu einem Parkplatz direkt an der Ostsee. Wir parken dort die Motorräder und freuen uns bei strahlendem Sonnenschein über den schönen Strand und die Ansicht der Ostsee. Sicherlich kommt es immer auf das Wetter an, aber mir gefällt es hier besser als in Jurmala (bei Riga).

Kurenwimpel Nida  Kurenwimpel Nida 2 

Kurenwimpel Nida 3  Kurenwimpel Nida

Kurenwimpel

 

An einem Friedhof in Nida parken wir die Motorräder. Wir schlendern (in unseren Motorradsachen) bei sommerlichen Temperaturen durch den Ort und genießen die Aussicht aufs Haff, das Wasser und die Architektur. Überall sind die berühmten Kurenwimpel aufgestellt.

Die Kurenwimpel sind nicht nur wegen ihrer Schönheit interessant, sie sind auch ein weiteres Zeichen der deutschen Vergangenheit des Memellandes. Sie dienten nicht (nur) als Verschönerung der Häuser auf der Kurischen Nehrung, sondern waren wie ein Nummernschild für die kurischen Fischerboote, damit die Königsberger Steuerbehörden die Fanggebiete besser kontrollieren konnten. Jedes kurische Dorf hatte einen Abschnitt im Haff, an dem es Fischen konnte. Verstöße konnte man nun anhand der Kurenfahne besser entdecken und ahnden. Also irgendwie typisch Deutsch.

Bernsteinmuseum Nida    Bernsteinmuseum Nida Klick mich

Bernsteinmuseum mit Blick auf das Kurische Haff

 

Einkehr Nida   Häuser in Nida Klick mich

Einkehr im Cafe Kursis. Hat uns allen gut gefallen.   Fachwerkhaus

 

Am Haff entlang kommen wir am Bernsteinmuseum vorbei. Es soll schöner sein als das große Bernsteinmuseum in Palanga. Leider hat es am Montag (wie viele Museen in Litauen) zu. Mir hat das Museum in Palanga bei einem früheren Besuch auch sehr gut gefallen.

Strassenansicht Nida  Restaurant Nida Klick mich

 Restaurant Nidos Seklycia.

 

Nida Dünen

Am Ende von Nida vor der großen Düne.

 

Über dem Haff können wir den alten Leuchtturm vom Windenburger Eck erahnen (Ventes Ragas, schönes Ausflugsziel).

Häuser Nida  Nida Holzboot Klick mich

Impressionen am Hafen

 

Nida  Nida Klick mich

Blick auf Nida von der Hafenmole

 

Leuchtturm Hafen Nida

Kleiner Leuchtturm in der Hafeneinfahrt. Der Dicke da bin ich ;-)

 

Blick auf den Hafen

 

Bootsimpressionen Nida  Impressionen Nida  Klick mich

Alte Boote

 

Bootstouren auf der Nehrung

Bootstouren werden von Nida nach Minge und Ventes Ragas angeboten, sowie an der Nehrung entlang Richtung russische Grenze

 

Impressionen Nida  Alte schiffe Nida Litauen  Klick mich

Boote im und am Hafen

 

Boote Litauen Nida  Nida am Kurischen Haff Klick mich

Boot im Hafen                                               Kurisches Haff

 

Wir schlendern zurück am Hafen entlang. Hier liegen Boote mit denen man in der Hochsaison nach Vente oder Minge (also auf die andere Haffseite) übersetzen oder auch nur Ausflüge zu den Dünen der Nehrung machen kann. Am 13 .Mai ist hier noch nicht viel los.

 

Hotel und Holzhaus

Inkaro Kaimas Gästehaus direkt am Kurischen Haff in Nida

 

Holzhaus Nida vor dem Haff  Haffimpressionen  Klick mich

Häuser vor dem Haff

 

Ich verabschiede mich von den Hamburgern und laufe am Ufer entlang zum Thomas Mann Haus.

Thomas Mann Haus Nida Litauen

Motiv eines jeden Nida Urlaubers und Reiseführers: das Thomas Mann Ferienhaus

Thomas Mann Haus Kurische Nehrung Litauen Für Öffnungszeiten und Adresse bitte Bild anklicken

 

 Alte Postkarte 1931  Quelle: Wiki

Es liegt auf einem Hügel direkt am Haff mit einer wundervollen Aussicht. Als Sommerwohnsitz sicherlich gut gewählt, wenn denn die Temperaturen immer so wären wie bei meinem Besuch. Thomas Mann ließ das Holzhaus 1929 erbauen, nachdem er bei einem Aufenthalt in Nida von der Landschaft begeistert war. Durch den ihm verliehenen Nobelpreis konnte er sich das leisten. Er verbrachte hier die Sommerferien mit seiner Familie 1930 bis 32. Dann musste er wegen den Nationalsozialisten emigrieren.

 

Sicht vom Thomas Mann Haus auf das Kurische Haff

 

BMW 1150 RT vor dem Kurischen Haff 

BMW vor dem Kurischen Haff ;-)

 

Anstellen um auf die Fähre zu kommen  Fähre Klaipeda Nida Klick mich

Links LKWs, Mitte Touristen, rechts Vielfahrer          Gerade noch geschafft

 

 

Da noch 310 Kilometer bis nach Birzai anstehen, verabschiede ich mich von der wunderschönen Nehrung und fahre zurück nach Smiltyne. Dort gibt es am Fähranleger drei Spuren, links für Fahrzeuge mit Sondergenehmigung für die Nehrung (Leute die häufig fahren), rechts stehen die LKW und in der Mitte stehe ich.

Obwohl als zweites am Anleger angekommen, muss ich nun alle LKW und Fahrzeuge mit Sondergenehmigung vorlassen und komme gerade noch mit aufs Schiff. Die Überfahrt ist nur kurz, und schon geht's dem Navi nach Richtung Zemaitija Nationalpark, wo ich Daiva und ihren Mann Gerhard besuchen möchte. Daiva hat hier über den litauischen Nationalpark geschrieben und ist vor einigen Jahren aus Berlin zurück nach Litauen gezogen.

In Zemaitija wundere ich mich über die Unfreundlichkeit der Menschen, als ich nach dem Weg frage. Jugendliche schauen weg, gucken auf dem Boden und versuchen nicht mit mir zu sprechen. Direkte Nachbarn wollen angeblich nichts von einem Deutschen hier wissen und schicken mich weg, obwohl Daiva und Gerhard nur ein paar Häuser weiter wohnen.

 

Diese Eigentümlichkeit der Leute hier lässt mir die ganze Fahrt über keine Ruhe und ich vergleiche sie mit der Offenheit von Katija im Aukstaitija Nationalpark, die in perfektem Englisch erzählte, dass sie gerade aus Irland zurück ist.

Oder den Menschen auf der Fahrt von Kaunas nach Jurbarkas entlang der Memel, wo Kinder mir überall zuwinkten.

Vielleicht gelten die Zemaitijer ja nicht umsonst als hartnäckig, stur und verschlossen?

In Birzai werde ich mit einer Krautsuppe und Rinkuskiai Bier empfangen, nachdem die BMW sicher verstaut wurde.

 

 

3. Tag Dienstag Aukstaitija

 

Nach einem guten Frühstück mit Stasias selbstgebackenem Brot mache ich mich auf Richtung Ignalina. Ich möchte den Aukstaitija Nationalpark noch einmal besuchen. Der letzte Besuch mit dem Auto ist schon lange her.

Landstrasse Litauen

Die Strassen dorthin sind leicht kurvig und in einem auf und ab, wie schmale Bänder auf die Wiesen und Felder gelegt.

 

Wie schon seit Beginn der Reise, verwöhnt mich wieder das Wetter mit purem Sonnenschein. Probleme macht mir etwas der Nacken. Durch das schwitzen kühlt ihn der Fahrtwind trotz Haube aus und er fängt an zu stechen. Muss mich zu Hause mal nach etwas wärmeren umschauen.

 

Mein erstes Ziel ist das Imkereimuseum in Stripeikiai im Aukstaitija Nationalpark

Birzai- Aukstaitija Nationalpark Bienenmuseum

 

Auf der Hinfahrt nehme ich die Route Vabalninkas (die Strecke geht wunderschön durch den Wald, parallel zur Via Baltica), Kupiskis und Utena.

Utena Christi Himmelfahrt Kirche  Maria Himmelfahrt Utena Klick mich

Maria Himmelfahrts Kirche in Utena

 

Deportationen Denkmal Litauen   Glockenturm

Denkmal für die Deportierten 1941                  Externer Glockenturm

 

Da ich mir Utena noch nie angeschaut habe (bekannt ist nur das Utena Bier), kreuze ich durch den Ort um Sehenswürdigkeiten zu finden. Laut Reiseführer gibts hier nicht viel. Nur mit Navi Hilfe finde ich die Christi Himmelfahrtskirche. Die ist äußerlich ein recht unscheinbarer Backsteinbau, innen aber recht schön, mit einer großen Kuppel über dem Altar. Vor der Kirche steht separat der Glockenturm, ähnlich wie in Vilnius. Außerdem steht hier das obligatorische Denkmal für die litauischen Deportierten der Jahre 1941 und 1944 (durch die sowjetischen Besatzer). Auf Tafeln stehen Namen und Herkunft, viele kommen nicht aus Utena.

Beim rumkurven in einer Sackgasse fällt mir die BMW um und der Stecker der Bordsteckdose bricht ab. Von nun an wird das Navi im Handy nur noch in Notfällen eingeschaltet, da die BMW Stecker in Litauen nicht zu finden sind.

Leider hat Utena gar keinen Charme, zumindest habe ich ihn nicht gefunden. Also weiter..

 

Aukstaitija Imkereimuseum

Abfahrt zum Imkereimuseum

 

Kurz nach Utena führt mich ein Hinweisschild zum Imkereimuseum nach links in den Wald. Das Museum habe ich von einem früheren Besuch mit meiner Frau noch sehr positiv in Erinnerung. Obwohl mein Navi (Batterie reichte noch) die Weiterfahrt empfahl, folgen wir dem Schild "Bienenmuseum 3 km". Leider ist der Weg eine Schotterpiste. Na ja, die Rittmeisters und andere Baltikum Motorradfahrer haben gefühlt nur Schotterpisten befahren, da machen mir doch die drei Kilometer nichts aus.

Aus dem Schotter wurde aber Sand. Und aus der geraden Piste wurden Hügel. Ich habe uns schon im Graben gesehen, für mich und meine BMW mit zusammen 350 Kilo war das grenzwertig.

Endlich und nach viel Schweiß erreichen wir das Imkereimuseum mitten im Wald. Natürlich lag auch hier wieder überall tiefer Sand und es hieß absteigen und auf eine Stelle mit Schotter rangieren.

Imkereimuseum Stripeikiai  BMW 1150 RT

Endlich kein Sand unter den Rädern

 

Hinweistafel

Die Hinweistafeln sind in Litauen löblich und meist zweisprachig

 

Imkereimuseum Ticketverkauf

Kasse

 

Beim Kauf der Eintrittskarten antwortete die Dame an der Kasse auf meine Frage, wie ich heile wieder hier weg komme: "Alle Wege im Wald seien gut". Sie meinte aber, der Weg nach links sei weniger sandig und er führe mich auch zu meinem nächsten Ziel, die Wassermühle des ANP.

Nach dem Bezahlen von 4 Litas schaute ich mir die drei Häuser mit Exponaten über Honig: Herstellung- Produkte und Kunst an.

Da sich über Ausstellungen genauso wie über Kunst streiten lässt, erfreute ich mich an der Natur, der Außenanlage mit Holzschnitzereien (Thema natürlich Bienen und Honig), den Bienenhäusern und dem sehr klaren Fluss Tauragnai.

Figuren Imkereimuseum Litauen 

Träger bringen einen Honigbaum heim                   Imkereimuseum

 

  Figuren Imkereimuseum Litauen

Imkereimuseum                              Eingangsfigur

 

Erster Ausstellungsraum

Erstes Haus des Museums

 

 Imkereimuseum Litauen  Figuren Imkereimuseum Litauen

Innenansicht Museum

Imkereimuseum Haus2   Figuren Imkereimuseum Litauen

Ansichten in Stripeikiai

Altes Haus Imkereimuseum Litauen   Figuren Imkereimuseum Litauen

                                                                           Fluss Tauragnai

 

  Imkereimuseum Litauen    Imkereimuseum Litauen

 

 Figuren  Imkereimuseum Litauen    Figuren Imkereimuseum Litauen

 

  Figuren Imkereimuseum Litauen    Figuren Imkereimuseum Litauen

 

  Figuren Imkereimuseum Litauen    Figuren Imkereimuseum Litauen

 

  Holzfiguren Imkereimuseum Litauen

 

  Figuren Imkereimuseum Litauen    Figuren Imkereimuseum Litauen

 

  Figuren Imkereimuseum Litauen    Figuren Imkereimuseum Litauen

 

 

In meinem Reiseführer "Litauen" von Günter Schäfer (2009) wird das Imkereimuseum als interessanteste Sehenswürdigkeit von ganz Litauen beschrieben.

Dem kann ich nicht zustimmen. Die Fahrt in den ANP (Aukstaitija Nationalpark) ist wunderschön. Schon in der Umgebung des ANP überwiegen alte Bauernhäuser und Höfe aus früheren Zeiten. Die Wälder, Seen und die Sehenswürdigkeiten machen den Reiz des ANP aus. Allein wegen dem Imkereimuseum zu kommen lohnt sich (meiner Meinung nach) nicht.

 

Weiter gehts, der Empfehlung der netten Dame folgend, auf dem linken Weg in den Wald, Richtung Wassermühle Ginuciai.

Waldweg Aukstaitija

Der bessere Weg raus aus dem Wald

 

Der Weg durch den Wald war auch glücklicherweise viel besser als der Anfahrtsweg und irgendwann hatte die BMW wieder Asphalt unter den Rädern.

 

Wassermühle Ginuciai

Wassermühle Ginuciai

 

Ginuciai Aukstaitija Wassermühle  Ginuciai Wassermühle

Ablauf des Wassers

 

Kurz darauf kam die Wassermühle. Bei unserem letzten Besuch war Hochsommer und das Cafe hatte auf und es herrschte Trubel. Jetzt, am 8. Mai hatte die Saison gerade erst begonnen. Die Mühle ist schön (eine typische Wassermühle), der Fluss und die Natur, die noch mit den Folgen des harten Winters kämpfte.

Aber der Flair von unserem Sommeraufenthalt fehlte. Das Cafe öffnet erst in der Hochsaison. Weit und breit keine Möglichkeit einzukehren.

Schön war die Fahrt in dieser reizvollen Landschaft. 

Katija verkaufte mir die Eintrittskarte für die Mühle. Da sie perfekt Englisch spricht, frage ich sie, warum sie hier arbeitet und überhaupt noch in Litauen ist. (Hört sich grob an, aber viele junge Leute gehen zum Geldverdienen ins Ausland).

Sie erzählt, dass sie gerade erst aus Irland zurück gekommen ist. Wegen der Familie und der Liebe.

Ich erzähle ihr von meinen Erfahrungen aus Zemaitija. Sie meint, vielleicht bekommt man durch einen Auslandsaufenthalt einen höheren Horizont. Ich kenne da auch Gegenbeispiele und so einigen wir uns, dass es an der Persönlichkeit der Menschen liegen muss.

Sie empfiehlt mir unbedingt den Ladakalnis anzuschauen, eine Hügelkette in der Nähe, auf der sich früher Holzburgen befanden. Ich verabschiede mich und fahre auf gutem Boden Richtung Ladakalnis.

Ladakalnis Litauen

Papiliakalnes - zum Ladakalnis gehts noch etwas weiter oder man läuft über den Hügelkamm

 

Aussicht vom Papiliakalnes  Aussicht Papiliakalnes

Kurz darauf erreiche ich die gut beschilderten Burghügel. Die Bergchen dienten mal als Verteidigungsanlagen der Litauer. Später werde ich ähnliches auf der Tour Kaunas (an der Memel entlang) nach Jurbarkas sehen.

 

Blick vom Piliakalnis

Leider habe ich die Beschilderung missverstanden und bin hoch zum Papiliakalnis gelaufen. Von hier aus kann man mehrere Hügel besteigen oder zu Fuß zum Ladakalnis auf dem "Bergkamm" entlang wandern.  Hier hat man schon eine schöne Aussicht auf mehrere Seen. Piliakalnis und Ladakalnis liegen malerisch zwischen den Seen Linkmenas und Ukojas. 

Die Gegend wird auf mehreren Hinweistafeln zweisprachig erklärt. Wie leider oft in Litauen sind die Schilder teilweise zerstört.

Wegen der Motorradkombi und meiner Kondition war ich schon am schnaufen und ging zur BMW zurück. Sie soll ja auch nicht lange alleine stehen.

 

Unten angekommen setze ich mich an den Linkmenas See und studiere die Karte. Plötzlich ein lautes Platschen in der Stille dieser Abgeschiedenheit. Leider war es wieder kein Elch, nur eine dicke Ente die ins Wasser gesprungen ist.

Ladakalnis

Ich entscheide mich die Straße am See bis zum Ladakalnis weiter zu fahren und wandere dort den Hügel rauf.

 

 Zum Ladakalnis kommt man über diese Sackgasse am Linkmenas See

 

Aussicht Ladakalnis  Ladakalnis Litauen

Aussicht vom Ladakalnis

 

Oben angekommen erfreue ich mich der Aussicht, die hier viel besser ist. Viele Seen sind zu sehen. Auf einem Hinweisschild wird auf die frühere litauisch- polnische Grenze von 1920 bei Antalksne hingewiesen. Interessant wie wechselhaft die Geschichte und die Herrschaft über diese Ländereien war (hoffentlich war). Und wie gut das man sich in Europa sicher und frei bewegen kann. Schätzen leider nicht so viele, wie ich in Birzai feststellen konnte.

Der Ladakalnis ist 175 Meter hoch und war früher ein heiliger Ort für die heidnische Gottheit Lada. Ein schöner Ort!

 

 Auffahrhilfe für Knderwagen

Barrierefreiheit auf dem Ladakalnis

 

Da die Fahrt zurück nach Birzai lang ist, mache ich mich auf die Reifen.

Das Navi hat noch genug Strom und ich wähle die nördliche Route über Zarasai. Die Strassen sind gut, deshalb nervt auch bald die Navigon Meldung: "Achtung". In den Wäldern fahre ich wegen dem Wild langsamer.

Schnee im Mai

Schnee neben der Straße am 7. Mai 2013

 

Meinen ursprünglichen Plan in Rokiskis Halt zu machen (mir hat es die Stadt angetan und im Cafe neben der Kirche gibt es gutes Essen) gebe ich auf, weil sich die Strecke einfach zieht. Zarasai liegt auf dem Weg und lädt zu einer näheren Besichtigung ein.

Zarasai Litauen

Pflasterstraße, Marktplatz und schöne Kirche

 

Bücherei und Museum Zarasai Litauen

Bibliothek und Museum

 

Brücke zum See Zarasai

Futuristische Brücke zum See

 

Malerisch zwischen zwei Seen gelegen (Zarasas) gibt der große Marktplatz und die Maria Himmelfahrt Kirche dem Ort einen netten Flair. Eine Passantin meinte, im Sommer sei es noch viel schöner.

Im Maxima Supermarkt kaufe ich Milch und Brot und mache Rast am Zarasas See. Die Natur, eine moderne Edelstahlbrücke zum Seeufer und das Heimatmuseum in meinem Rücken (sowjetischer Barock?)  bilden einen interessanten Kontrast.

Maria Himmelfahrt Zarasai  Maria Himmelfahrt Zarasai

Maria Himmelfahrt Kirche Zarasai

 

Von Außen schön, innen war die Kirche in Utena schöner: Maria Himmelfahrt Kirche

Da es immer noch 117 Kilometer bis Birzai sind, fahre ich an Rokiskis vorbei.

Spät komme ich in Birzai an. Bei einem leckeren Birzu Alus werden Pläne für den nächsten Tag geschmiedet. 

 

 

4. Tag Mittwoch Vilnius

 

Mein Ziel heute ist das Zentrum Europas (Europos Centras) bei Purnuskes, einem Dorf nördlich von Vilnius, sowie der Europos Parkas, nicht weit vom Zentrum Europas entfernt. Danach möchte ich mir noch Paneriai anschauen.

 

Die Strecke nach Vilnius kenne ich, also bleibt das Navi zum Stromsparen aus. Da es bis Vilnius 208 Kilometer sind, nehme ich die Via Baltica mit Autobahn statt der landschaftlich reizvolleren Nebenstrecke über Vabalninkas.

Ab Panevezys kommt die gut ausgebaute und wenig befahrene A2 nach Vilnius. Die Via führt hinter Panevezys als Landstrasse weiter nach Kaunas. Tempolimit ist 130 km/h für PKW und 110 für Motorräder. Das wusste ich aber nicht, also entweder jemandem hinterhergefahren oder den "Tempomaten" auf 130 eingestellt. Im Bereich von Zufahrten oder Abbiegungen nach links (ja, das gibt's!) wird eine Tempobeschränkung angezeigt und gerne gelasert.

Weite Teile der Strecke haben Wildzäune (natürlich sind oft die Zugangstore für die Land und Forstwirtschaft offen). Es gibt sogar Erdrampen, auf denen das Wild zurück in den Wald können. Habe ich bei uns noch nie gesehen.

Unterwegs sehe ich zwei Rehe, einen Specht und einen Fuchs. Nach 190 Kilometern gehts von der A2 ab Richtung Nemenciene. Dann die A14 nach Norden und man kann das Zentrum Europas nicht verfehlen.

Abbiegen zum Zentrum Europas

Abbiegen zum "Zentrum Europas"

Die Litauer sind stolz auf die geografische Mitte und zeigen das auch mit einer geschmackvollen Gestaltung dieses Ortes. Nebenan gibt es einen Golfplatz, ist halt nicht weit bis Vilnius, und ein See mit Bibern.

 

Zentrum Europas Litauen  Zentrum Europas Litauen

 

Zentrum Europas Litauen

Nett haben die Litauer ihr geografisches Zentrum gestaltet

 

Weiter gehts zum Europa Park. Der Park ist ausgeschildert und der Weg führt sehr reizvoll an der Neris entlang.

 

 Also besser den Weg von Süden nehmen und Bratoniskes meiden.

 

Eingang Europos Parkas

Eingang zum Europos Parkas

 

Auf dem Parkplatz vor dem Eingang das Moped abgestellt und abgeschlossen. Tickets gekauft. Den Helm durfte ich freundlicherweise beim freundlichen Mann im Tickethäuschen lassen.

35 Litas fürs Parken (50 % Discount fürs Motorrad) und Eintritt sind in Litauen nicht wenig und Freunde in Vilnius, die nicht arm sind, haben sich darüber ordentlich aufgeregt. Mit Familie wird's teuer!

 

Lenin Litauen  Europos Parkas

Ein erschlagener Lenin und die berühmte TV Installation (na ja)

 

Europos Parkas  Vilnius  Europos Parkas  Vilnius

Fernseher                                                          Steinensemble

 

Europos Parkas  Vilnius

Kunst im Wald: "Der Ort" von Gintaras Karosas

 

Europos Parkas  Vilnius  Europos Parkas  Vilnius

 Fundamente (Karosas)                             Doppelt negative Pyramide (Sol LeWitt)

Europos Parkas  Vilnius  Europos Parkas  Vilnius

 zu ihrem Vorteil (Karosas)     Trinkende Struktur mit einem exponierten nierenförmigen Becken

                                          Dennis Oppenheim, Super Name für diese schräg stehende Kutsche ;-) 

  Europos Parkas  Vilnius

 Der sitzende Polizist (Evaldas Pauza)

Europos Parkas  Vilnius  Europos Parkas  Vilnius

 From a dream to the Present (Karosas)    Das berühmteste Werk: Sessel Schwimmbecken von Dennis Oppenheim 

Europos Parkas  Vilnius  Europos Parkas  Vilnius

 "Wiederspiegelungen" (Elena Urbaitis)           Continuous Changing (Arbeiter des Parkes)

Europos Parkas  Vilnius  Europos Parkas  Vilnius

 Frau in Betrachtung des Mondes (Javier Cruz)   "Wolkenhände" Jon Barlow Hudson

Kunst in Litauen

"Gintare" Evaldas Pauza 

Durch einen Parkweg gehts auf das Gelände und ich beginne zu grübeln, ob so eine Wanderung mit Motorradschuhen das Richtige ist. Bald wird man aber durch die Kunstwerke, die reizvoll im Wald verteilt sind, abgelenkt. Die Fernsehinstallation erinnert mich an das Skulpturenmuseum in meiner Heimatstadt Marl. 

Das Areal ist ziemlich riesig und die Exponate gleichmäßig im Wald verteilt. Dementsprechend kam ein netter Spaziergang zusammen als ich das Zentrum des Europos Parkas erreichte. Hier war Brennholz auf typisch "litauische" Weise kunstvoll aufgestapelt und ich dachte, eigentlich ist so ein Stapel ja auch Kunst, zumindest kunstvoll aufgestapelt.

Und tatsächlich war hinter den Stapeln ein Hinweisschild "Continuous Changing" !  Das Changing, weil das Holz ja im Winter im Parkzentrum verheizt wird und die Stapel sich immer verändern.

Am Parkzentrum mache ich Rast und trinke bei herrlichen Sonnenschein einen sehr guten Kaffee. Dazu Pfannekuchen mit Quark und Marmelade. Es gibt ein Cafe und einen Kiosk mit Souvenirs und Ansichtskarten.

 

Kunst aus dem Kalten Krieg Klick für Details

"Gut besiegt Böse" Zurab Cereteli (Russland)

Neben mir eine bemerkenswerte Skulptur aus dem `Kalten Krieg´:

 

Ein Drachentöter kämpft gegen eine Horde von Drachen die aus Pershing-Raketen (Amerikanische Atomraketen aus dem `Kalten Krieg´) emporsteigen. Die Skulptur ist klassisch, das Thema recht modern. Obwohl, die jungen Litauer, die sich heute hier auf Schulexkursionen tummeln, werden damit nichts mehr anfangen können. Wie wohl der Künstler heute über seine Arbeit denkt?

Europos Parkas  Vilnius  Europos Parkas  Vilnius

  Armlos (Vytautas Kasuba)                    Der Wächter (Miguel Sanoja)

Die Sonne brennt und ich denke wieder an die Tour von Rittmeister die leider nicht so viel Glück mit dem Wetter hatten.

Gerne wäre ich noch zu den Sowjetischen Bunkern bei Nemencine gefahren, aber die Zeit drängt und wichtiger ist mein nächstes Ziel: Paneriai.

Um die Navibatterie zu schonen, versuche ich die Strecke aus dem Gedächtnis und nach Verkehrszeichen zu finden. Laut Karte liegt der Stadtteil Paneriai südwestlich von Vilnius, wohin wir uns auch durch den Hauptstadtstau quälen (komisch in Litauen, die Landstraßen und Autobahnen sind frei, in den Städten ist Stau!) leider komme ich von der Hauptstrasse dort aber nur über Umwege zur Holocaust Gedenkstätte Paneriai. Also Navi an und zurück durch den Stau.

Hier lerne ich wieder eine Lektion: beim Einfädeln vor einer Baustelle fährt mich ein Hyundai Santa Fe fast um. Meine Vorurteile über die litauischen Fahrkünste sind da nicht weniger geworden.

 

 Holocaust Gedenkstätte Paneriai

Ohne Navi hätte ich die Gedenkstätte nie gefunden.

Sie liegt am Ende einer Sackgasse, mitten im Wald an einer Bahnlinie, also ideal für die Pläne der Nazis. Die BMW geparkt, abgeschlossen, den Pulli zum trocknen aufgehängt.

In Paneriai wurden zwischen 1941 und 1944 an die 100.000 Juden, Polen und russische Kriegsgefangene von den Deutschen und ihren litauischen Helfern ermordet und verscharrt. Die Russen hatten vor den deutschen Einmarsch hier Gruben ausgehoben, um Öltanks zu installieren. Trotz der Lage mitten im Wald, gab es Zeugen, die ziemlich gut mitbekamen , was hier im Wald geschah (siehe Christine Eckert: Die Mordstätten von Paneriai (Ponary) bei Vilnius).

Paneriu Memorialas Gedenkstätte Paneriai

Paneriai

 

Weg zur Gedenkstätte  Museum Paneriai

Weg zur Gedenkstätte                                         Museum

 

Paneriai Denkmal  Paneriai Denkmal

 Orte der Massaker sind markiert               Mahnmal für die ermordeten Juden        

Paneriai Denkmal  Paneriai Denkmal

 

Erinnerung an die ermordeten sowjetischen Kriegsgefangenen

Erinnerung an die ermordeten sowjetischen Kriegsgefangenen

 

Paneriai  Paneriai Denkmal

Denkmal für die ermordeten Polen

 

Paneriai Denkmal

 

Paneriai Denkmal 

Für jede Opfergruppe gibt es ein eigenes Denkmal. Für die größte Gruppe, ca. 70.000 Juden wurden gerötet, gibt es mehrere. Laut Wikipedia ist das polnische Denkmal nicht ausgeschildert, eine etwas seltsame Behauptung, da es klar den polnischen Opfern gedenkt. Das sowjetische Denkmal spricht (statt von Juden) noch von sowjetischen Bürgern.

 

Denkmal für ermordete Litauer Paneriai

Denkmal für die ermordeten Litauer

 

Außerdem gibt es eine Erinnerung an die getöteten Litauer, wobei es interessant wäre zu wissen, ob bei den 2600 Toten auch die von den Deutschen erschossene litauische Wachmannschaft dabei ist, die die jüdischen Leichenbrenner bewachten. (Details zu den Leichenbrennern bei Alex Faitelson).

Wäre makaber..

Neben den Denkmälern gibt es ein kleines Museum (hatte zu) und mehrere im Wald verteilte Gruben, in denen die Massaker verübt wurden. Am Museum ist eine Übersichtskarte angebracht.

 

 

BMW in Paneriai

Liegt sehr einsam: Paneriai

 

Als nächstes möchte ich meine Schwiegercousine besuchen, die nördlich von Vilnius wohnt, . Also Navi ein und durch Vilnius durch. Mitten in Vilnius geht gar nichts mehr, Berufsverkehr. Stop and go, Stau total und es wird immer wärmer. Irgendwann wird die BMW so heiß, dass der Motor anfängt immer lauter zu klackern. Die Balken der Temperaturanzeige steigen in bisher nie gekannte Regionen. Aber es ist kein Entkommen. Glücklicherweise löst sich der Stau nach der nächsten Einfahrt auf und der Fahrtwind kann den vollverkleideten Boxer wieder kühlen.

Also neben Schotter, Sand und scharfen Kurven mag die RT keinen Hitzestau. Was machen denn die Italiener und Spanier in solchen Fällen?

Als die Öltemperatur etwas gesunken ist, lässt das Klackern glücklicherweise nach und ich erreiche mein Ziel. Gintarie wohnt mit Mann und Kindern in einem Neubaugebiet im Einzugsgebiet von Vilnius. Ich leihe mir von ihrem Mann ein T-Shirt (und nehme mir vor, demnächst Wechselsachen einzupacken), meins kann man auswringen.

Da ich nicht weiß wann die nächste Tankstelle kommt, fahre ich wieder etwas Richtung Vilnius. Und tatsächlich hätte es nicht bis zur nächsten Tanke gereicht. Das Tankstellennetz ist zwar gut ausgebaut, aber abends machen viele zu.

Bald habe ist die A2 Richtung Riga erreicht und ich hänge mich hinter einen Mercedes ML. Das Tempolimit für Mopdeds kannte ich ja nicht. Diesmal nehme ich den Weg durch Panevezys und nicht die Umgebungsstrasse. Zwischen Pasvalys und der Abfahrt Birzai kommen wieder Spurrillen.

Nach 1:45 h ist die Strecke geschafft. Moped geparkt und die Sachen zum trocknen aufgehängt. Heute gibt es ein Rinkuskiai Miezinis, honigfarben, kein Schaum, litauisch-lecker.

 

 

5.+6. Tag Donnerstag Birzai

 

Heute lass ich es ruhig angehen. Keine Lust auf große Touren. Ein Fahrrad wird ausgeliehen und es geht auf den Wochenmarkt, der hier Donnerstags und Samstags stattfindet.

Es gibt eine Halle für Fleisch und Fisch, eine Abteilung für Kleidung und ganz rechts der Bauernmarkt. Der ist am interessantesten. Am Eingang beobachte ich die Menschen und fühle mich an ein Gemälde von Adriaen Brower erinnert. Man muss sich einfach etwas Zeit nehmen.

Birute

Neben der Kirche steht die Freiheitsstatue der Litauer, die Birute. Hier sieht man die Birzaier Originalstatue. Sie wurde von den Sowjets vergraben und später durch eine neue ersetzt.

Schloss von Birzai

Birzaier Schloss

 

Sirvenos See

Schloss und Kirche

 

Danach gehts zum Birzaier Schloss. Früher war es eine Verteidigungsburg günstig zwischen den Flüssen Agluona und Apacija gelegen. Der Ablauf dieser Flüsse wurde gestaut und es entstand der größte künstliche See Litauens. Alles als Verteidigungsanlage gegen Angreifer aus dem Norden (vor allem die Kreuzritter).

Vor dem Schloss werden gerade die alten Arsenale wieder aufgebaut.

Neben dem Heimatmuseum Sela ist hier die Bücherei untergebracht. Dort gibt es öffentliche Computer und ich checke meine Emails.

 

Jüdischer Friedhof Birzai

Der größte jüdischer Friedhof Litauens

Über die Wehrdämme zwischen Schloss und Sirveno See gehts zum größten jüdischen Friedhof Litauens. Früher war er total überwuchert. Aber seit eine Gruppe engagierter Detmolder Christen den Friedhof säuberten, sind wieder weite Teile des Geländes begehbar. Leider sind viele Gräber in schlechtem Zustand.

 

Astravas Brücke über den Sirveno See

Die längste Holzbrücke Litauens verbindet Birzai mit dem Astravas Herrenhaus

 

Astravas Herrenhaus

Astravas Herrenhaus Birzai

 

Astravas Rosarium

Kein Rosarium und kein Park, trotzdem schön

 

Weiter gehts zur Astravas Brücke, der längsten Holzbrücke Litauens, die über den Sirvenos See zum Gutshaus Astravas führt. Da in den Reiseführern immer etwas von einem tollen Park am Gutshaus steht (Günter Schäfer: "Schön ist auch die Parkanlage mit 6 Teichen und einem Rosarium"), ich bei meinen vorherigen Besuchen davon nie etwas gesehen habe, wollte ich diesmal genauer nachschauen. Und tatsächlich gibt hier es außer Bäumen nichts. Trotzdem ist das Astravas Haus einen Besuch wert ! Hier gibt es auch eine der größten litauischen Leinenfabriken, die man aber leider nicht besichtigen kann. Die Produkte kann man aber in der Stadt kaufen.

Alter Laden Astravas 
Laden neben dem Astravas Herrenhaus

 

Schon alleine einen Besuch wert

 

Da die Sonne brennt, kaufe ich mir in diesem "Supermarkt" direkt neben dem Anwesen eine Flasche Wasser. Irgendwie schön, dass es so einen Laden noch gibt. Die Freundlichkeit der Verkäuferin erinnert an die Sowjetunion.

Es geht weiter am nördlichen Ufer des Sirvenos Sees Richtung Astravas Wald. Am Sirvenos See sind deutliche Biber Spuren und ein Bau zu sehen. Leider bekomme ich die Tiere nicht zu Gesicht.

Spuren von Bibern

Spuren von Bibern

 

Wald von Astravas

Gedenkstätte im Astravas Wald    Hier wurden 2400 Birzaier Juden ermordet

 

Die Gedenkstätte für die Massaker der deutschen Besatzer an den Birzaier Juden 1941 (Karl Jäger und seine Einsatztruppen) befindet sich am nord-östlichen Seeufer. 1941 wurden hier 2400 Juden ermordet.

 

Inzwischen ist Hunger aufgekommen und ich mache Rast bei Zenes Klezienes Valgykla an der Vytauto Gatve nahe der katholischen Kirche. 

Rote  Bete Suppe Birzai

Essen bei Zenes neben der katholischen Kirche

 

Zenes Rote Bete Suppe ist einfach klasse. Dazu gibt es Kotelettas (Frikadellen) mit Knoblauch und Kümmel, Kraut und Kartoffeln. Zusammen mit einer Cola kostet das 10 Litas.

Am Nachmittag versuche ich die toten Insekten von der BMW zu putzen und mache Pläne für die Rückfahrt zur Fähre nach Klaipeda am Samstag. Gerne würde ich noch einmal das IX. Fort (Devintas Fortas) in Kaunas besuchen. 1996 war ich schon mal dort, kann mich aber nicht mehr an Details erinnern. Danach würde ich gerne an der Memel bis Jurbarkas fahren, eine Strecke, die ich noch sehr positiv von früher in Erinnerung habe.

 

Freitag

 

Angeln an der Musa

An der Musa kurz vor der lettischen Grenze

 

Nach einem guten Frühstück suche ich im Garten nach Würmern. Heute geht's mit Drasius zum Angeln an die Musa. Hier sieht man sehr gut, dass der Winter gerade erst vorbei ist. Die Vegetation traut sich gerade erst aus ihrem Winterschlaf heraus (9. Mai).

Die Musa entspringt in einem Moor bei Joniskis und vereinigt sich bei Bauska mit dem Nemunelis und heißt ab da Lielupe, Großfluss.

Die Strömung ist sehr stark und der Fluss voller Leben. Fische springen, jagen Fliegen, Flucht vor Raubfischen.

Es gibt auch Frösche und Störche. Neben einem kleinen Weißfisch interessieren sich nur 15 Minibarsche für meine Würmer.

Abends ist Sauna angesagt. Jonas hat Geburtstag. Neben Saslikas gibt es Birzu Alus.

 

Saslikas in Marinade

Mariniertes Fleisch für die Saslikas

 

Sauna_Birzai_Litauen

Saslikas, Zwiebeln und Bier

Bei einem der Saunagänge lasse ich mich mit einem Bund Birkenzweige (mit Blätter, getrocknet und vorher in Wasser getaucht) "kasteien". In Deutschland völlig unüblich, aber sehr gut für den Körper. Ich denke an Luthers Selbstkasteiung. Vielleicht war er auch nur in der Sauna.

Am Tisch entwickelt sich eine politische Diskussion. Es stellt sich heraus, dass die Mehrheit gegen die EU Mitgliedschaft ist (zu viel Einflussnahme auf litauische Gesetze) und ALLE! sind für die Todesstrafe. Ich bin erstaunt. Wie wäre wohl das Abstimmungsergebnis an ostdeutschen Biertischen?

Überall in Litauen stehen Hinweisschilder, was die EU alles sponsert. Gefühlt alles was Geld kostet. Man ist zwar für eine Wirtschaftsunion (sprich das Geld kann ruhig fließen), die Gesetzte sollen aber im Lande gemacht werden. Auch ein Beitritt von Belarus und Russland wären dann möglich (was in den Ländern passiert, würde dann ausgeklammert).

Interessant!

 

 

7. Tag Samstag Kaunas Memel

 

Heute ist mein letzter Tag in Litauen. Wie geplant geht die Fahrt über die Via Baltica nach Kaunas zum IX. Fort. Auf der Via und auch auf der Umgehungsstraße von Panevezys nerven die Spurrillen. Nicht tief, aber spürbar.

Nach Panevezys wird's besser und es geht schnell voran. Das Navi braucht man nicht, die A1 Klaipeda- Kaunas kann man nicht verfehlen. Auf der A1 geht's Richtung Kaunas und dann kommt das Fort auf der rechten Seite an der Ausfahrt Richtung Warschau.

Devintas Fortas Kaunas

Das Museum des IX. Forts   Das Fort selber liegt links dahinter.

 

Rechts abgebogen und auf dem Museumsparkplatz geparkt. Wolken sind aufgezogen aber noch ist es trocken.

Beim Kauf der Eintrittskarte frage ich nach einer Führung und ich bin später froh das so gemacht zu haben.

Zuerst besichtige ich die Ausstellung im Museum, einer Art Betonbunker der sowjetischen Periode, der schon Altersschwach wirkt. Hier, wie überall in Litauen, überwiegt das Andenken an die litauischen Opfer der russischen Okkupation von 1940 und ab 1944.

Die deutsche Besatzung scheint in der offiziellen Geschichtsauffassung nicht stattgefunden zu haben. Nur an wenigen Tafeln wird an das Kaunaer Ghetto und den Holocaust erinnert.

Vom Museum hoch zum Fort

 

Das Fort wurde 1902, wie etliche andere auch, als Verteidigungsanlage vom zaristischen Russland gebaut. Im I. Weltkrieg reichte ein Kanonenbeschuss und das Fort wurde aufgegeben.

Ab 1941 diente das Fort als Gefängnis und die Deutschen begannen hier die Insassen des Kaunaer Ghetto umzubringen.

 Denkmal für den Widerstand Kaunas

Denkmal für den Widerstand

 

Kaunas 9.Fort  Kaunas 9.Fort Klick mich

Vorderseite des Forts. Links sieht man das riesige Denkmal "Kampf, Sieg und Leid im Widerstand"

 

Fort Kaunas Mauern

Mauern mit Einschusslöchern um das IX. Fort

 

Nach dem Betonmuseum wandere ich um das Fort herum, an dem riesigen Monument "Kampf, Sieg und Leid im Widerstand" vorbei (hier befinden sich auch viele Gedenktafeln weil dort die Massengräber der Ermordeten waren) und lasse den Ort auf mich wirken.

Wer sich dafür interessiert, warum ich schreibe: waren, der kann bei Alex Faitelson nachlesen warum.

Aussichtsturm Kaunas   Beobacghtungsturm Kaunas Klick mich

Der Ausguck auf dem Fort

 

Gefechtsturm   Treppen zum Turm Klick mich

Nicht so leicht durchzuschauen: der gepanzerte Ausguck

 

Bemerkenswert sind die gepanzerten Gucklöcher die aus den Erdwällen rausschauen. Lijana erlaubt mir auf einen Aussichtsturm zu klettern, die enge Leiter hoch: sehr interessant!

 

Lijana Führung Kaunas

Lijana vor den Besucherzellen im Eingangsbereich des Gefängnisses

 

Im Fort angekommen spricht mich Lijana an, sie macht die Führung durch das Fort.

 

Wasserpumpe   Gefängnistüren
Von Hand (später E-Motor) angetriebene Brunnenpumpe      Gepanzerte Türen

 

Sie erklärt in sehr gutem Englisch alle Details und auch alle Gänge. Die Besteigung von einem Wachturm war sehr interessant! Das ganze Fort erscheint mir als unglaublich gut geplant: Belüftungsanlagen um den Rauch der Kanonen zu entsorgen, Fallgruben für Munitionshülsen, Schießscharten in alle Richtungen. Es gibt sogar einen Brunnen, sowie Aufzüge für die Munition. Der Architekt hat gute Arbeit geleistet. Von außen sieht der Bau viel kleiner aus als von Innen.

Lange Gänge im Fort

Panzertüren und lange Gänge unter dem Fort

 

Hofbereich 9.Fort Kaunas Einschussloch

Hofbereich IX. Fort mit Beschussspuren aus dem I. Weltkrieg

 

Leider war der Stand der Militärtechnik aber mittlerweile so weit, dass wie gesagt ein Schuss genügte (Lijana meinte, die Besatzung des Forts hätte keine Kampfausbildung gehabt), um die Anlage aufzugeben.

Durchbohrte Tür der Leichenbrenner Kaunas

Von den Leichenbrennern durchbohrte Tür

 

Lijana zeigt mir die Tür, durch die die Leichenbrenner Weihnachten 1943 entkommen sind. Wie nahe mir die Geschichte ist!

Ich hätte gerne noch mit ihr über Faitelsons Buch gesprochen, aber nach der Führung durch die Gänge des Forts erreichen wir den Gefängnistrakt mit den Zellen und schon ist sie mit ihrem Sohn verschwunden.

Gänge im Fort Kaunas

Gänge im Fort Kaunas

 

Hat ja auch lange gedauert, unsere Wanderung durch die Abgründe des Forts.

  Gefängnis Kaunas

Flur des Gefängnisses mit Kanonenofen

Kaunas Gefängnis

Pritschen der Gefangenen

 

Das IX. Fort ist unbedingt einen Besuch wert, wegen der Bedeutung für den Holocaust, aber auch rein architektonisch!!

Wieder draußen angekommen, hat es angefangen zu regnen. Leider gibt es im Museum (dort konnte ich Helm und Tankrucksack lassen) keine Restauration. Nix.

Eine Museumsaufpasserin lässt mich auf ihrem Stuhl sitzen und ich warte bis der Regen aufhört. Tut er nicht, also wird der Regenüberzug angezogen und die Tour geht weiter Richtung Jurbarkas an der Memel entlang.

 

Die Fahr dauert nicht lange, denn ein Schild weist nach rechts auf das Rote Schloss "Raudondvaris" hin. Dort angekommen hat der Regen aufgehört und es ist sehr schwül.

raudondvaris litauen kaunas

An dem 1615 gebauten Schloss (der Wehrturm ist Attrappe) tummeln sich die Kaunaer Hochzeitspärchen zum Fotografieren.

 

Raudondvaris Kaunas Litauen Herrenhaus

 

Das Schloss steht in Verbindung mit den Namen Radvila und Tiszkiewicz, also Familien denen gefühlt alle Schlösser und Herrenhäuser in Litauen gehörten.

raudondvaris kaunas litauen   Raudondvaris Herrenhaus Kaunas Litauen  audondvaris Kaunas Litauen Statue

Das Eingangstor wird bewacht als sei hier eine Bank oder ein Geheimdienst untergebracht.

 

Vilkyos

Weiter gehts den Nemunas entlang. Bei Vilkijos halte ich kurz, die Aussicht auf die Memel ist hier sehr schön.

Ringoves Burgberg Litauen

Kurz danach kommt der Hügel der Bergburg Ringoves. Außer dem Hügel ist hier aber nicht viel zu sehen.

 Blick auf Seredzius Memel Litauen

 Blick auf Seredzius

Palemono Burg Memel Litauen

Die nächste ehemalige Verteidigungsanlage ist der Palemono Berg. Auch hier ist außer der Erdaufschüttung nichts erhalten.

 Veliuona Memel Litauen  Veliuona Memel Litauen  Klick mich

Veliuona

 

Danach kommt der Burghügel von Veliuona. Und gut das ich hier abgebogen bin. Die BMW parke ich gerade neben der Maria Himmelfahrt Kirche, als mich der Küster anspricht und einlädt die Kirchturmkuppel zu besichtigen. Glück muss man haben. Natürlich gehe ich gerne mit.

Maria Himmelfahrt Veliuona Litauen  Veliuona Litauen Klick mich

Kirche und Marktplatz Veliuona mit Vytautas Statue

 

Und die Besteigung erweist sich als absoluter Glücksfall. Über enge Stiegen klettern wir hoch, kommen an einem Museum vorbei in dem alte Kirchensachen, aber auch Dokumente aus der deutschen Besatzungszeit ausgestellt sind.

Maria Himmelfahrt Veliuona Litauen  Kirche Maria Himmelfahrt Litauen  Klick mich

Aufstieg auf den Turm

 

Blick auf die Memel Nemunas Litauen

Die Aussicht auf die Memel vom Kirchturm ist gut und alles zusammen ein super Erlebnis.

 urg Raudone Litauen Memel

Burg Raudone

 

Danach kommt die Burg von Raudone, wobei der Name von den roten Ziegelsteinen herkommt. Wie die Burg Raudondvaris war sie ein reiner Repräsentationsbau, da sie einem Angriff niemals standgehalten hätte.

Burg Raudone Litauen    Raudone Litauen

Ein Spaziergang um die Burg lohnt sich, wobei Raudondvaris und die Burg Panemune schon um einiges interessanter und auch schöner sind.

 

Als letzte Burg liegt Panemune auf meinem Weg und ich habe das Glück, dass heute das Burgmuseum eröffnet wurde.

Panemune Pilis Litauen Klick mich!

Burg von Panemune

 

Man kann die ganze Burg besichtigen und auch den Turm besteigen. Der Blick auf die Memel ist aus dieser Höhe natürlich klasse. Mir gefällt Panemune von allen Schlössern und Burgen an der Memel am besten.

Panemune Litauen   Panemune Litauen Klick mich

 

Panemune Burg Litauen  Panemune Litauen  Klick mich!

 

Danach komme ich durch Jurbarkas, die Stadt, in der ich bei meinem ersten Besuch in Litauen 1992 Halt machte. Tatsächlich ist hier nicht viel Schönes zu sehen. Selbst bei einer Fahrt über die Memelbrücke wird die Ansicht Jurbarkas nicht besser.

Jurbarkas Nemunas Litauen

Dementsprechend gibt es auch keine besseren Bilder.  Brücke über den Nemunas

Gabelung Kaliningrad Klaipeda

Das ehemalige deutsche Memelgebiet und Ostpreußen. Geradeaus nach Königsberg, rechts nach Heydekrug und Memel (Šilute und Klaipeda).

 Vilkyskiai Litauen   "Vergiss mein Volk die teuren Toten nicht"  Klick mich

Kriegerdenkmal I. Weltkrieg

Mittlerweile sehen die Häuser stark deutsch geprägt aus. An der Straße in Vilkyskiai (Willkischken) steht ein deutsches Kriegerdenkmal, als ob die Zeit stehen geblieben ist. Wie konnte das die russische Besatzung überdauern?

Lena Grigoleit aus Schmalleningken, dem heutigen Smalininkai (das liegt ein paar Kilometer zurück Richtung Jurbarkas), berichtete 1992 in einem Interview über das Wüten der Deutschen in den ersten Kriegstage in Jurbarkas. Wer Interesse hat, liest hier: Das Schreien der Juden war weit zu hören.

Deutsche Häuser in Vilkyskiai Litauen  Häuser in Vilkyskiai Litauen

Strassenkreuzung Vilyskiai

 

Hier gibt es evangelische Kirchen und Backsteingebäude, die sich von den traditionellen litauischen Häusern unterscheiden. Tatsächlich ist die Architektur in Litauen ziemlich unterschiedlich. Im ehemaligen Memelland wurde viel Backstein verbaut. Juden besaßen in den Städten oft Steinhäuser. Und auch die Polen bauten viel mit Backstein.

 Juknaiciai 

Juknaiciai die ehemalige Vorzeigekolchose       Evangelische Kirche nahe Juknaiciai

 

An Juknaiciai, der ehemaligen Vorzeigekolchose kann man ruhig vorbeifahren. Hier ist nichts mehr zu sehen.

Endlich erreiche ich Silute, das ehemalige Heydekrug. Meine erste Litauenreise ging 1992 hier hin.

Katholische Kirche Silute  Simon Dach Denkmal Silute Litauen  Klick mich

Im Memelland am Ortsrand: Katholische Kirche Šilute    Simon Dach Denkmal     

 

Amphibienfahrzeug der Feuerwehr für Rusne

Amphibienfahrzeug der Feuerwehr

 

Am Ortseingang die katholische Kirche (Backstein), schon ein Anachronismus in Litauen, da meistens die katholischen Kirchen dominieren und in der Stadtmitte sind. Aber das Memelland war halt deutsch-evangelisch.

Altes Amtsgericht Silute Litauen

Altes Amtsgericht

 Bücherei deutsche Reklame

 Bitte Bild anklicken um die Reklame zu vergrößern

 

Im Zentrum sind für den Heimattourismus einige deutsche Spuren konserviert worden. Bei meinem ersten Besuch 1992 lachten die Litauer darüber, dass die russische Beschriftung an den Häusern abblätterte und tatsächlich (habe ich selber gesehen), die deutsche alte Schrift wieder hervorkam.

Evangelishce Kirche Silute Litauen

 Die Evangelische Kirche Silute steht in der Ortsmitte

 

Siluter Herrenhaus Litauen

Das Herrenhaus von Silute beherbergt heute das Heimatmuseum und die Touristeninformation (TIC) 

 

Silute ist eher etwas für deutsche Heimattouristen (Rusne und das nahe Windenburger Eck ist für jeden interessant!). Ich wollte hier meinen Freund Algis besuchen.

 

Nach weiteren 56 Kilometern erreiche ich abends den Hafen von Klaipeda. Ich stelle fest, dass man sich nicht mehr im Fährgebäude anmelden, sondern davor an einer Bude anstellen muss.

Abfertigungsgebäude Klaipeda Fährhafen  Abfertigungsbude Klaipeda Fährhafen 

Fährterminal Klaipeda                             Abfertigungsbude      

 Fähre nach Kiel Klick mich

 Fähre Victoria Seaways                                                                

Pünktlich beginnt die Abfertigung und wir fahren näher an die Fähre heran. Dann wieder warten. Endlich können wir auf die Fähre fahren und schlängeln uns in engen Kurven in den Schiffsbauch.

 

Das befestigen der Motorräder wird auf der Victoria Seaways noch schlechter gemacht. Es gibt keine Matten um den Sitz vor den Gurten zu schützen. Als ich meine Sachen an Deck gebracht habe und nach der BMW schaue, muss ich mit Schrecken feststellen, dass sie an den Auspuffrohren festgeschnallt wurde.

 

Die Rückreise war wie die Hinreise. Ruhige See, gutes Essen und leckeres Svyturis, aber feiernde Litauer und schlechtes Wetter. Diesmal wäre eine Kabine zum schlafen besser gewesen.

 

Um 23:00 Uhr kann ich in Kiel die Fähre verlassen und bin um 3:00 Uhr zu hause.

Eine schöne Fahrt und unheimlich viel Glück mit dem Wetter!  2017, ebenfalls im Mai, war das Wetter ganz anders. Starker Schneefall zwang mich bei Telsiai zum Anhalten.

 

Fazit: Ich würde die Fahrt immer wieder so machen. Durch die späte Ankunft der Fähre muss man eine Übernachtung in Klaipeda einkalkulieren. Das Hotel kann man mit dem Navi leicht finden. Einen Besuch der Kurischen Nehrung empfehle ich ausdrücklich. Ich glaube, jeder der auf der Nehrung war, kommt auch zurück nach Litauen! Von Birzai aus konnte ich alle Orte, die ich besichtigen wollte leicht erreichen. Für Vilnius sollte man aber mindestens eine Übernachtung einkalkulieren, je nachdem, was man alles sehen möchte.

 

2017 habe ich nur noch eine Überfahrt nach Liepaja bekommen und bin nach der späten Ankunft nachts bis Birzai gefahren. Nicht gut! In den lettischen Wäldern tummeln sich viele Elche und andere grossen Tiere ;-) 

 

Für Anregungen und Kritik bin ich immer offen (Kontaktformular nutzen). 

 

Gerhard aus Berlin schreibt folgendes:

Moin Andreas,
habe gerade Deinen Reisebericht gelesen und er hat mir sehr gut gefallen.
Besonders Deine immer wieder eingefügten Verweise finde ich gut, um sich weiter über Litauen informieren zu können (
Habe noch nicht alle lesen können).
Da Du ja nicht das erste Mal in Litauen warst und auch Verwandte und Bekannte dort hast, war es für Dich sicher leichte sich zurecht zu finden.
Als "Alleinfahrer" würde ich mir so eine "Erstbefahrung" nicht zutrauen. Zu Zweit oder zu Viert wohl schon, auch um aufeinander besser aufpassen zu können,
falls es mal Probleme mit Mensch und Maschine geben sollte.
Dein Reisebericht hat mich aber neugierig gemacht auf das Land, die Menschen und die Geschichte.
Werde mich mal in den nächsten Tagen weiter, anhand Deiner Verweise, in die Materie einlesen.
Danke für Deinen schönen Bericht (und die Bilder) und die Anregung sich auch mal mit den östlichen Nachbarn zu beschäftigen.

 

Antwort

Obwohl ich schon oft in Litauen war, war die Gesellschaft von Marianne und Thorsten auf dem Weg von der Fähre zum Hotel und am nächsten Tag nach Nida sehr angenehm. So war man nach einem Tag wieder akklimatisiert und hatte keine Probleme alleine zu fahren.

 

Ziel meines Berichtes ist es, dem einen oder anderen Fahrer (in) die Scheu vor einem Trip ins Baltikum zu nehmen. Mit der Fähre von Kiel ist die Reise wie eine Kreuzfahrt auf der Aida (glaube ich zumindest, dass es auf der AIDA so ist ;-)  ).

Ein Hotel ist leicht zu buchen. Litauen ist in der EU und es herrscht dort kein rechtsfreier Raum, so wie in Russland. Wir Deutsche sind mit Kreditkarte und Euroschutzbrief sowieso gut abgesichert. Man kann sich ein Hotel in Klaipeda oder wie ich in Klaipeda und Birzai nehmen (in Birzai kostet eine Privatunterkunft 10 Euro/Person) und von dieser "sicheren" Basis das Land erkunden. Die Landstraßen sind so gut wie frei und gut ausgebaut. Benzin an der Tanke ist bestimmt besser zu erkennen als bei uns (95 Oktan).

 

Und so mancher Litauer freut sich über das Interesse an ihrem Land. Meine Angaben über Litauen kann man auch auf Lettland und Estland übertragen. Beides wunderschöne Länder mit sehr schönen ehemaligen Hansestädten (Vilnius war keine Hansestadt).

Andreas