Maryte Melnikaite

Marija Melnikaite Partisan Litauen

Partisanin Marija Melnikaitė

 

Marytė Melnikaitė wurde 1923 in Zarasai geboren und schloss sich 1940 der Union der kommunistischen Jugend 'Komsomol' an, als Litauen von der Sowjetunion besetzt wurde. Bei Kriegsbeginn flüchtete sie (oder sie wurde evakuiert) im Juni 1941 in den Osten. Im Juni 1942 schloss sie sich der 16. Litauischen Division der "Roten Armee" an. Ein Jahr später wurde sie zur Partisaneneinheit Kestutis nach Litauen geschickt. Nach nur 1,5 Monaten wurde sie nahe Ignalina gefangen genommen und wegen Partisanentätigkeit erschossen.

Leider sind nicht viele Informationen über ihr kurzes Leben zu finden.

In Christoph Dieckmanns Standardwerk über die "Deutsche Besatzungspolitik in Litauen" kommt sie nicht vor. In Alex Faitelson  Buch ""The Truth And Nothing But The Truth" wird sie als für die sowjetische Propaganda instrumentalisiert erwähnt:

" As has happened many times in the course of our history, the Soviet historiography created many myths in order to raise the morale and fighting spirit of those fighting the Nazi occupation: the partisan Zoya Kosmodemianskaya, the soldier Alexander Matrosov and others. To Lithuania was added the fiction story of the partisan Maritė Melnikaitė. Influenced by this, the historiographers of the fighting movement in Kovno ghetto took advantage of the explosion in the Fifth Forth...".

 

Faitelson sieht Marytė Melnikaitė von der russischen Propaganda benutzt. Viel mehr ist über sie nicht zu finden.

 

Melnikaitė wurde zwar römisch-katholisch getauft (wie extra bei Wikipedia vermerkt), ihre Mutter hatte aber den Mädchennamen Moisejewna, also ein jüdischer Name. Nach den jüdischen Gesetzen ist das Kind einer Jüdin: Jude.

Sie schloss sich nach der sowjetischen Besetzung Litauens dem Komsomol (kommunistische Jugendorganisation) an, gegen den Wunsch ihres Vaters. Für Litauer ein ungewöhnlicher Schritt, für litauische Juden (ich folge hier wertfrei den Wünschen der litauischen Juden nach Unterteilung: Jude – Litauer), nicht ganz so ungewöhnlich.

 Marija Melnikaite Moisejewna

Angenommen meine Vermutung stimmt (Marytė fühlte sich als Jüdin), erklärt das auch ihre Evakuierung mit der Roten Armee. Vielen litauischen Juden war sicherlich mittlerweile klar, dass der deutsche Einmarsch den sicheren Tod für sie bedeutete.

Nach ihrer Flucht kam sie nach Tjumen, weit hinter den Ural und arbeitete in einer Werkzeugmachinenfabrik. Nach ihrem Eintritt in die Litauische 16. Schützendivision wurde sie von den Sowjets zu einer Sabotageschule nach Balachna (zwischen Moskau und Kasan) geschickt. Im Mai 1943 sandte man das 20 jährige Mädchen als Partisanin in die Partisaneneinheit "Kestutis" (Ost-Litauen), wo sie natürlich nach 1.5 Monaten gefangen genommen und nach einem blutigen Verhör erschossen wurde.

 

Dieses Schicksal erlitten nebenbei nahezu alle Partisanen, egal auf welcher Seite. Ihr Leben war einfach sehr kurz.

 

Die Sowjetische Propaganda benutzte Marija Melnikaitė anschließend um die Moral ihrer Leute zu stärken und bauschte die Leistungen des jungen Mädchen auf. Laut Wikipedia leitete sie das Untergrund-Kreiskomitee des Litauischen Komsomol in Zarasai, liess Eisenbahnen entgleisen, sprengte Gebäude, steckte Bauernhäuser in Brand, nahm deutsche Neusiedler in Gefangenschaft und überfiel deutsche Stützpunkte. Also ziemlich viel für 6 Wochen.

 

Es entstanden in Folge der Instrumentalisierung Melnikaitės mehrere Statuen, die leider nach der litauischen Unabhängigkeit alle abgerissen – und glücklicherweise wieder im Grutas Park aufgebaut wurden. Sie wurde als einzige Litauerin als Heldin der Sowjetunion ausgezeichnet.

 

Dazu schreibt Dr. Ekaterina Makhotina in "Erinnerungen an den Krieg – Krieg der Erinnerungen":

"...Die Konstruktion nationaler Helden, die gegen die deutschen Eroberer kämpften, diente der ideologischen Integration der neuen sowjetischen Republiken. Die nationalen Helden erhielten dabei allerdings nicht nur in der jeweiligen Republik einen wichtigen Status. ...

Die litauische Partisanin Melnikaitė gehörte damit zu den wichtigsten unionsweit verbreiteten Heldenbildern, die den heranwachsenden Generationen als Vorbild dienen sollten.

Melnikaitė nahm an der Partisanenbewegung in Litauen teil, wurde von den Deutschen gefasst, verhört und am 13. Juli 1943 hingerichtet. Ihre Popularisierung begann im März 1944 mit der pressewirksamen Verleihung des Titels »Heldin der Sowjetunion«. Durch die Schaffung einer nationallitauischen Heldin sollte das Bild der stolzen Nation, die sich nicht versklaven lässt, popularisiert werden. Zur Hervorhebung der historischen Kontinuität stellte die sowjetische Presse Marytė in die Reihe der ruhmreichen Ritter des Großfürstentums Litauen, die gegen die Eroberer aus dem Westen (also den deutschen Ritterorden) Widerstand geleistet hatten. Das Melnikaitė-Narrativ fokussierte dabei auf die Selbstlosigkeit ihres Kampfes und den Versuch, sich selbst durch eine Handgranate in die Luft zu sprengen. Bemerkenswert ist zudem, dass Melnikaitės Gefangenschaft mithilfe von Begriffen aus der christlichen Passionsgeschichte beschrieben wird: Marija, »die Zähne zusammengebissen«, habe die Folter über sich ergehen lassen und sei den »Dornenweg« der Qualen bis zum Ende gegangen. Trotz Folter habe sie niemanden verraten. Als letzte Worte schreibt ihr die »Pravda« »Es lebe das sowjetische Litauen, es lebe der Genosse Stalin« zu und erklärt zugleich, dass Marytes Heldentat als Quelle des selbstlosen Kampfes gegen die Besatzer verstanden werden solle."

 

Ich bin mir sicher, die meisten Litauer würden Marytė Melnikaitės Engagement bei den sowjetischen Partisanen ablehnen. Sie kämpfte damals gegen die litauische Mehrheitsmeinung.

Was würden wir Deutsche denken? Mir fiel Willy Brandt ein. Unser Bundeskanzler, der im Norwegischen Exil gegen das Deutsche Reich kämpfte. Gegen unsere Soldaten. Gegen meinen eigenen Großvater, der für Hitler die Welt erobern sollte.

 

Und genau wie in Litauen Melnikaitė, waren auch in Deutschland Menschen, die gegen die Nazis kämpften, sehr umstritten. Verrückte Welt.

 

Vielleicht war Marytė Melnikaitė keine Größe in der litauischen Geschichte, aber man kann Respekt haben vor ihrem Lebenswerk!

 

 Maryte Melnikaite Litauen Grutas

Marija Melnikaitė

 

Litauische Partisanin Kestutis

Litauische Partisanin Kestutis Einheit

 

 

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