St. Kasimir

St. Kasimir Kirche Vilnius

St. Kasimir Kirche Vilnius

Die St. Kasimir Kirche ist eine der bekanntesten Kirchen von Vilnius, gebaut 1604 bis 1615 durch Jesuiten im Barockstil. Ihr Namenspatron ist der Heilige Kasimir. In vielen Museen in Vilnius wird man Bildern von ihm begegnen. Wenn man als Besucher aber etwas mehr über den Namenspatron der St. Kasimir Kirche weiß, dann sind die Gedanken bei einem Besuch der Kirche nicht nur bei religiösen Themen, sondern auch bei Macht und Politik. Über ebendiesen Kasimir hat Laimonas Briedis in seinem Buch "Vilnius, City of Strangers" einige Details geschrieben, die eigentlich nicht zu einer heiligen Kirche passen. Briedis zeigt auch ziemlich deutlich auf, wie wichtig die Religion in der Politik ist. In Litauen rangen die orthodoxe Glaubensrichtung und die katholische miteinander. Hätte die katholische nicht die Oberhand gewonnen, vielleicht wäre Litauen dann auf der russischen Seite der Geschichte, ebenso wie zum Beispiel das orthodoxe Serbien?
Interessante Frage.

St. Kasimir Kirche Vilnius Innenraum und Altar

Kirche Innenraum und Altar

Auszüge aus Laimonis Briedis Buch:
Überwältigt von seinem beginnenden Erfolg, entfachte der Legat [also der päpstliche Gesandte und fanatische Katholik Ferreri] eine feurige Kampagne gegen die orthodoxen Gläubigen, die die Mehrheit der Einwohner Litauens ausmachte. In diesem theologischen Zwei-Fronten-Krieg fand Ferreri einen Komplizen, dessen Lebensgeschichte ihn nach Vilnius führte. Eine Zeitlang hatte das Amt des Papstes in Rom mehrere Ansuchen von den höchsten weltlichen und kirchlichen Autoritäten von Polen-Litauen erhalten, einen Heiligsprechungsprozess für Prinz Kasimir, den älteren (und erfolgloseren) Bruder von Alexander und Sigismund, einzuleiten [Alex und Sigi waren Kinder von Kasimir dem IV., Großfürst von Litauen und polnischer König, Sohn des Jogaila]. Papst Leo X. nahm das Ansuchen ernst und wies Ferreri an, Material und Augenzeugenberichte über die heiligen Taten des verstorbenen Prinzen zu sammeln.

Kasimir war ein Enkel Jogailas und ein Nachkomme Gediminas in vierter Generation. Er wurde 1458 als zweiter Sohn des Königs geboren und dazu erzogen, selbst Herrscher zu werden. Nachdem sein älterer Bruder den böhmischen Thron bestiegen hatte, wurde der dreizehnjährige Kasimir von seinem Vater nach Ungarn geschickt, um den königlichen Titel dieses Landes zu beanspruchen. Der Krieg wurde schnell bitter: Die unbezahlte und demoralisierte Söldnerarmee zerstreute sich und ließ den wehrlosen jungen Prätendenten in Schande zurück. Vom Fehlschlag gedemütigt, kehrte Kasimir aus dem Krieg als eine veränderte Person zurück. Er lehnte den Luxus und das bequeme höfische Leben ab, widmete seine jugendliche Energie dem Zölibat und der Askese und wandte seine fürstliche Aufmerksamkeit der Mildtätigkeit und dem evangelischen Werk zu. Trotz der irritierenden Frömmigkeit und schlechter Gesundheit des Prinzen (er litt an Schwindsucht) hatte Kasimirs Vater ihn zu seinem Nachfolger auf dem polnischen Thron erwählt.

Mit seiner Ermutigung wurde Kasimir in der Regierung Polens aktiv und rief während seiner regelmäßigen Aufenthalte in Litauen seinen Vater auf, die katholische Kirche in der Region durch die Beschränkung der Religionsfreiheit der orthodoxen Bewohner zu stärken.

St. Kasimir Kirche Vilnius Altar

Blick auf den Altar

Dennoch weigerte sich der Prinz, trotz der Pläne seiner Familie, die Tochter des Heiligen Römischen Kaisers zu heiraten. Es gingen Gerüchte um, dass Kasimir, in seiner engelhaften Schönheit, seine Nächte mit Gebeten verbrachte, und Sex und Fortpflanzung völlig ablehnte, selbst als eine familiäre und königliche Pflicht. Als die Arzte, mit dem Segen seiner Eltern, Geschlechtsverkehr mit einer schönen Frau als das effektivste Gegenmittel für seinen schwindsüchtigen (und recht wahrscheinlich impotenten) Gesundheitszustand vorschrieben, erklärte er, dass er den Tod und das himmlische Leben danach den kräftigenden Freuden des sündigen Aktes vorziehe. Er wurde am kalten Morgen des 4. März 1484 tot aufgefunden, in Gebetshaltung, im Alter von 26 Jahren, an der Türschwelle einer Kirche in einer litauischen Stadt [dem heutigen Grodno]. Sein Körper wurde nach Vilnius gebracht und in der königlichen Krypta des Doms beigesetzt.
Fromme Handlungen und ein zölibatäres Leben reichten nicht, um Kasimir zu einem Heiligen zu machen. Es brauchte Wunder für eine erfolgreiche Heiligsprechung. Daher ging Ferreri nach Vilnius, um nach solchen zu suchen.

Das Ferreri Glück bei seinem Besuch in Vilnius mit dem Wetter hatte, verbuchte er auch als "sicheres Zeichen der makellosen Heiligkeit Kasimirs."

Die Einheimischen waren rasch dabei, auf die wundersamen Einflüsse Kasimirs gegenüber ihren eigenen Leuten hinzuweisen. Taube, blinde, verkrüppelte und kranke begeisterte Anhänger Kasimirs wurden an seinem Grab routinemäßig von ihren Krankheiten geheilt. Ein Mädchen wurde wieder zum Leben erweckt. Tatsächlich sagte man, dass die Zukunft des ganzen Landes in den Händen des verstorbenen Prinzen lag.

St. Kasimir Kirche Vilnius Orgel

Blick auf die Orgel

Ferreri sammelte sorgfältig verschiedene Zeugnisse der Wunder, einschließlich seines eigenen Berichts über die „gesegneten“ Wetterbedingungen, und vervollständigte die erste Beschreibung des Heiligenlebens von Kasimir, als er noch in Vilnius weilte.
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Diese orthodoxe Lehre von den Heiligen [Es gab bereits drei Märtyrer, die aber die Russisch Orthodoxe Kirche vereinnahmte] machte Vilnius zu einem Teil der byzantinischen Welt, und Ferreri war dazu bestimmt, dies aufzuheben, indem er Kasimir als einen Nachkommen des lateinischen Universums heiligsprach.
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Der Barock kam direkt aus Rom nach Vilnius und ließ die Verehrung des Heiligen Kasimir wiederauferstehen. Der Papst gab seinen Segen zur lokalen Verehrung Kasimirs, indem er im Jahre 1602 heiliggesprochen wurde. Zwei Jahre später legten die Jesuiten den Grundstein zur Kasimirkirche in Vilnius. Beim Grundstein handelte es sich um einen massiven Felsbrocken, der von einer siebenhundertköpfigen Prozession nach Vilnius gebracht wurde. Die Kasimir-Kirche war der Kirche "II Gesù" in Rom nachempfunden und zählte zu den ersten barocken Kirchen außerhalb Italiens.

1610 wurde der Heilige Kasimir mit Hilfe der Jesuiten zum Schutzpatron von Litauen, Polen und Russland erklärt. Später wurde sein Gedenktag in Erinnerung an den Sieg des Katholizismus über die Orthodoxie in der gesamten Katholischen Kirche begangen.

 

Leider ist die St. Kasimir Kirche oft geschlossen.

 

 

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