Ieva Simonaitytė

 Ieva Simonaitytė

Ieva Simonaitytė war eine bedeutende litauische Schriftstellerin. Geboren wurde sie am 23. Januar 1897 in Vanagai, dem damaligen Ostpreußen als Tochter der Magd Etmė Simonaitytė. Vater war der litauische Hofbesitzer Jurgis Stubra, bei der Ievas Mutter gearbeitet hat. Besondere Verdienste hat sie für die Schilderung des Lebens in Kleinlitauen (Ostpreußen).

Im Alter von fünf Jahren erkrankte sie an Knochentuberkulose, an deren Folgen sie zeitlebens litt.

Mit siebzehn Jahren wird ihr ersten Gedicht in der Zeitung Tilzes keleivis (Der Tilsiter Reisende) abgedruckt. Es hieß Ak karas, karas išgąstingas (Ach, Krieg, schrecklicher Krieg).

Von 1916 bis 1922 erlernt sie den Beruf der Näherin und arbeitet.

1919 tritt sie der Jugendorganisation Egle bei und wird zu deren Sekretär gewählt. Sie schreibt kleine Artikel und Gedichte, die in verschiedenen Zeitungen abgedruckt werden.

1921, Deutschland hatte durch den verlorenen Krieg die Kontrolle über das Memelland verloren, zog Simonaitytė nach Memel und arbeitete im litauischen Konsulat. Sie lernt Maschinenschreiben, Korrekturlesen und Stenographie. 

1922 Sie arbeitet in der Redaktion der Prūsų lietuvių balsas (Stimme der preußischen Litauer), die die nationalen Interessen Litauens und die Zusammenarbeit mit dem großen Litauen förderte, die litauische Sprache verteidigte sowie über litauische Bräuche und Traditionen schrieb.

1923 Ieva nahm an den Aktionen zur Übernahme Memels durch Litauen teil.

1923 Arbeitet als Redakteurin in der litauischen Presse und als Schreibkraft im Büro der litauischen Verwaltung des Memelgebietes.

1924 Sie beginnt mit der Arbeit Aukštųjų Šimonių likimas (Das Schicksal der Šimoniai aus Aukštųjai).

1925 Sie arbeitet als Schreibkraft bei der Zeitung Lietuvos keleivis (Der litauische Reisende). Diese Zeitung löste die "Stimme der preußischen Litauer" ab, da die Litauer ja nicht mehr preußisch waren.

Er schrieb über die Probleme der Region Klaipeda, beschäftigte sich mit wirtschaftlichen und politischen Fragen Litauens, veröffentlichte Auslandsnachrichten, unterstützte die Politik der damaligen Regierung, diskutierte litauische Probleme.

Ihre Erzählung "Pikčiurnienė ir jos seserys" (Pikčiurnienė und ihre Schwestern) erschien 1925.

1925 Im November wird sie zum Vorsitzenden der Jugendorganisation Viltis (Hoffnung) gewählt. 1926 kommt sie in den Vorstand der Jugendorganisation Santara.

1933 Im Litauischen Reisenden wird in 32 Ausgaben "Tu amzinai mane minesi" (Du wirst dich ewig meiner erinnern) abgedruckt.

1935 Das Manuskript ihres Buches "Aukštųjų Šimonių likimas" ist fertig. 1936 bekommt sie für ihr Buch den Staatspreis für Literatur im Kaunasser Staatstheater überreicht.

1938 Ihre Erzählung "Pavasariu audroj" (Im Frühlingssturm) erscheint. Sie wird in den litauischen Schriftstellerverband aufgenommen.

1939 Bei einem Krankenhausaufenthalt in der Schweiz schreibt sie die Erzählung "Be tevo" (Ohne Vater).

       Nach ihrer Rückkehr wohnt sie in Telsiai, da Ostpreußen durch ein Ultimatum der Nationalsozialisten wieder an Deutschland fiel. Der erste Band von "Viius Karalius" erscheint.

 1939 Ieva Simonaitytė nimmt die litauische Staatsbürgerschaft an.

1940 Litauen ist mittlerweile sowjetisch besetzt (Hitler -Stalin Pakt). Der Volkskommissar für Bildung, Antanas Venclova (Vater von Tomas Venclova   (Litauen und EU Buch "Vilnius") holt Simonaitytė nach Kaunas, wo sie im Haus des Schriftstellerverbandes wohnt.

1941 In der Zeitung "Tiesa" (Wahrheit) wird ihre Erzählung "Molinis ir Liaudzemis (Der Irdene und die Liaudzemis) abgedruckt. Außerdem erscheinen "Mares vargai" (Mares Sorgen), Fragmente von 

Pikčiurnienė und "Be tevo".

1948 Sie wird in den "Rat der Abgeordneten der werktätigen Menschen" in Kaunas gewählt. Das gleiche 1950, 1953, 1957 und 1959.

1953 Pikčiurnienė erscheint.

1956 Vilius Karalius erscheint in zwei Bänden. Bis 1958 werden ihre "Rastai" (Schriften) in sechs Bänden herausgegeben.

1958 Für "Vilius Karalius" erhält sie den Staatspreis der LSSR.

1962 Das zweite Buch ihrer autobiographischen Trilogie "Ne ta pastoge" (Nicht das Zuhause) erscheint.

1963 Umzug nach Vilnius.

       Das dritte Buch ihrer Trilogie erscheint "Nebaigta knyge" (Das unvollendete Buch)

1967 Ihr wird der Titel "Volksschriftstellerin der LSSR" zuerkannt.

1970 Ihr Roman "Paskutine Kunelio kelione" (Kunelis letzte Reise) wird veröffentlicht.

1972 Ein weiteres Buch zu ihrer Trilogie erscheint "Gretimos istorijeles" erscheint (Kleine Geschichten am Rande).

1978 Durch einen Herzinfarkt verstirbt sie und wird auf dem "Schriftstellerhügel" des Friedhofes Antakalnis beerdigt.

2019 Ihr Buch Vilius Karalius erscheint erstmals in deutscher Übersetzung    

 

In ihrem über siebenhundertseitigen Werk "Vilius Karalius" schildert sie die Lebensumstände der Litauer in Ostpreußen in den ersten zwanzig Jahren den 20. Jahrhunderts. Der Leser erfährt einerseits viel über die Kultur der litauischen Einwohner von Deutschlands nord-östlicher Provinz (bis 1922 gehörte das Memelland zu Deutschland, der litauische Bevölkerungsanteil lag bei ca. 20 %), andererseits ist das Buch voll mit antideutscher Propaganda. Simonaitytė war sehr antideutsch eingestellt. Meine Vermutung, dass hätte etwas mit dem Verhältnis ihrer Mutter mit ihrem leiblichen Vater zu tun, bestätigte sich nicht. Auch ihr Vater, bei dem Ievas Mutter als Magd arbeitete, war Litauer.

 

Irma Antanaityte meint dazu (in den Annaberger Annalen 25/2017), dass Simonaityte "ihre Memelländer liebte" und "Wer lediglich eine Seite wählt, kann der anderen Seite keine Anhänglichkeit zeigen... "

Die Selbstaussagen von Simonaityte würden belegen: "... dass es ihr nicht möglich war, ein positives Bild der Deutschen zu vermitteln. In den späteren Romanen, die in der Sowjetära geschrieben wurden, als die negative Sicht auf Deutsche Teil der sowjetischen Ideologie war, passte Simonaityte ihre Sichtweise an die Forderungen dieser Zeit an. Literaturforscher Vytautas Kubilius schreibt in seiner Monographie über das Werk von Simonaityte: 'Die Vereinigung des Memellandes mit Litauen wurde für Simonaityte zum entscheidenden Argument, die sowjetische Ordnung ohne irgendwelche Zweifel zu akzeptieren.' "

Frau Anatanaityte folgert:

"Das Bild der Deutschen im Werk von Ieva Simonaitye ist ausschließlich negativ dargestellt...", obwohl sie die deutsche Kultur liebte und Simonaityte ein "Zögling der deutschen Kultur" war.

 

Interessant ist auch die heutige positive Aufnahme Simonaitytės in Litauen. Bei den ganz jungen Litauern bin ich mir nicht sicher, aber fast alle Litauen haben Kontakt mit "Vilius Karalius" gehabt. Das Buch war Unterrichtsinhalt in jeder Schule. Das ist etwas seltsam, haben die Litauer doch eigentlich Probleme mit einer zu großen Nähe zur sowjetischen Nomenklatura. (Anders ist das bisher bei der Kollaboration mit den deutschen Besatzern ab 1941). Tomas Venclova, ein litauischer Autor der 1977 aus der Litauischen SSR emigrieren musste, wird in Litauen heute noch oft die hohe Funktion seines Vaters Antanas als litauischer Literaturfunktionär vorgeworfen. Allerdings ist Tomas Venclova auch unbequem für die litauischen Nationalisten.

 

Ieva Simonaitytė hat sich immer gegen eine Übersetzung ihrer Bücher ins Deutsche gesträubt. Nur einmal erschien ein Text, scheinbar auf sowjetischen Druck, 1955 in der Zeitschrift "Sowjetliteratur". 

 

Interessant auch:

Buchbesprechung Vilius Karalius 

Kleider machten (litauische) Leute: Ieva Simonaitytės Liebe zum textilen Detail von Manfred Klein in den Annaberger Annalen

"Deutsch-litauische Beziehungen bei I. Simonaitytė" von Dr.Silva Pocytė

 

 

Quellen: Wikipedia, Vytautas Kubilius "Das Schaffen der Ieva Simonaityte" in Annaberger Annalen (5-1997)