Lithuanian painting 1960-2013
Litauische Malerei 1960-2013
Das Buch "Litauische Malerei 1960-2013" spiegelt die Kunstsammlung von Viktoras Butkus und Danguole Butkiene wider, die jahrelang Bilder der sowjetisch-litauischen Kunstszene und ab 1990 die endlich freien litauischen Künstler gesammelt haben. Es gibt in Litauen kein anderes Buch, das einen vergleichsweisen Umfang an Künstlern und Bildern bietet. Die Ansprüche, die die Herausgeber dieses Kunstbuches dementsprechend haben, sind hoch:
"Dieser Bildband ist Teil der Bemühungen des MMC (Modernaus Meno Centras) die künstlerische Erziehung von Kindern und Erwachsenen zu entwickeln und das künstlerische Erbe Litauens größter Talente aufzunehmen, zu archivieren und zu verbreiten sowie unsere Gesellschaft zu ermutigen, stolz auf ihre Kultur zu sein und die litauische Identität damit zu stärken."
358 Bilder von 91 Malern werden gezeigt. Ausführliche Einleitungen von Raminta Jurenaite (Professorin für litauische Kunst), Edward Lucie-Smith (Britischer Kunsthistoriker), Eckhart Gillen (Deutscher Kunsthistoriker und Kurator), Krzysztof Stanislawski (Polnischer Kunstkritiker und Kurator) begleiten das Buch und geben eine Einführung in die Sammlung und die Geschichte der Entstehung. Außerdem werden die Künstler kurz beschrieben und ihre wichtigsten Ausstellungen erwähnt.
Lithuanian painting wurde 2014 herausgegeben und erschien auf Litauisch und Englisch.
Ehemaliges Kino "Lietuva" Danke für das Foto an ©Bikerdream E.Potthoff
Das MMC (Modernaus Meno Centras - Modern Art Center) verwaltet die Bilder, die leider noch nicht ausgestellt sind. Mittlerweile ist der Neubau eines Museum durch den US-amerikanischen Stararchitekten Daniel Libeskind geplant, das 2019 eröffnet werden soll. Es soll an Stelle des ehemaligen Kinos "Lietuva" gebaut werden. Eine sehr gut gemachte Online Präsentation der Bilder mit Lebenslauf und Beschreibung der Künstler gibt es auf der Webseite des Modern Art Museums.
Das geplante Modern Art Museum (MMC) des Stararchitekten Daniel Libeskind. Foto ® mmc Vilnius
In der Literatu Strasse (Altstadt von Vilnius) gibt es ein Ladenlokal des Modernaus Meno Centras, also des Modern Art Centers, in dem man Bücher, Karten und weitere Kunstprojekte kaufen kann. Hier gibt es auch das hier besprochene Buch.
Die gesamte Sammlung des MMC umfasst etwa 100 Künstler und 3.000 Kunstwerke (darunter auch Fotografien).
Witzig war es, als ich beim Lesen des Buches ein bekanntes Gesicht sah. Die Vilniuser Malerin Patricija Jurkšaityte war vor einigen Jahren in Marl bei einem Kunsthappening (initiiert von Hubert Schulte Kemper in der Jehudi Menuhin Halle) mit zwei anderen litauischen Künstlern tätig. Meine Frau war dabei Dolmetscher und so waren die Künstler auch Gast bei uns zu Hause und trugen sich ins Gästebuch ein. Die dabei entstandene Zeichnung halten wir in Ehren.
Am Ende eine kleine Anekdote.
Über Kunst – und natürlich besonders moderne Kunst – kann man sich ja trefflich streiten. So will ich die Bilder nicht weiter kommentieren. Kunstkritik ist schwierig und wahrscheinlich muss man dafür nicht umsonst lange studieren. Da ich natürlich kein Kunstkritiker bin, hier ein Vergleich wie ich ein Bild beschrieben hätte und es der Kunstkritiker Eckhart Gillen im Buch "Lithuanian paiting" tat. Gillen scheint "Donnerstag" auch aufgefallen zu sein, da er es in seinem Vorwort zu "Lithuanian painting" erwähnt. Ein Bild war mir nämlich nach der Lektüre des Buches besonders im Gedächtnis geblieben: "Donnerstag" von Kostas Dereškevicius aus dem Jahre 1976 (S. 151). Eine blonde Dame in schickem Pullover und roten, engen Hosen, bringt Müll aus dem Haus und schüttet es in einen Müllcontainer. Der Betrachter sieht die Frau nur von hinten. Man kann ihre Schönheit nur erahnen. Die Fantasie lässt sie aus einem typischen sozialistischen Plattenbau kommen. Die schöne Frau und die profane Tätigkeit des Müll Entleerens. Mehr würde mir nicht einfallen. Ich finde das Bild schön, ohne es weiter begründen zu können.
Der Profi und Kenner Gillen schreibt über das gleiche Bild:
"Ein herausragender Vertreter dieser ironisierenden und parodierenden Richtung mit Sinn für visuelle Pointen und absurde Situationen ist Kostas Dereskevicius (geb. 1937), der allein schon die Entdeckung und Erkundung der litauischen Kunst rechtfertigen würde. In einem Gemälde wie „Donnerstag“ (1976) verdichtet sich in der banalen Szene der jungen blondhaarigen Frau mit ihren signalroten Leggings, die ihren Mülleimer in die Tonne leert, das Leben des litauischen „Homo sowjetikus“ zu einer Allegorie, die den extremen Gegenpol bildet zu den in den 1960er Jahren entstandenen Ikonen litauischer Mythologie und Volkskunst. Allein schon der schlichte Titel „Donnerstag“, der Tag, an dem die Müllabfuhr kommt, signalisiert diesen Wechsel zum lakonischen Statement, das aber im Widerspruch steht zu der souveränen und virtuosen Beherrschung aller malerischen Mittel durch Dereskevicius, welche die westliche Moderne und Postmoderne ihm anbietet."
Hört sich schon besser an!
Man muss nicht alle enthaltenen Bilder mögen, aber "Lithuanian painting" gehört in das Bücherregal eines jeden Litauen Freundes.
Unsere Empfehlung!
"Lithuanian painting" kostet 26 Euro bei MMC. MMC schickt die Bücher auch zu. Alternativ kann man sie im Ladenlokal des MMC abholen.