Massengrab in Kedainiai
Anfang 1941 lebten im Kreis Kėdainiai über 4.600 Juden – unter ihnen viele Flüchtlinge aus Polen. In der Stadt selbst lebten etwa 2.500 Juden. Bereits vor Eintreffen der Deutschen in Kėdainiai Ende Juni 1941 organisierten litauische „Aufständische“ (sogenannte Partisanen oder LAF) Übergriffe, Plünderungen und Morde unter der jüdischen Bevölkerung, denen ungefähr 100 Männer zum Opfer fielen. Zum Entsetzen der Juden wirkten bei dieser Jagd viele aus der lokalen Intelligenz mit. Arbeitsfähige wurden zur Zwangsarbeit getrieben.
Unter dem Vorwand eines Arbeitseinsatzes ermordeten litauische Hilfstruppen und Deutsche unter Leitung des Rollkommando Hamann am 23. Juli 1941 125 jüdische Bewohner und Kommunisten in einem nahe gelegenen Wald. Kurz danach ließ der von den Deutschen eingesetzte Bürgermeister ein mit Stacheldraht umzäuntes und von Litauern bewachtes Ghetto bei der Synagoge einrichten, in das ca. 1.000 Menschen – die Juden der Stadt, die dorthin geflohenen Juden der umliegenden Dörfer, eine unbekannte Zahl von Juden aus den Orten Žeimiai und Šėta – eingepfercht wurden. Den unmenschlichen Lebensbedingungen erlagen bereits hier zahlreiche Menschen.
Massengrab ausserhalb von Kedainiai
Am 15. August wurden alle Ghetto-Bewohner im Hof der Synagoge zusammengetrieben. Über 14 Jahre alte Männer wurden in die Scheunen auf dem Gestüt des Grafen Totleben zwei Wochen lang ohne Nahrung eingesperrt. Alte, Frauen und Kinder folgten am 26. August. Am 28. August trieben litauische Hilfspolizisten unter dem Befehl des Rollkommando Hamann zuerst die Männer in Gruppen zu den von sowjetischen Kriegsgefangenen zuvor ausgehobenen Gruben beim Fluss Smilga, danach Frauen und Kinder, die auf brutale Weise ermordet wurden. Der Massenerschießung, die bis zum Abend andauerte, wohnten auch litauische Prominente wie der Bürgermeister, der Rektor der Schule und ein katholischer Priester bei. Um die in den Scheunen eingesperrten Opfer über ihr Schicksal möglichst im Ungewissen zu lassen, ließ man Traktorenmotoren laufen, um die Schreie und Gewehrsalven vom 2km entfernten Ort des Massakers zu übertönen.
Im Jäger Bericht steht zu Kedainiai:
23.7.1941 83 Juden, 12 Jüdinnen, 14 russ. Komm., 15 lit. Komm., 1 russ. O-Politruk.
Einen Monat war man schon abgehärteter:
28.8.1941 710 Juden, 767 Jüdinnen, 599 Judenkinder
Infos aus gedenkorte-europa.eu und dem Jäger Bericht
Fotos alles-ueber-litauen.de
Noch ein kurzes Übersichtsvideo:
Vilnius Rasos Friedhof
Der Rasos-Friedhof, vielleicht das Vilniuser Äquivalent zum Pariser Friedhof Montmartre (dort ist Heinrich Heine beerdigt), ist der älteste Friedhof von Vilnius, der 1801 gegründet wurde und in den malerischen Ribiškės-Hügeln liegt. Die erste Person, die auf dem Friedhof begraben wurde, war Jan Müller, der Bürgermeister von Vilnius (das Grab existiert nicht mehr).
Der Friedhof hat eine gute Ausschilderung der Gräber
1814 wurde der Friedhof in nördlicher Richtung erweitert und 1820 mit einem Zaun aus Ziegelsteinen umschlossen.
Die Friedhofskapelle wurde 1850 fertig gestellt. Im Jahr 1888 wurde in der Nähe ein neugotischer Glockenturm errichtet Der Stifter war der Arzt Hilarijus Raduškevičius, der den Künstler Wincenty Sleridzinski mit der Ausmalung des Oratoriums beauftragte. Unter der Kapelle befindet sich ein Bestattungskeller.
Friedhofskapelle Rasos Friedhof
Der Friedhof besteht aus zwei Teilen: Alter Rasos (6,16 ha) und Neuer Rasos (4,47 ha). Das durch das Terrain geprägte Muster der Friedhofswege hat sich bis heute nicht verändert.
Der Komplex des Alten Rasos-Friedhofs von Vilnius, der aus fast 300 Gräbern besteht, ist in das Register der Kulturschätze aufgenommen worden. Hier ruhen der litauische Patriarch Jonas Basanavičius, der am 16. Februar 1918 die litauische Unabhängigkeitsakte unterzeichnete, seine Verbündeten Jonas Vileišis und Mykolas Biržiška, litauische Freiwilligensoldaten, die in den Kämpfen 1863 für die litauische Unabhängigkeit fielen, die sterblichen Überreste polnischer Legionäre und das Herz des polnischen Staatsmannes und Marschalls Josef Pilsudskį.
Mausoleum für die im polnisch/litauischen Aufstand von 1863-64 gegen das zaristische Russland Gestorbenen
Auf dem Friedhof ruhen die sterblichen Überreste vieler Künstler, sozialer und kultureller Persönlichkeiten, Wissenschaftler und Teilnehmer an den Aufständen von 1830-1831 und 1863-1864. In der Sowjetzeit wurde der Friedhof geschlossen. Gegenwärtig sind die Bestattungen auf dem Friedhof begrenzt, und es sind nur Beisetzungen in Familiengräbern erlaubt.
Dichter und Stutthof Insasse Balys Sruoga
Grab von Mikalojus Konstantinas Čiurlionis, litauischer Komponist
Sicherlich werden die meisten Besucher von Vilnius den Rasos Friedhof nicht besuchen. Wer aber Interesse an wichtigen Personen der litauischen/polnischen Geschichte hat (Pilsudski, Ciurlionis, Sruoga), gerne spazieren geht und genug Zeit mitbringt, für den ist ein Besuch auf dem alten Friedhof durchaus interessant. Zumal der Rasos Friedhof fußläufig vom Zentrum aus erreichbar ist und man auf dem Weg an einem alten Gefängnis (Rasu g. 8) mit einer sehr interessanten uralten Gefängniskirche (die riesige „Haus der Kongregation der Schwestern vom Barmherzigen Jesus“ Kirche) vorbeikommt.
Grabmahl von Josef Pilsudski, polnischer Staatschef und Armeeführer. Gebohren in Vilnius. Hier liegt sein Herz.
Grab von Bildhauer und Lehrer Rapolas Jakimavičius
Grabmahl von Jonas Basanavicius, Unterzeichner der litauischen Unabhängigkeitserklärung Februar 1918
Grabmahl
Kunstvolles Grabmahl
Zugang vom Friedhof ist von der Rasu g. oder der Sukilėlių g. möglich.
Grab mit dem Herzen Josef Pilsudskis. Die Grabanlage ist seitlich vom Rasos Friedhof.
Energie und Technik Museum
Blick vom Dach des Energie und Technik Museums auf den Gediminas Turm
Das Energie und Technik Museum von Vilnius liegt zentral an der Innenstadt von Vilnius. Es ist das größte Technik Museum in Litauen und wurde 2003 eröffnet. Geht man von der Kathedrale über die Neris (König Mindaugas Brücke), liegt zu linker Hand das nicht zu übersehende Energie und Technik Museum. Auf dem Dach ist die wunderschöne Statue "Elektra" rekonstruiert 1995 von Petras Mazuras nach dem Original von B. Balzukevicius (1879-1935).
Energie und Technik Museum von der Seite
Das Gebäude stammt aus der Zeit vor 1914, also als Litauen noch vom Zarenreich besetzt war, und Vilnius noch eine mehrheitlich polnisch und jüdische Bevölkerung hatte.
Das Museum zeigt die Geschichte der Elektrizitätsgewinnung in Vilnius. Mittelpunkt der Ausstellung ist die Maschinenhalle mit den Dampfturbinen, Wärmetauschern und Rohren des E-Werks, die bis vor kurzem noch in Gebrauch waren. Im Keller des Museums gibt es eine moderne Ausstellung zum Strom mit Blitzen in einem Faraday’schen Käfig und allerlei Experimente. Außerdem sind die Fundamente der ersten Schornsteine des Elektrizitätswerks zu sehen.
Energie Technik Museum Eingang
Das Museum bietet zudem Wechselausstellungen an (bei meinem Besuch gab es eine zu Leonardo Da Vinci, die extra Eintritt kostete).
Besonders schön ist auch die Dachterrasse mit einem tollen Blick auf die Statue "Elektra" und den Gediminas Turm.
Das Museum ist auch wegen seiner interaktiven Versuche für Kinder geeignet.
Dampfleitungen
Dampfturbinen, schön bunt
Pumpen und Leitungen
Dampfturbinen und Wärmetauscher
Ausstellung zum Thema Strom
Moderne Technikausstellung
Reste vom ersten Schornstein
Fazit: Schönes und interessantes Museum. Mir hat natürlich die alte Technik gefallen. Und der Blick von der Dachterrasse ist klasse!
Energetikos ir Technicos Muziejus
Rinktinės g. 2,
Vilnius 09312
Der letzte Kurenkahn von Nida
von Bernd Galoci
Die Kuršis auf dem Kurischen Haff vor Nida
Die Geschichte der „Kuršis“ - von Eduardas Jonušas bis Aurelijus Armonavičius und seiner Frau Sofija.
Die Kurenkähne entstanden gegen 1400 unserer Zeitrechnung. Ihre Blütezeit hatten sie ca. von 1850 bis zum Ende des 2. Weltkrieges. Sie wurden hauptsächlich durch ostpreußische Fischer als Fischerei- und Transportboote genutzt.
Der Name ist wahrscheinlich aus dem lokalen Bezug auf den Ort des hauptsächlichen Einsatzes, dem Kurisches Haff, zurückzuführen. Nach dem 2. Weltkrieg verschwanden sie immer mehr vom Kurischen Haff, bis keines mehr vorhanden war. Nachdem der Künstler E. Jonušas 1956 aus der sibirischen Verbannung zurück nach Nida kam, reifte in ihm immer mehr der Wunsch einen Kurenkahn nachzubauen.
Als Kind hatte er sie auf dem Haff bei der Arbeit beobachten können und so begann er 1991 mit dem Bau der Kuršis. Unterstützung bekam er dabei von seinem Freund H. Mališauskas. Da nur über die Sommermonate gebaut werden konnte, dauerte der Bau etwas über zwei Jahre. Es gab viele Schwierigkeiten zu überwinden.
Baupläne mussten besorgt werden und die Finanzierung musste auch stehen. Durch den Verkauf seiner Bilder und Spenden, unter anderen auch von alten ostpreußischen Familien, konnte der Bau abgeschlossen und die Kuršis am 12.06.1993 zu Wasser gelassen werden. Am Anfang fuhr E. Jonušas noch selbst mit der Kuršis.
Aber, als es aus gesundheitlichen Gründen für ihn nicht mehr möglich war, suchte er einen Nachfolger.
Sofija und Aurelijus Armonavičius , die Skipper
Im Jahr 2009 pachteten Aurelijus Armonavičius und seine Frau Sofija die Kuršis. Ziel war es, das Vermächtnis von E. Jonušas fortzuführen und zu verhindern, das auch der letzte Kurenkahn vom Haff verschwindet. Des Weiteren war die Leidenschaft zur Schifffahrt, basierend auf seiner früheren Tätigkeit als Steuermann, die Kontakte die er und seine Frau Sofija zu deutschen sowie anderen Touristen hatte, ausschlaggebend. Von ihnen wurden Sie immer auf den Kurenkahn hin angesprochen, das Interesse war hoch. Nachdem die Kuršis über einige Jahre „auf dem Trockenen" lag, kam viel Arbeit auf Aurelijus und Sofija zu. Der Kurenkahn musste restauriert werden. Das ging aber nur außerhalb der Saison, denn in der Saison musste die Kuršis fahren, denn finanziert musste es ja auch werden.
Ausfahrt auf das Kurische Haff bei Nida
Jahr für Jahr wurden immer wieder Teile des Schiffes erneuert. Zusätzlich mussten die jährlich notwendigen Instandhaltungsarbeiten durchgeführt werden. Mit viel Enthusiasmus und Liebe erledigten alle beide die anfallenden Arbeiten. Um Touren auf dem Kurischen Haff anbieten und auch durchführen zu können, ist ein Motor unabdingbar. Also musste noch ein solcher angeschafft und eingebaut werden.
Nach der Saison im Jahr 2011 sollten die letzten Restaurierungsarbeiten erfolgen. Dazu wurde der Kurenkahn auf eine Werft auf die andere Seite des Haffs verbracht. Während der Arbeiten auf der Werft wurde der Motor gestohlen und leider auch nicht wiedergefunden. Das war ein herber Rückschlag. Aurelijus und Sofija ließen sich aber nicht entmutigen.
Also die Suche nach einem neuen Motor aufnehmen und dessen Finanzierung klären. Insbesondere bei der Beschaffung des neuen Motors sowie auch bei der finanziellen Absicherung der anderen Arbeiten bekamen sie Hilfe auch aus Deutschland.
Danksagung an der Kuršis für die Spenden
Mit Hilfe der Spenden von Touristen, alten ostpreußischen Familien und gesammelten finanziellen Mitteln aus einem Aufruf der "Preußischen Allgemeinen Zeitung" konnten die Arbeiten am Kahn abgeschlossen werden und auch der Motor wurde im Jahr 2012 eingebaut. Nach drei Jahren intensiver Arbeit außerhalb der Saison, war es dann soweit. Die Restauration war abgeschlossen und die Kuršis konnte ihre Fahrten auf dem Kurischen Haff fortsetzen.
Blick auf die Dünen bei Nida von der Kuršis aus
Seit 11 Jahren, unter Führung des Kapitanos Aurelijus und seiner Frau Sofija, segeln sie in den Monaten von Mai bis September mit Touristen an der Küstenlinie des Kurischen Haffs von Nida entlang. Ausgehend vom Liegeplatz im Hafen an der Parnidzio Kopa vorbei bis an die Grenze des russischen Teils der Kurischen Nehrung. Und auf der anderen Seite Richtung Klaipeda, vorbei an der evangelischen Kirche, dem Thomas Mann Haus bis nach Purvin. Außerdem veranstaltet der TILA Verein mehrmals Regatten an der vierzehn historische Segelschiffe teilnehmen, darunter natürlich auch die Kuršis, die auch schon viele Siege einfahren konnte.
Auch an anderen kulturellen Veranstaltungen rund um das Kurische Haff, von Nida, Klaipeda und anderen Orten wie Dreverna, nimmt die Kuršis teil. Ich persönlich bin schon sehr oft mit der Kuršis an der Küste Nidas entlang mitgesegelt. Jedes Mal war es anders, immer gab es etwas Neues zu entdecken. Sehen sie sich die atemberaubende Landschaft und spektakuläre Sonnenuntergänge vor fantastischer Kulisse an. Wenn sie in Nida sind, lassen sie sich diese interessante Bootsfahrt nicht entgehen. Sie haben ein unvergessenes Erlebnis und tragen zur Erhaltung der Kuršis bei.
Die Kursis vor Nida
Die Familie Armonavičius bekommt für die Erhaltung des Kulturgutes Kurenkahn keine staatliche Unterstützung und ist somit auf Touristen und Spenden angewiesen. Das Motto von ihnen lautet mit der Kuršis zu segeln und sie zu erhalten ist „Ehre“ und keine Arbeit, Geld verdienen kann man damit nicht. Aus diesem Grund, am Ende meines Beitrags, der Aufruf: alles was durch Segeltouren und auch Spenden eingenommen wird dient der Erhaltung des letzten Kurenkahnes in Nida!
Für diejenigen, die spenden möchten und weitere Informationen benötigen sind hier die Kontaktdaten:
Förderverein
VšĮ Kuršių Legendos / Reg. Nr. 302814716
Adresse: Naglių g. 3-4, LT 93123 Neringa m. Nida
IBAN:LT24 7300 0101 6517 2388 / Swift/Bic:HABALT22 Swedbank AB Lietuva
Kapitän Aurelijus Armonavičius TEL.: +37068665242 E Mail: (mailto)
Buchführung und Online Shop TEL.: +37061672337 E-Mail: (mailto)
©Text und Bilder Bernd Galoci
Bernd Galoci in Nida vor dem Bernsteinmuseum
Hier einige Impressionen von der Kuršis und von derLandschaft!
Signatarų namai
"Signatarierhaus"
Das Signatarierhaus von der Pilies gatve aus gesehen
Das Gebäude (heute Signatarų namai oder auf Deutsch Signatarierhaus) wurde erstmals 1645 schriftlich erwähnt. Es wechselte im 17. und 18. Jahrhundert mehrmals den Besitzer, und nach großen Bränden im 18. Jahrhundert wurde es umgebaut und das dritte Stockwerk errichtet. Auch architektonisch ist es interesant, innen sind teilweise Eisentreppen eingebaut. Ende des 19. Jahrhunderts renovierte Kazimierz Sztral das Gebäude im Neorenaissancestil nach einem Projekt des russischen Architekten Alexiey Polozov. An der Fassade im zweiten Stockwerk befinden sich dekorative Skulpturen, die Landwirtschaft und Fischerei symbolisieren. Das dritte Stockwerk erhielt zwei männliche Büsten. Herr Sztral eröffnete das Café "Biały Sztral" (dt.: Weißer Sztral), das bis 1939 betrieben wurde. Das Café wurde "Weißer Sztral" (oder "Sztrall") genannt, um es von den vier anderen Cafés zu unterscheiden, die Kazimierz Sztrall besaß, darunter "Zielony Sztral" (Grüner Sztral) und "Czerwony Sztral" (Roter Sztral). Das Café wurde von der lokalen polnischen High Society besucht.
Ausstellung Signatarų namai
Obwohl es nach der Übernahme der Stadt durch die Litauer (1939 wurde Vilnius von den Sowjets im Rahmen des Hitler-Stalin Paktes den Litauern übergeben) schließen musste, wurde es bald wieder eröffnet und beherbergte das Kabarett "Ksantypa". "Ksantypa" wurde von Künstlern organisiert, die aus dem von den Nazis besetzten Teil Polens geflohen waren. Als solches wurde es bis zur zweiten sowjetischen Besetzung 1944 betrieben. Das Café wurde im Jahr 2000 wiedereröffnet.
Vor 1918 wurden die oberen Stockwerke für Vermietungen genutzt. In einem der Büros des Komitees im dritten Stockwerk unterzeichneten am 16. Februar 1918 die zwanzig Mitglieder des litauischen Rates (Lietuvos Tarybos) die Unabhängigkeitserklärung Litauens, mit der die Unabhängigkeit des Landes wiederhergestellt wurde. Danach wurde das Haus von verschiedenen litauischen Organisationen genutzt und diente weiterhin als Wohnhaus.
Die Büroräume, wo die Erklärung ausgearbeitet wurde
Kurz nachdem Litauen 1990 seine Unabhängigkeit von der Sowjetunion wiedererlangt hatte, wurde das Haus als Museum eingerichtet und im Jahr 2000 der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Seit 2003 ist das Museum eine Zweigstelle des Nationalmuseums von Litauen.
Am 16. Februar finden im Signatarų namai (Haus der Unterzeichnung) alljährlich Gedenkfeiern zur Erinnerung an die Unabhängigkeit statt.
Mobiliar aus der Zeit der Unabhängigkeitserklärung
Ukrainische Flagge aus Butscha (im Spiegelbild wäre der Balkon)
Bilder und Skulpturen in der Ausstellung
Die litauische Unabhängigkeitserklärung in deutscher Sprache
Die erste Fassung der litauischen Unabhängigkeitserklärung, die noch stark zu einer Bindung zum Deutschen Reich tendierte:
In seiner Tagung vom 11. Dezember 1917 fasste der Litauische Landesrat folgende Erklärung
I.
Der Litauische Landesrat, von den Litauern des In und Auslandes als einzige bevollmächtigte Vertretung des litauischen Volkes anerkannt, proklamiert auf Grund des anerkannten Selbstbestimmungsrechts der Völker und des Beschlusses des in Wilna vom 18. bis 23. September 1917 abgehaltenen litauischen Konferenz die Wiederherstellung eines unabhängigen litauischen Staates mit der Hauptstadt Wilna und seine Abtrennung von allen staatlichen Verbindungen die mit anderen Staaten bestanden haben.
II.
Bei der Aufrichtung dieses Staates und zur Wahrnehmung seiner Interessen bei den Friedensverhandlungen erbittet der Landesrat den Schutz und die Hilfe des Deutschen Reiches.
In Anbetracht der Lebensinteressen Litauens, welche die alsbaldige Herstellung dauernder und engen Beziehungen zum Deutschen Reich verlangen, tritt der Landesrat ein für ein ewiges festes Bundesverhältnis des litauischen Staates dem Deutschen Reich, das eine Verwirklichung vornehmlich in einer militärischen, einer Verkehrskonvention, Zoll und Münzgemeinschaft finden soll.
Wilna, 11 Dezember 1917
Da die Deutsche Reichsregierung die Verhandlungen mit Litauen hinauszögerten, unterschrieben die Litauer am 16. Februar 1918 eine Unabhängigkeitserklärung ohne enge Bindung ans Deutsche Reich, die Antanas Smetona an diesem Tag auf dem Balkon des Signataru namai verkündete.
Das "Signatarierhaus" ist heute ein Museum und beherbergt Erinnerungen an die damalige Zeit, Möbel, Bilder, Büsten und Kopien der Unabhängigkeitserklärung. Aus dem Obergeschoss des Museums kann man den Balkon sehen.
Ich fand den Besuch, auch wegen der geschichtlichen Bedeutung des Signataru namai, sehr interessant. Das Museum liegt an der Pilies Straße und jeder Tourist in Vilnius kommt an ihm vorbei.
Für die Hilfe und Berichtigung zu diesem Text danke ich herzlich Šarūnė Jurevičienė!
Signatarų namai
Pilies gatve 26
Vilnius
Jüdisches Vilnius
Viele Besucher vom heutigen Vilnius wissen nicht, dass die Stadt vor dem II. Weltkrieg eine ganz andere Zusammensetzung hatte, wie heute. Kurz vor dem Einmarsch der Deutschen am 22.6.1941 lebten 55.000 Juden in Vilnius, was etwa 28% der Bevölkerung entsprach. Die meisten Einwohner von Vilnius waren Polen, ethnische Litauer gab es nur wenige Prozent.
Am Ende des Krieges waren fast alle Vilniuser Juden in Paneriai ermordet worden und die polnische Bevölkerung wurde vertrieben. Was blieb, war die polnisch-jüdische Architektur, die engen Gassen, die zusammen mit den Schilderungen von Arnold Zweig in "Das Ostjüdische Antlitz" von 1919, eine kleine Vorstellung über das jüdische Vilnius von vor dem Holocaust geben können.
…an den Fischkästen großer Speisehäuser veranschaulicht […], wo zwischen
engen Glaswänden so viele Fische eingepfercht sind, daß sie nur
gerade noch vom Wasser […] umspült sind, sonst aber, Fisch an Fisch
gepreßt, gegen die durchsichtige unnachgiebige Schranke gedrückt, mit
dem Maule an der Oberfläche des Kastens hängen oder am sandigen
Grunde festhalten – nicht anders drängt sich der Jude in den kleinen und
größeren Städten des Ostens zusammen […] (Zweig, Antlitz 19)
Heute gibt es zwei jüdische Museen und die erhaltene und gut renovierte "Choral Synagoge". Außerdem das Genozid Museum, in dem aber vor allem an die Gräuel der Sowjets erinnert wird. Auf Tafeln wird in der Altstadt an die Ghettos hingewiesen, in denen die deutschen Besatzer die jüdische Bevölkerung einpferchten. Jüdische Friedhöfe wurden nach dem Krieg aufgelöst und die Grabsteine finden sich in der überall in der Stadt wieder. Man hat sie einfach als Baumaterial verwendet.
Green House
Vilnius Holocaust Museum Bitte an der Tür klingeln!
https://www.facebook.com/green.house.LT/ und die Öffnungszeiten auf der Webseite: jmuseum.lt
Die Holocaust Ausstellung des staatlichen Gaon Museum befindet sich in diesem Holzhäuschen der Pamėnkalnio g. 12. Das Äußere und Innere dieses Museum steht in großem Kontrast zum weiter unten vorgestellten Toleranz Zentrum. Von außen eine alte Bruchbude, gehen die im Inneren gezeigten Erinnerungen an den Holocaust unter die Haut. Dagegen ist das Toleranzzentrum, das in einem neu und sehr gut renovierten ehemaligen jüdischen Theater der Vorkriegszeit untergebracht ist, sehr stylisch, mit einer modernen Kunstausstellung des jüdischen Malers Samuel Bak, dem alten Theatersaal und Veranstaltungen für Kinder.
Eingangsbereich des Gaon Museums
Die Museumschefin
Ein Schleifstein, hergestellt aus einem jüdischen Grabstein
Die Beschreibung zu diesem Schleifstein lautet: Fragment eines jüdischen Grabsteins, aus dem ein Wetzstein gemacht wurde. Er wurde in einem Viehstall auf einem Bauernhof in der Nähe von Anyksciai gefunden. Die Leute erzählten, dass dort bis 1972, als ein neuer Besitzer einzog, ein Mann lebte, der am Judenmord beteiligt war.
Auf dieser Karte sind die ermordeten 6 Millionen Juden in Europa nach Ländern dargestellt
125.000 Juden in Deutschland zu 4.565.000 in der Sowjetunion und Polen.
Bekanntmachung der deutschen Befehle durch die litauische Verwaltung
Juden hatten einen Judenstern auf ihrer Kleidung zu tragen und durften nur noch zu bestimmten Zeiten aus dem Haus.
Die Versorgungsmöglichkeiten der Juden werden eingeschränkt
SS Verbündete: Litauische Polizei und ihre deutschen Chefs.
Ghetto Tor in Vilnius
Erschießungen in Paneriai
Paneriai
Juden wurden in noch von den Sowjets ausgehobenen Gruben erschossen.
Franz Walter Stahlecker
"Ebenso wurden schon in den ersten Stunden nach dem Einmarsch, wenn auch unter erheblichen Schwierigkeiten, einheimische antikommunistische Kräfte zu Progromen (sic) gegen die Juden veranlasst. Befehlsgemäss war die Sicherheitspolizei entschlossen, die Judenfrage mit allen Mitteln und aller Entschiedenheit zu lösen." Zitat aus dem Bericht von Franz Walther Stahlecker. Er war beim Einmarsch der Wehrmacht in Litauen am 22.Juni 1941 als SS-Brigadeführer und Generalmajor der Polizei der Leiter der Einsatzgruppe A.
Der Stahlecker Report ist berüchtigt, und dokumentiert die Unmenschlichkeit der deutschen Besatzung.
Nicht nur hübsch, sondern auch menschlich: Sofija Binkiene.
Sie half geflüchteten Juden aus dem Ghetto von Kaunas. Sofija Binkiene und ihre ganze Familie riskierten drei lange Jahre lang ihr Leben.
Vilnius Gaon Museum
Toleranz Zentrum, auch Vilna Gaon State Jewish Museum genannt, in dem auch das Samuel Bak Museum ist.
Das Vilnius Gaon Museum ist in in einem alten jüdischen Theater der Vorkriegszeit untergebracht.
Das Staatliche Jüdische Vilnius Gaon Museum (VGSJM) ist eine nationale Einrichtung des litauischen Kulturministeriums, die das historische, materielle und spirituelle Erbe der litauischen Juden, traditioneller und moderner jüdischer Gegenstände die mit dem Holocaust verbunden sind, auf verschiedene Weise sammelt, untersucht, wiederherstellt und der Gesellschaft präsentiert, incl. Kunst und Dokumenten, mit dem Ziel, die enorme kulturelle Lücke in der Erzählung der litauischen Geschichte und das Weltbild seiner Einwohner zu schließen, das sich aus den totalitären Regimen des 20. Jahrhunderts ergibt.
Eingangsbereich, wunderschön renoviert
Ausstellung und Edukationsprogramme für Kinder
Der Theatersaal
Ausdruck jüdischen Lebens, als Vilnius noch als das "Jerusalem des Ostens" galt
Bilder von Samuel Bak "Sia kryptimi" (In diese Richtung) 1969 (Mitte)
Zeichen der Identität
Buch mit Zeichnungen aus dem Ghetto
Adam und Eva, vorläufige Unterkunft
Samuel Bak wurde 1933 in Vilnius geboren. 1941 bis 1944 lebte er unter deutscher Besatzung im Ghetto Vilnius, im Arbeitslager und als Flüchtling in einem Kloster.
1942 gab es eine erste Ausstellung seiner Bilder im Ghetto
1945-48 lebte er als "displaced person" in einem Lager bei München und studierte dort Malerei
1948 Emigration nach Israel
1952 Studien an der Bezalem Kunstschule in Jerusalem
1953-56 Wehrdienst
1956-59 Aufenthalt in Paris. Studium an der l'Ecole Beaux Arts Kunstschule
1959 bis 1993 Er lebte in Rom, Israel, New York, wieder Israel , Paris und der Schweiz
1993 Umzug nach Weston, Massachusetts
Jüdische Armeeeinheiten im Kampf um die litauische Unabhängigkeit 1918.
Das Toleranzzentrum ist aufwendig und geschmackvoll renoviert worden. Hier die Seitenansicht.
Im Bereich der Zemaitijos gatve sieht man noch Hebräische Aufschriften. Ähnlich wie in Birzai.
Sklep...Geschäft Polnisch und Hebräisch
Die Choral Synagoge ist die einzige Synagoge, von ehemals über 100, die den deutschen Vernichtungsfeldzug gegen das europäische Judentum überstanden hat.
Plačioji g. 7, Vilnius Der Eingang ist aber an der Pylimo gatve (von dort ist die Ansicht auf dem Bild)
Anmerkungen und Verbesserungen sind immer willkommen!
Šiauliai und Gruzdžiai
Fotos Andreas Kuck, Text und Informationen Evaldas Balčiūnas. Balčiūnas ist ausgewisener Fachmann auf dem Gebiet des Holocaust in Litauen und wohnt in Šiauliai.
Massakerort wo die Siauliaier Juden erschossen worden sind
Die ersten drei Fotos stammen aus dem Wald von Luponii bei Kužiai.
Mehr als 8.000 Menschen wurden dort ermordet. Die meisten von ihnen waren Juden aus Šiauliai. Aber auch mehrere Dutzend litauische Sowjetaktivisten und 125 Juden aus Linkuva wurden dort getötet. Die Massaker fanden dort während der gesamten Besatzungszeit statt. Die ersten Menschen wurden am 29. Juni 1941 ermordet. Am dritten Tag nach der Besetzung von Šiauliai durch die Wehrmacht, am Abend des 26. Juni 1941. Auf dem Gelände befinden sich elf Gräber mit Opfern. Die meisten der Opfer sind nicht namentlich bekannt. Für mehrere der namentlich genannten Opfer gibt es neben drei Gräbern separate Denkmäler, die auf Initiative der Angehörigen errichtet wurden. Sie weisen auf die Tatsache hin, dass die dort begangenen Verbrechen nicht aufgeklärt wurden. Die Namen der Opfer sind wahrscheinlich unwiederbringlich verloren. Der genaue Zeitpunkt, zu dem die Opfer in den einzelnen Gruben getötet wurden, ist nicht bekannt. Es gibt eine Legende, die sich auf die Aussage eines der Mörder stützt, dass in einer der Gruben die Leichen von Ghetto-Waisen aus dem Waisenhaus liegen. Die Mehrheit der Juden von Šiauliai wurde an diesem Ort ermordet.
Massengräber
Nie wieder Paneriai, Pirciupis und IX. Fort
Im Vergleich dazu gibt es etwa tausend ermordete Juden aus Šiauliai im Gubernija Wald und etwa fünfhundert in Bubiai. Die Opfer der im Herbst 1941 durchgeführten Selektion liegen im Gubernija-Wald und in Bubiai. Dann kam Joachim Hamann, der Kommandeur des Rollkommandos, nach Šiauliai und verlangte, dass alle Juden von Šiauliai zur Vernichtung übergeben werden. Hamann kam nach Šiauliai, nachdem der Bürgermeister der Stadt, P. Linkevičius, der Abgeordnete A. Stankas und andere einflussreiche Litauer eine Beschwerde bei Karl Jaeger eingereicht hatten. Gebietskommissar Gewecke weigerte sich aber, die Zerstörung des Ghettos von Šiauliai zuzulassen, da er die Juden für seine Arbeit (Frenkel Lederfabrik) brauchte. Kommissar Lohse erhielt die Erlaubnis, Juden für die Arbeit in der Lederindustrie einzusetzen. Nach Hamanns Abreise beschwerte sich Gewecke beim litauischen Generalkommissar von Renteln über dessen Vorgehen. Die Zahl der Ghettohäftlinge wurde jedoch durch das Kommando auf fünftausend reduziert.
72 Juden, die im Dorf arbeiteten, wurden vom 8. bis 15. Dezember im Wald von Ilgoji Lova ermordet. Es ist nicht bekannt, wie viele Juden, die während der Nazi-Besatzung starben und in der Stadt ermordet wurden, auf dem jüdischen Friedhof von Šiauliai begraben wurden. Der Friedhof wurde zerstört, und es ist nicht bekannt, wie viele von ihnen getötet wurden. Bekannt ist, dass das erste Opfer des Holocausts, Luria und ihre Tochter, im Zentrum von Šiauliai, auf dem Platz neben der Kirche, erstochen wurden, weil Luria den sowjetischen Soldaten den Weg nach Riga gezeigt hatte. Dies geschah, bevor die Wehrmacht Šiauliai eingenommen hatte. Bei der Zerstörung des jüdischen Friedhofs in Šiauliai wurden die sterblichen Überreste von Becalelio Mozavecký auf den Donelaitis-Friedhof gebracht, wo er von den Deutschen am Ghettotor aufgehängt wurde. Die Strafe wurde verhängt, weil er versucht hatte, Lebensmittel ins Ghetto zu schmuggeln. Die so genannte "Kinderaktion" zeichnete sich durch ihre Grausamkeit aus. Am 5. November 1943 sammelten ukrainische Polizisten, die das Ghetto bewachten, alle Kinder im Ghetto ein, packten sie in Lastwagen und fuhren sie weg. Die Kinder landeten in Auschwitz, wo sie starben. Nur einer kleinen Anzahl von Kindern gelang es, sich zu verstecken. Diese Tragödie veränderte die Haltung der Juden in den Ghettos von Šiauliai und Kaunas. Sie suchten aktiv nach Zuflucht für ihre Kinder außerhalb des Ghettos. Die Tragödie in Šiauliai ließ die Menschen in Kaunas vorsichtiger werden. Die Aktion der Kinder im Ghetto von Kaunas fand am 27. und 28. März 1944 statt. Ein Teil der Kinder wurde von ihren Eltern aus dem Ghetto geholt und von den Rettern versteckt, aber den Nazis gelang es, während der Aktion 1 500 Kinder und Großeltern gefangen zu nehmen. Als das Ghetto im Juli 1944 aufgelöst wurde, wurden die Juden aus Šiauliai in Konzentrationslager deportiert. Nach dem Krieg kehrten weniger als fünfhundert von ihnen zurück.
In Šiauliai wurden Juden an verschiedenen Orten getötet. Dies ist auf die folgenden Umstände zurückzuführen. Die Menschen wurden vom Gefängnis in den Pročiūnai-Wald transportiert. Das Morden begann Anfang Juli 1941 und die letzte Erschießung fand im Juli 1944 statt. Der Direktor des Gefängnisses, Virkutis, weigerte sich, die Gefangenen zu töten, da das Statut der litauischen Gefängnisdirektoren dies verbot. Die Gefangenen wurden von den Deutschen erschossen. Nach den Aussagen ehemaliger Häftlinge war Virkutis grausam. Nach dem Krieg landete er in den USA, wurde aber deportiert und von den Sowjets verurteilt.
Über die Umstände der Auswahl der Menschen, die im Guyberner Wald und in Bubiai getötet wurden, wurde bereits berichtet. Die letzten für die Erschießung ausgewählten Personen wurden nach Bubiai gebracht, weil es zu dieser Zeit stark regnete und das sechste und letzte Loch im Gubernia-Wald direkt an der Straße gegraben wurde. Der Wald war bereits zu nass. Dann wählten die Deutschen Bubiai, oder besser gesagt die Grube, in der der Lehm ausgehoben wurde. Dort arbeitete das Rollkommando Hamann, die sich auf die dritte Kompanie des TDA-Bataillons Kaunas stützte und natürlich von den Weißarmbändlern aus Šiauliai unterstützt wurde.
In Kužiai schossen die Weißgardisten aus Šiauliai, Linkuva, Užventis und später das TDA-Bataillon aus Šiauliai.
Im Wald von Ilgoji Lova wurden Juden, die aus verschiedenen ländlichen Gebieten gebracht wurden, von Polizisten aus Kuršėnai, Pakruojis, Radviliškis und Stačiūnai erschossen.
Auf diese Weise ging die jüdische Gemeinde von Šiauliai zugrunde. Es heißt, dass sie vor dem Krieg etwa achttausend Menschen zählte. Wenn wir die Zahlen der Toten zusammenzählen, stellen wir fest, dass viel mehr gestorben sind. Dies erklärt sich aus der Tatsache, dass noch vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs Flüchtlinge nach Šiauliai kamen. Das erste Opfer des Holocausts in Šiauliai war Martin Kurt, ein deutscher Jude, der sich am 8. April 1935 erhängte. Die Presse berichtete, dass er illegal in Šiauliai gelebt hatte, aufgrund der erlittenen Verfolgung psychische Probleme hatte und keinen Sinn mehr im Leben sah. Nach der Besetzung der Region Klaipėda zogen einige der Juden aus dieser Region nach Šiauliai. Nach der Besetzung Polens durch die Nazis ließen sich mehrere hundert Flüchtlinge in der Stadt nieder. Schon vor der sowjetischen Besatzung könnte der Zustrom von Flüchtlingen die Zahl der Juden in der Stadt um tausend erhöht haben.
Im nahe gelegenen Žagarė gab es ein großes Flüchtlingslager, und als die Sowjets Litauen besetzten, zogen die meisten von ihnen nach Šiauliai. Die Zahl der Juden in der Stadt könnte sich während der sowjetischen Besatzung um weitere tausend erhöht haben.
Als zu Beginn des Krieges die Ermordung von Juden aus kleineren Städten begann, schien das Ghetto Šiauliai ein relativ sicherer Hafen zu sein, und viele Juden zogen illegal in das Ghetto Šiauliai. Wie viele? Das ist schwer zu errechnen. Aber bei meinen Nachforschungen über die Todesfälle in der Gemeinde Joniškis habe ich festgestellt, dass die baltaraiščiai (Weißarmbändler, „Partisanen“ mit weißen Armbinden) zu Beginn der Besatzung behaupteten, es gäbe 1 200 Juden in Joniškis, 493 seien im Wald von Vilkiške ermordet worden, und 150 seien in das Ghetto Žagarė gebracht worden. Die Frage, wohin weitere 550 Juden aus Joniškis verschwanden, konnte nicht beantwortet werden. Es ist wahrscheinlich, dass der größte Teil von ihnen irgendwie nach Šiauliai gelangte. Laut der Volkszählung von 1942 lebten im Ghetto von Šiauliai nicht nur Juden aus den umliegenden Städten, sondern auch aus Klaipėda, Polen und sogar aus der Tschechoslowakei. Am Ende des Krieges landete eine Gruppe ungarischer Juden, die zum Ausheben von Schützengräben nach Litauen gebracht worden waren, im Ghetto Šiauliai. Alles in allem waren in Šiauliai wahrscheinlich bis zu vierzehntausend Juden inhaftiert. Neuntausend weitere wurden in der Stadt und ihrer Umgebung ermordet.
Weitere Fotos vom Ort des jüdischen Massakers von Gruzdžiai.
Der Tod der jüdischen Gemeinde von Gruzdžiai
Gruzdžiai ist ein Dorf 19 Kilometer nördlich von Šiauliai. Die Stadt wurde im 16. Jahrhundert als Gutshof gegründet. Kriege und Brände behinderten die Entwicklung der Stadt. In den Jahren 1891, 1910, 1915, 1929 und 1931 brannte die Stadt ab, und an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert lebten hier über tausend Menschen. Die Brände zwangen die Juden von Gruzdžiai zur Auswanderung. Die Unternehmen zogen nach Šiauliai und die Menschen emigrierten. Vor dem Zweiten Weltkrieg lebten zwei Dutzend jüdische Familien in Gruzdžiai.
Mitte August 1941 wurden auf Anordnung des Kreiskommissars des Kreises Šiauliai die Juden, Frauen und Kinder aus Tryški nach Gruzdžiai umgesiedelt. Die jüdischen Männer von Tryški waren bereits getötet worden. Als Ende August die „Baltaraičiai“ aus Šiauliai und Joniškis eintrafen, war es für niemanden mehr ein Geheimnis, dass es nicht gut ausgehen würde. Die Männer wurden von den Frauen getrennt. Die Frauen schrien und verfluchten die Mörder. Es wird berichtet, dass eine jüdische Frau, die die Mörder besonders aktiv beschimpfte, mit den Männern abgeführt wurde. Die Grube wurde direkt vor dem jüdischen Friedhof ausgehoben. Sie schossen auf den Zaun des Friedhofs. Der Zaun trägt noch immer die Spuren der Kugeln - ein schreckliches Mahnmal für den Holocaust. 46 Menschen wurden erschossen. Die Frauen, Kinder und Großeltern wurden später nach Žagarė transportiert, wo auf Anweisung des Gebietskommissar J. Noreika ein Ghetto für die Juden des Bezirks eingerichtet wurde. Die Juden von Gruzdžiai und anderen Städten des Kreises Šiauliai wurden am zweiten Tag des Oktobers 1941 erschossen.
Ort des Massakers in Gruzdžiai
Gedenktafel
Jüdischer Friedhof Gruzdžiai
Davidsterne an der Friedhofmauer. An einer Mauer konnte man noch die Kugellöcher der Gewehrsalven sehen.
Interview von Claude Lanzmann mit Gebietskommissar Hans Gewecke
Infos über Šiauliai
Nationale Kunstgalerie Vilnius
Blick auf die Nationale Kunstgallerie aus der Luft (unten ist noch ein virtueller Rundgang durchs Museum!)
Die Nationale Kunstgalerie (Nationaline dailes galerija) liegt auf der nördlichen Seite der Neris, nicht weit vom ehemaligen sowjetischen Luxushotel "Lietuva", heute Radisson blue (zu empfehlen!). Zu sehen sind Bilder des 18. bis 20. Jahrhunderts sowie Skulpturen, Propagandaplakate aus polnischer und litauischer Seite (die den umstrittenen Status von Vilnius verdeutlichen). Es gibt sowohl Dauer- als auch Wechselausstellungen. Nicht oft sieht man Informationen im öffentlichen litauischen Raum, in dem die Rede von einem Bevölkerungsaustausch in Vilnius ist (nach 1941 gab es einen nahezu hundertprozentigen Austausch sowohl der polnischen als auch der jüdischen Einwohner). Außerdem wurde bei meinem Besuch ein Film über die ethnische Vielfalt der Einwohner von Vilnius installiert. Denn heute wissen die meisten Einwohner die Geschichte der litauischen Hauptstadt nicht (mehr).
Im Gegensatz zu vielen anderen Museen in Vilnius, fiel mir bei der Nationalen Kunstgalerie die ausgewogene Rezeption der litauischen Geschichte auf.
Besonders ist auch die enorme Weite des Museums. Beim Betreten des Museums kann man sich durchaus etwas verloren vorkommen. Die leeren Gänge sind weit und riesig. Die Ausstellungsräume wieder geschmackvoll arrangiert. Bei all den schönen Bildern und Skulpturen ist es sehr schwer eine Auswahl zu treffen. Deshalb werden es etwas mehr.
Hilfe zu den Erklärungen der einzelnen Bilder gab es von Eglė Nedzinskaitė vom Litauischen Nationalmuseum. Aciu!
Vor dem Museum steht eine Skulptur von Juozas Mikenas: Erste Schwalben, gebaut 1964 im Stile des sowjetischen Realismus, was auch immer das ist.
Weite Gänge
Großzügige Weite und Tiefe (sowohl räumlich als auch künstlerisch). Hier ein Film über die jüdischen "Wilne'er".
Hadassa Gurewicz Grodzka
Madassa Gurewicz-Grodzkas Selbstporträt fesselt den Betrachter durch die erlesene Schönheit sowohl des Gemäldes selbst als auch des Modells. Dieses bemerkenswerte Werk ist eines der wenigen, die von dieser talentierten Künstlerin überlebt haben, die dem Holocaust zum Opfer fiel. Hadassa, die Tochter von Melacher Gurewicz, dem Direktor des Hebräischen Gymnasiums in Vilnius, war in Vilnus für ihre Schönheit bekannt. Der Bildhauer Stamstaw Horno-Poplawski hat ihre anmutigen Züge ebenso festgehalten wie die einer anderen berühmten Schönheit aus den künstlerischen Kreisen von Vilnius in den 1930er Jahren, Placyda Siedlecka-Bukowska.
Ludomir Slendzinski Pilsudski verteidigt Vilnius 1927
Ausstellung
Akte
Bilder
Bilder
Antanas Samuolis Karikatur von Viktoras Vizgirda 1932 Litauisches Nationalmuseum
Von Links: Balys Macutkevičius Portrait von Stasys Šilingas 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts
Kayzs Šimonis Selbstportrait 1927 Vladas Drema Der Maler 1930
Liegender Akt, leider nur eine temporäre Ausstellung "Sieben Zwischenkriegs Künstler aus Vilnius"
Bilder und Statuen
Vincas Dilka Gründung einer Kolchose 1950, Litauisches Nationalmuseum
olchose
Arbeiter
Weitläufiger Raum
Ausstellung
Familien Portrait Ludomir Slendzinski 1933 (Nationalmuseum Warschau)
Ludomir Slendzinski, eine prominente Persönlichkeit der Vilniuser Kunstszene, malte sich gerne selbst. Während seiner Zeit in Vilnius schuf er mehrere Selbstporträts vor dem Hintergrund des Stadtpanoramas. Am eindrucksvollsten ist ein Selbstporträt, das seine Frau Irena und seine Tochter Julitta auf dem Balkon ihrer Wohnung in der Teatro-Straße zeigt Die Harmonie des Familienalltags wird durch die Schönheit der Stadt noch verstärkt. In diesem Werk hält Sleridziriski nicht nur einen der erfolgreichsten Abschnitte seines eigenen Lebens fest, der von familiärem Glück und beruflicher Anerkennung geprägt war, sondern auch die vielleicht glücklichste Zeit in der Geschichte von Vilnius in der Zwischenkriegszeit.
Polnischer Soldat verteidigt sein "Volk"? vor jüdisch-russischen Säbelschwingern (Vilnius wird von vielen Seiten beansprucht)
"Jeder der an Gott glaubt, in Verteidigung der Mutter Gottes des Tores der Morgenröte unter dem Banner des Adlers und des Vytis." 1919-20
Brief von der Front 1950, Alexandr Laktionov, Litauisches Nationalmuseum
Die von der Propaganda geschaffenen falschen Realitäten sollten die Bürger davon überzeugen, dass die von dem einen oder anderen totalitären System aufgezwungene Ideologie die Wahrheit ist. Auch wenn Lenin Vilnius nie besucht hat, würde ein realistisches Bild von ihm auf dem Hintergrund eines Stadtpanoramas die Betrachter wahrscheinlich an ihrem Wissen zweifeln lassen.
Außerdem sollte diese Kunst die Menschen dazu anregen, dem Staat zu dienen und Opfer zu bringen.
Die Schöpfer waren gehalten, dunkle Farben und Konflikte zu vermeiden. Die dargestellten Handlungen mussten Optimismus und Stolz vermitteln, indem sie die Entschlossenheit und Stärke eines Helden zeigten. Das Ziel dieser eindeutigen, verschönerten Kunst war es, kritisches Denken zu unterdrücken, damit niemand die Entscheidungen der Führer in Frage stellte.
Einer der bekanntesten Vertreter dieser Art von Kunst in der Sowjetunion war Aleksandr Laktionov (1910-1972). Seine fotorealistischen Gemälde mit ihren sonnigen Farben waren eine Freude für die Betrachter. "Ein Brief von der Front" (1947) ist sein berühmtestes Werk, eine ikonische Darstellung des Großen Vaterländischen Krieges. Als Litauen eine Sowjetrepublik wurde, schickte man eine Kopie dieses Werks an ein lokales Museum als Beispiel für den sozialistischen Realismus.
Die Texte stammen größtenteils von den Begleittafeln des Museums und von Eglė Nedzinskaitė vom Litauischen Nationalmuseum. Aciu!
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Genialer virtueller Rundgang durch die Nationale Kunstgallerie Vilnius
Universität Vilnius
Die schöne alte Universität von Vilnius liegt mitten in der Altstadt und ist die älteste Universität des Baltikums und eine der ältesten Universitäten in Nordeuropa.
Gegründet wurde sie 1579 als Jesuiten Akademie durch Stefan Bathory, Großfürst von Litauen und König von Polen. Der Adel bat die Jesuiten um Hilfe bei der Gründung einer höheren Lehranstalt. Die Universität Vilnius ist somit fast 200 Jahre älter als die in Moskau, was durchaus zu Spannungen führte, als die UdSSR noch existierte.
Einer der dreizehn Innenhöfe der Universität
Lehrsprache war Latein und Litauer stellten ca. ein Drittel der Schüler. Die anderen waren Deutsche, Polen, Schweden und Ungarn.
1575 stiftete Fürst Mikolaj Radziwill eine Druckerei, aus dem das älteste erhaltene litauische Buch stammt, ein Katechismus von 1595.
1753 wurde das Observatorium gebaut, das erste in Polen-Litauen und erst das vierte in Europa.
Ein weiter Hof
„In den runden Zimmern der Türmchen waren Teleskope aus dem achtzehnten Jahrhundert erhalten geblieben. Hier befand sich das Observatorium, das der Jesuit Martin Poczobutt errichtet hatte. Durch diese Teleskope beobachtete er die Kometen, den Merkur, die ersten Asteroiden; einmal, so seine Zeitgenossen, als er versuchte, die Umlaufbahn des gerade entdeckten Uranus zu präzisieren, war er nach mehreren schlaflosen Nächten so erschöpft, dass er einen Blutsturz erlitt und sich schon auf den Tod vorbereitete. Er verzeichnete auf den Himmelskarten ein neues Sternbild, das zu Ehren des letzten polnisch-litauischen Königs »Der Stier von Poniatowski« (Taurus Poniatovii) genannt wurde; voll Stolz brachte es Poczobutt auf einem Basrelief zwischen den anderen Sternzeichen unter. Von dort gelangte man durch einen niedrigen Torbogen in den größten und schönsten Hof, der den Namen des ersten Rektors Skarga trägt. Wenn der Poczobutt-Hof an ein idyllisches, halbdunkles Zimmer erinnert, so tut sich hier vor dem Auge des Betrachters ein weiter, italienischer Platz auf, an drei Seiten von gelblichen elliptischen Bögen umgeben und an der vierten von einer auffälligen Fassade begrenzt. Sie ist wie eine Orgel gestaltet, an der rechts ein mächtiger rechteckiger Glockenturm emporragt. Manche vergleichen ihn mit San Marco in Venedig.
Kirche des Heiligen Johannes
Die Fassade neben dem Glockenturm ist das vielleicht vollkommenste Werk von Johann Christoph Glaubitz. Der Architekt verschmolz sie mit der alten, sehr großen Johanniskirche. deren Inneres fast noch gotisch ist. Die Kirche hatte schon Jogaila gebaut. Ihr war die erste Schule in Vilnius und ganz Litauen angeschlossen, die Universität gründete man am gleichen traditionsreichen Ort. Die Fassade von Glaubitz ist Spätbarock, wahrhaft monumental, doch sie verflüchtigt sich gleichsam in die Luft. Ihre Mauer besteht ausschließlich aus Bögen und Wölbungen, wie ein Gewebe breitet sie sich aus - Säulenbündel verknüpft mit Nischen, Voluten, geschwungenen Karniesen und metallenen Ornamenten.
In der Johanneskirche. Rechts der Altar
Das mehrgeschossige Bauwerk wird nach oben schmaler, sein Relief leichter, und setzt sich gegen den Himmel mitschwungvollen, nichteuklidischen Bögen ab. Es bleiben weder Statik noch Materialität: die Architektur verneint sich selbst, sie dringt in die Sphären von Poesie und Musik vor. Vom gleichen Stil ist die kaleidoskopische Komposition der zehn Altäre im Inneren der Kirche - eigentlich gab es sogar zweiundzwanzig Altäre, doch die meisten wurden in der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts zerstört; damals wurden die zu Schuttgeschlagenen Skulpturen und Plastiken auf dreitausend Wagen abtransportiert.“ Tomas Venclova „Vilnius“ S.96
Der Smuglevicius Lesesaal. Untergebracht im früheren Speisesaal.
Fresken im Smuglevicius Lesesaal
Smuglevicius Lesesaal. Heute eher ein repräsentativer Raum.
Wenn Könige die Universität besuchten, mussten die Studenten ein Gedicht in ihrer Muttersprache verfassen. Es fanden sich bis zu 18 Sprachen. Auch das erste weltliche finnische Gedicht entstand in Vilnius.
1773 änderte man die Unterrichtsprache von Latein zu Polnisch. Auch als Litauen russisch besetzt war (ab 1795) blieb die Unterrichtssprache polnisch. Russisch kam zum Lehrplan hinzu. 1823 war die Universität von Vilnius eine der größten Unis in Europa.
Mit Unterbrechungen arbeitete die Universität bis heute. Weil der polnische Adel gegen den Zaren aufbegehrte (Novemberaufstand 1830) wurde die Uni von 1832 bis 1919 geschlossen.
Dazu schreibt Czeslaw Milosz:
"Das auf dem Kongreß geschaffene, auf einem seltsamen Prinzip aufgebaute Königreich Polen - der autokratische russische Zar war zugleich konstitutioneller König von Polen - lehnte sich gegen das Imperium auf, und es kam zum polnisch-russischen Krieg von 1830/31. Die Romantik war, in die Sprache der Politik übersetzt, eine nationalistische Bewegung und trat, im Namen der Befreiung der Völker, gegen die Großreiche auf. Ihre Ideen fanden vor allem unter der Jugend Verbreitung, und so rächte sich denn die russische Monarchie, indem sie die Universitäten schloß. Die Universität von Wilna hörte für lange Zeit auf zu bestehen."
Die Straßen von Wilna S.28
In den Nachkriegswirren des I. Weltkrieges gab es verschiedene Versuche die Lehrtätigkeit wieder aufzunehmen. Da aber mal die Russen regierten, dann die Litauer und wieder die Polen konnte die Universität nicht öffnen. Erst als Polen das Vilniuser Gebiet 1922 einnahm, konnte die Universität wieder arbeiten. Die litauischen Lehrkräfte verließen Vilnius und gingen an die Universität Kaunas.
Der weiße Lesesaal. Von hier gelangt man zur Sternwarte
1937 kam es zu ersten antijüdischen Diskriminierungen.
1939 besetzte die Sowjetunion Polen und Litauen und „schenkte“ Vilnius den Litauern. Kurze Zeit wurde die Universität von Litauern geleitet. Als erste Maßnahme wurden alle Schüler (3000) rausgeschmissen und den Professoren gekündigt. Sie mussten ihre Wohnungen verlassen. Die Universität wurde „Lituanisiert“. Einige ehemalige Lehrkräfte wurden von den Sowjets in Katyn ermordet.
Dann kam die deutsche Besatzung bis 1944.
Eingang und Treppe hoch zum Observatorium. Oben erwartet sie ein schöner Blick auf Vilnius
1955 wurde die Vilnius Universität in Vincas Kapsukas Universität (litauischer Kommunist) umbenannt
Das Gezerre der Nationen um die Universität war für den großen litauischen Gelehrten Tomas Venclova nervig:
„Diese Konkurrenz um die Universität kann man, wie alles nationalistische Gezänk, belächeln- oder auch fürchten. Die Kränkungen und Beschwerden der drei Völker [Litauer, Weißrussen und Polen] sind nicht aus der Luft gegriffen. Aber es ist eine Misere des neunzehnten, besonders des zwanzigsten Jahrhunderts. In der Zeit davor war die Universität von Vilnius weder litauisch noch polnisch, noch weißrussisch: sie war wie alle Universitäten jener Zeit Europäisch.“
T. Venclova „Vilnius“
Der J.Lelevelis Lesesaal Eindrucksvoll sind die Fresken.
„Ein Rektor der Universität, von vielen als wahrer litauischer Patriot verehrt, pflegte gerne stolz (aber nicht öffentlich) zu konstatieren, sein besonderes Verdienst für sein Land bestünde in der Beseitigung des ‚Polentums‘.“ T. Venclova „Der magnetische Norden“
Mit dem Studienjahr 1989/90 wurde der Studiengang Marxismus/Leninismus gestrichen. Seit 1990 ist die Universität wieder eine litauische Lehranstalt in einem demokratischen Staat. 2020 waren fast 20.000 Studenten eingeschrieben. Die Universitätsbibliothek umfasst 5,3 Millionen Bücher.
Ein besonderes Highlight (und gar nicht so alt) sind die 1976-84 gemalten Deckenfresken im „Zentrum für Lituanistik“. Die Fresken, nach Motiven der Baltischen Mythologie, erinnern an Hieronymus Bosch. Der Maler heißt Petras Repšys und Enstehungshintergrund war der 400. Jahrestag der Gründung der Universität.
"Vestibül des Zentrums für Litauische Philologie
Das Zentrum für Litauische Philologie befindet sich im zweiten Stock des östlichen Gebäudes des Sarbievius-Hofs. Das Vestibül ist mit dem Fresko "Die Jahreszeiten" des Künstlers P. Repšys geschmückt, das in den Jahren 1976-1985 entstand. Es ist in einer al-fresko Technik an den Bögen und oberen Wänden gemalt. Die Wandmalereien sind überwiegend in kräftigen Ocker- und Brauntönen gehalten, die Gewölbe in Dunkelblau. Farbe und Komposition der Fresken harmonieren ideal mit dem Innenraum, legen die strukturellen Elemente der Architektur frei und schaffen ein einheitliches künstlerisches Umfeld. Der Inhalt ist der litauischen Mythologie entnommen und enthüllt ein nationales Konzept der Weltharmonie. Die paradoxerweise realistische Darstellung von tanzenden und auf verschiedenen Instrumenten spielenden Figuren verdeutlicht die fantastische Natur der mythischen Welt. Aus all dem schafft der Künstler eine beeindruckende, unvergessliche Vision." Aus einer alten Ausstellung der Vilnius Universität (Danke Nijolė Bulotaitė!)
Das riesige Ensemble der historisch gewachsenen Universität (es gibt 13 Höfe, wirklich dreizehn!) besteht aus den in Litauen vorherrschenden Baustile:
Gotik, Renaissance, Barock und Klassizismus.
Petras Repšys Fresken 400 Jahre Universität Vilnius
Am schönsten sind die neueren Fresken von Petras Repšys.
Petras Repšys Fresken
Petras Repšys Fresken
Die Jahreszeiten
Sie können ungehindert auf dem Universitätskampus und auf den Höfen schlendern. Auch die Universitätskirche ist für Besucher offen.
Eine Innenbesichtigung ist nur nach Anmeldung möglich. Besonders interessant sind die Lesesäle (Smuglevicius, Lelevelis und Weißer Lesesaal). Der Smuglevicius Lesesaal mit den schönen Deckenfresken befindet sich im alten Refektorium (Speisesaal).
Entweder mit einem Reiseführer/in oder man fragt bei der Uni an:
Bibliothek der Universität Vilnius
https://biblioteka.vu.lt/
oder telefonisch:
+37052687103
Kleiner Tipp:
Achten sie bei der Organisation der Besichtigung darauf, dass die Räume mit den Fresken (sowohl die im Smuglevicius Saal, als auch die „Jahreszeiten“) sowie die Sternwarte in der Führung inkludiert sind.
Möchten sie sich auf Litauen vorbereiten, schauen sie mal bei unseren Bücherrezensionen vorbei. Tipp: Tomas Venclova, Vilnius
Ukmerge
Ukmerge Burgberg ©Regionalmuseum Ukmerge mit Dank an Kamilė Maskoliūnienė
Ukmerge ist eine Kleinstadt mit ca. 21.000 Einwohnern an der Autobahn von Vilnius nach Panevezys. Durch den Ort führt das Flüsschen Šventoji und Vilkmerge. Zuerst erwähnt wurde Ukmerge 1225. Auf dem Burgberg stand eine Holzbefestigung die im Laufe der Jahre mehrfach vom Deutschen Orden angegriffen und abgebrannt wurde. Im Zweiten Weltkrieg wurde die Stadt stark zerstört. Erhaltene Teile der Altstadt erinnern an die jüdische Vergangenheit und den Reichtum der früheren Großgrundbesitzer. In seiner Geschichte hatte das Städtchen Ukmerge viele Namen:
Ukmerge Stadtnamen
Wilkemerge or Wilkamergen in 1225, Vilkenberge (1333), Wilkinberg (1384, 1455), Vilkomir (1455), Wilkomir (1611), Wilkomirz (1613), Wilkomiria (1766), Ukmerge (1900), Aukmergė (1908); Ūkmergė (1911), Wilkomierz (1918), and Vilkmergė (1919).
Nach der ersten litauischen Unabhängigkeit 1918 änderte man den Namen der Sadt von Vilkmerge zu Ukmerge. Vilkmerge könnte Wolfmädchen bedeuten, ist aber nicht ganz eindeutig.
In der Umgebung gibt es sehr schöne Herrenhäuser, über die wir aber später berichten. Außerdem kann man das Geburtshaus von Präsident Antanas Smetona besichtigen. In den Wäldern bei Ukmerge wurden 1964 russische SS-4 Raketen stationiert.
Ukmerge Heimatmuseum
Das Ukmerger Heimatmuseum ist in einem ehemaligen sowjetischen Kino untergebracht. Interessant hier die klassischen Formen des Gebäudes. Das Kino wurde 1959 gebaut und hatte die erste Breitbildleinwand in Litauen. 1997 wurde das Kino geschlossen und das Gebäude an das Kulturzentrum Ukmerge übergeben. Seit 2005 ist hier das Regionalmuseum Ukmerge untergracht. 2016 wurde das Gebäude umfassend renoviert.
Ausgewogene Ausstellung
Das Museum hat eine komplett neue Ausstellung. Von Prähistorisch bis zur heutigen Zeit werden viele Themengebiete angesprochen. Auch die Verfolgung der Ukmerger Juden und der beginnende Nationalismus in Litauen werden gezeigt. Aber natürlich auch die Deportationen nach Sibirien und die litauischen Partisanen.
Dreifaltigkeitskirche von 1863
Talmud-Tora Schule gestiftet von Chaim Frenkel
Chaim Frenkel war ein berühmter litauisch-jüdischer Unternehmer aus Ukmerge, der mit der Verarbeitung von Leder reich geworden ist. Er stiftete die Talmud-Tora Schule in Ukmerge. Als sein Unternehmen größer wurde, zog er um nach Siauliai und baute eine riesige Lederfabrik, die unter anderem Schuhsohlen für Soldaten herstellte. Er betrieb die größte Lederfabrik im russischen Zarenreich und bekam vom Zaren die Konzession Sohlen für Armeestiefel zu produzieren. Während der deutschen Besatzung arbeiteten die im Ghetto Siauliai einsitzenden Juden in seiner Fabrik.
Straßenbild in der Altstadt
Kirche der Apostel Peter und Paul
Apostel Peter und Paul...Innenraum
Andenken an die litauische Unabhängigkeit (Lituania Restitutia)
Das erste Denkmal für die litauische Unabhängigkeit wurde 1930 erbaut und von den Sowjets 1951 abgerissen und auf dem Platz vergraben. Teile des Denkmals wurden im März/April 1989 wieder ausgegraben und das wiederaufgebaute Denkmal wurde am 16. Februar 1990 enthüllt. Das Denkmal aus Beton ist 16,70 m hoch und wiegt etwa 550 Tonnen.
Vom Burgberg in die Altstadt
Anfang des 20. Jahrhunderts lebten in Ukmerge 8.000 Juden bei einer Bevölkerungszahl von 15.000. Sie beherrschten Handel und Wirtschaft. Erstmals wurden sie 1685 erwähnt. Nach dem Einmarsch der Deutschen sind die letzten Juden am 18. September 1941 in einem Wald bei Ukmerge ermordet worden. Es wird über Zahlen zwischen 6 und 10.000 Getötete spekuliert. Neben mehreren kleinen Massakern beschreibt der Jäger Bericht eine große Aktion am 5.9.1941 (4.709, davon 1.737 Kinder).
Berühmt ist Ukmerge leider für ein Denkmal an Juozas Krikštaponis. Krikštaponis, dessen Onkel der ehemalige litauische Präsident Antanas Smetona war, diente während der deutschen Besatzung als Kommandeur der 2. Kompanie des 2. Bataillons des Volksarbeitsschutzes (TDA) von Major Antanas Impulevičius. Etwas über das Arbeitsschutzbataillon habe ich im Bericht über das Militärmuseum in Kaunas geschrieben (Link TDA).
Das 2. Bataillon hat im Herbst 1941, zusammen mit den Deutschen, 46.000 Menschen, meist unbewaffnete Juden, in Weißrussland erschossen.
Nach dem Rückzug der Wehrmacht war er Partisanenführer der litauischen Waldbrüder (Kommandeur des Partisanendistrikts Vytis). Genau wie Jonas Noreika in Vilnius werden bei ihm die antikommunistischen Aktivitäten gesehen, die ungeheuren Verbrechen gegen die Menschlichkeit gerne vergessen oder negiert.
Als ich das Heimatmuseum besuchte, fragte ich am Eingang, wo denn das Denkmal für Krikštaponis zu finden sei. Komischerweise ist es nicht bei google maps verzeichnet (wohl aber bei streetview). Kurz darauf kam ein Historiker des Museums, der Deutsch konnte. Er erklärte mir, wo das Denkmal ist. Die Taten von Krikštaponis seien aber gar nicht bewiesen. Es gäbe einfach zu wenige Hinweise, was er im TDA gemacht habe. Außerdem käme der ganze Ärger (besonders aus dem Ausland) nur von einer Jüdin (Faina Kukliansky) aus Vilnius. Und wenn es keine Beweise gäbe, so solle das Denkmal doch stehen bleiben. So denken viele Litauer.
Ukmerge Fazit
Der Burgberg in Ukmerge ist einer von Zweien, die im Zentrum eines litauischen Ortes sind. Zudem gibt es eine Wendeltreppe hinauf und der Berg ist abends beleuchtet. Die Altstadt erinnert (mich) an seine jüdische Vergangenheit. Das Heimatmuseum ist sehr modern und gar nicht so schlecht eingerichtet. Ansonsten ist Ukmerge im Krieg zerstört worden und es ist nicht mehr viel Interessantes zu sehen.
Die Herrenhäuser und das Geburtshaus von Antanas Smetona in der Umgebung Ukmerges werde ich noch besuchen.