3. Tag Dienstag Aukstaitija
Nach einem guten Frühstück mit Stasias selbstgebackenem Brot mache ich mich auf Richtung Ignalina. Ich möchte den Aukstaitija Nationalpark noch einmal besuchen. Der letzte Besuch mit dem Auto ist schon lange her.
Die Strassen dorthin sind leicht kurvig und in einem auf und ab, wie schmale Bänder auf die Wiesen und Felder gelegt.
Wie schon seit Beginn der Reise, verwöhnt mich wieder das Wetter mit purem Sonnenschein. Probleme macht mir etwas der Nacken. Durch das schwitzen kühlt ihn der Fahrtwind trotz Haube aus und er fängt an zu stechen. Muss mich zu Hause mal nach etwas wärmeren umschauen.
Mein erstes Ziel ist das Imkereimuseum in Stripeikiai im Aukstaitija Nationalpark
Birzai- Aukstaitija Nationalpark Bienenmuseum
Auf der Hinfahrt nehme ich die Route Vabalninkas (die Strecke geht wunderschön durch den Wald, parallel zur Via Baltica), Kupiskis und Utena.
Maria Himmelfahrts Kirche in Utena
Denkmal für die Deportierten 1941 Externer Glockenturm
Da ich mir Utena noch nie angeschaut habe (bekannt ist nur das Utena Bier), kreuze ich durch den Ort um Sehenswürdigkeiten zu finden. Laut Reiseführer gibts hier nicht viel. Nur mit Navi Hilfe finde ich die Christi Himmelfahrtskirche. Die ist äußerlich ein recht unscheinbarer Backsteinbau, innen aber recht schön, mit einer großen Kuppel über dem Altar. Vor der Kirche steht separat der Glockenturm, ähnlich wie in Vilnius. Außerdem steht hier das obligatorische Denkmal für die litauischen Deportierten der Jahre 1941 und 1944 (durch die sowjetischen Besatzer). Auf Tafeln stehen Namen und Herkunft, viele kommen nicht aus Utena.
Beim rumkurven in einer Sackgasse fällt mir die BMW um und der Stecker der Bordsteckdose bricht ab. Von nun an wird das Navi im Handy nur noch in Notfällen eingeschaltet, da die BMW Stecker in Litauen nicht zu finden sind.
Leider hat Utena gar keinen Charme, zumindest habe ich ihn nicht gefunden. Also weiter..
Abfahrt zum Imkereimuseum
Kurz nach Utena führt mich ein Hinweisschild zum Imkereimuseum nach links in den Wald. Das Museum habe ich von einem früheren Besuch mit meiner Frau noch sehr positiv in Erinnerung. Obwohl mein Navi (Batterie reichte noch) die Weiterfahrt empfahl, folgen wir dem Schild "Bienenmuseum 3 km". Leider ist der Weg eine Schotterpiste. Na ja, die Rittmeisters und andere Baltikum Motorradfahrer haben gefühlt nur Schotterpisten befahren, da machen mir doch die drei Kilometer nichts aus.
Aus dem Schotter wurde aber Sand. Und aus der geraden Piste wurden Hügel. Ich habe uns schon im Graben gesehen, für mich und meine BMW mit zusammen 350 Kilo war das grenzwertig.
Beim balancieren über die Sandrillen dachte ich an Arunas Artikel von der APL (rund um Litauen Fahrt über Stock und Stein).
Ich bewundere die Teilnehmer.
Endlich und nach viel Schweiß erreichen wir das Imkereimuseum mitten im Wald. Natürlich lag auch hier wieder überall tiefer Sand und es hieß absteigen und auf eine Stelle mit Schotter rangieren.
Endlich kein Sand unter den Rädern
Die Hinweistafeln sind in Litauen löblich und meist zweisprachig
Kasse
Beim Kauf der Eintrittskarten antwortete die Dame an der Kasse auf meine Frage, wie ich heile wieder hier weg komme: "Alle Wege im Wald seien gut". Sie meinte aber, der Weg nach links sei weniger sandig und er führe mich auch zu meinem nächsten Ziel, die Wassermühle des ANP.
Nach dem Bezahlen von 4 Litas schaute ich mir die drei Häuser mit Exponaten über Honig: Herstellung- Produkte und Kunst an.
Da sich über Ausstellungen genauso wie über Kunst streiten lässt, erfreute ich mich an der Natur, der Außenanlage mit Holzschnitzereien (Thema natürlich Bienen und Honig), den Bienenhäusern und dem sehr klaren Fluss Tauragnai.
Träger bringen einen Honigbaum heim Imkereimuseum
Imkereimuseum Eingangsfigur
Erstes Haus des Museums
Innenansicht Museum
Ansichten in Stripeikiai
Fluss Tauragnai
In meinem Reiseführer "Litauen" von Günter Schäfer (2009) wird das Imkereimuseum als interessanteste Sehenswürdigkeit von ganz Litauen beschrieben.
Dem kann ich nicht zustimmen. Die Fahrt in den ANP (Aukstaitija Nationalpark) ist wunderschön. Schon in der Umgebung des ANP überwiegen alte Bauernhäuser und Höfe aus früheren Zeiten. Die Wälder, Seen und die Sehenswürdigkeiten machen den Reiz des ANP aus. Allein wegen dem Imkereimuseum zu kommen lohnt sich (meiner Meinung nach) nicht.
Weiter gehts, der Empfehlung der netten Dame folgend, auf dem linken Weg in den Wald, Richtung Wassermühle Ginuciai.
Der bessere Weg raus aus dem Wald
Der Weg durch den Wald war auch glücklicherweise viel besser als der Anfahrtsweg und irgendwann hatte die BMW wieder Asphalt unter den Rädern.
Wassermühle Ginuciai
Ablauf des Wassers
Kurz darauf kam die Wassermühle. Bei unserem letzten Besuch war Hochsommer und das Cafe hatte auf und es herrschte Trubel. Jetzt, am 8. Mai hatte die Saison gerade erst begonnen. Die Mühle ist schön (eine typische Wassermühle), der Fluss und die Natur, die noch mit den Folgen des harten Winters kämpfte.
Aber der Flair von unserem Sommeraufenthalt fehlte. Das Cafe öffnet erst in der Hochsaison. Weit und breit keine Möglichkeit einzukehren.
Schön war die Fahrt in dieser reizvollen Landschaft.
Katija verkaufte mir die Eintrittskarte für die Mühle. Da sie perfekt Englisch spricht, frage ich sie, warum sie hier arbeitet und überhaupt noch in Litauen ist. (Hört sich grob an, aber viele junge Leute gehen zum Geldverdienen ins Ausland).
Sie erzählt, dass sie gerade erst aus Irland zurück gekommen ist. Wegen der Familie und der Liebe.
Ich erzähle ihr von meinen Erfahrungen aus Zemaitija. Sie meint, vielleicht bekommt man durch einen Auslandsaufenthalt einen höheren Horizont. Ich kenne da auch Gegenbeispiele und so einigen wir uns, dass es an der Persönlichkeit der Menschen liegen muss.
Sie empfiehlt mir unbedingt den Ladakalnis anzuschauen, eine Hügelkette in der Nähe, auf der sich früher Holzburgen befanden. Ich verabschiede mich und fahre auf gutem Boden Richtung Ladakalnis.
Papiliakalnes - zum Ladakalnis gehts noch etwas weiter oder man läuft über den Hügelkamm
Kurz darauf erreiche ich die gut beschilderten Burghügel. Die Bergchen dienten mal als Verteidigungsanlagen der Litauer. Später werde ich ähnliches auf der Tour Kaunas (an der Memel entlang) nach Jurbarkas sehen.
Blick vom Piliakalnis
Leider habe ich die Beschilderung missverstanden und bin hoch zum Papiliakalnis gelaufen. Von hier aus kann man mehrere Hügel besteigen oder zu Fuß zum Ladakalnis auf dem "Bergkamm" entlang wandern. Hier hat man schon eine schöne Aussicht auf mehrere Seen. Piliakalnis und Ladakalnis liegen malerisch zwischen den Seen Linkmenas und Ukojas.
Die Gegend wird auf mehreren Hinweistafeln zweisprachig erklärt. Wie leider oft in Litauen sind die Schilder teilweise zerstört.
Wegen der Motorradkombi und meiner Kondition war ich schon am schnaufen und ging zur BMW zurück. Sie soll ja auch nicht lange alleine stehen.
Unten angekommen setze ich mich an den Linkmenas See und studiere die Karte. Plötzlich ein lautes Platschen in der Stille dieser Abgeschiedenheit. Leider war es wieder kein Elch, nur eine dicke Ente die ins Wasser gesprungen ist.
Ich entscheide mich die Straße am See bis zum Ladakalnis weiter zu fahren und wandere dort den Hügel rauf.
Zum Ladakalnis kommt man über diese Sackgasse am Linkmenas See
Aussicht vom Ladakalnis
Oben angekommen erfreue ich mich der Aussicht, die hier viel besser ist. Viele Seen sind zu sehen. Auf einem Hinweisschild wird auf die frühere litauisch- polnische Grenze von 1920 bei Antalksne hingewiesen. Interessant wie wechselhaft die Geschichte und die Herrschaft über diese Ländereien war (hoffentlich war). Und wie gut das man sich in Europa sicher und frei bewegen kann. Schätzen leider nicht so viele, wie ich in Birzai feststellen konnte.
Der Ladakalnis ist 175 Meter hoch und war früher ein heiliger Ort für die heidnische Gottheit Lada. Ein schöner Ort!
Barrierefreiheit auf dem Ladakalnis
Da die Fahrt zurück nach Birzai lang ist, mache ich mich auf die Reifen.
Das Navi hat noch genug Strom und ich wähle die nördliche Route über Zarasai. Die Strassen sind gut, deshalb nervt auch bald die Navigon Meldung: "Achtung". In den Wäldern fahre ich wegen dem Wild langsamer.
Schnee neben der Straße am 7. Mai 2013
Meinen ursprünglichen Plan in Rokiskis Halt zu machen (mir hat es die Stadt angetan und im Cafe neben der Kirche gibt es gutes Essen) gebe ich auf, weil sich die Strecke einfach zieht. Zarasai liegt auf dem Weg und lädt zu einer näheren Besichtigung ein.
Pflasterstraße, Marktplatz und schöne Kirche
Bibliothek und Museum
Futuristische Brücke zum See
Malerisch zwischen zwei Seen gelegen (Zarasas) gibt der große Marktplatz und die Maria Himmelfahrt Kirche dem Ort einen netten Flair. Eine Passantin meinte, im Sommer sei es noch viel schöner.
Im Maxima Supermarkt kaufe ich Milch und Brot und mache Rast am Zarasas See. Die Natur, eine moderne Edelstahlbrücke zum Seeufer und das Heimatmuseum in meinem Rücken (sowjetischer Barock?) bilden einen interessanten Kontrast.
Maria Himmelfahrt Kirche Zarasai
Von Außen schön, innen war die Kirche in Utena schöner: Maria Himmelfahrt Kirche
Da es immer noch 117 Kilometer bis Birzai sind, fahre ich an Rokiskis vorbei.
Spät komme ich in Birzai an. Bei einem leckeren Birzu Alus werden Pläne für den nächsten Tag geschmiedet.