Wilhelm Storost Vydunas

Die Lebenswelt im Preussischen Litauen

Wilhelm Storost Vydunas

Die Lebenswelt im Preussischen Litauen

Ums Jahr 1770 in den Dichtungen des Pfarrers Christian Donelaitis mit ihrer völkischen Bedeutung.

Vydunas, so war bekanntlich der Künstlername des Wilhelm Storost, geboren 1868 bei Silute, gestorben im Detmolder Exil 1953.

Als ich sein Werk „Die Lebenswelt im Preussisch Litauen“ las, wurde ein wenig klar, warum er so produktiv war. Laut Vorwort in einem anderen seiner Bücher „https://alles-ueber-litauen.de/litauen-buecher/vydunas/vydunas-litauen“ hat er mehr als 60 Bücher, Dramen, historische Werke, Lehrbücher, wissenschaftliche Werke sowie Liedersammlungen geschrieben.

„Die Lebenswelt im Preussischen Litauen“ ist nämlich „nur“ eine 53-seitige Zusammenfassung von Christionas Donelaitis berühmten Buch „Die Jahreszeiten (Metai)“. Das erste in litauischer Sprache gedruckte nicht religiöse Buch Litauens.

Geschrieben und veröffentlicht wurde die Schrift 1947 in Detmold. Storost konnte vor der Roten Armee nach Westen fliehen. Etwas in Kontrast zu dieser 53-seitigen „Metai“ Zusammenfassung steht seine Meinung zu Donelaitis in einem schon 1916 verfassten Buch „Litauen in Vergangenheit und Gegenwart“. Dort schrieb er etwas weniger begeistert:

Man kann „…fast beständig die Wendung finden, daß die litauische Nation nur einen Nationaldichter besitze…  Das ist aber nicht ganz richtig.

Er war ein Meister seiner Sprache und besaß die Gabe der poetischen Schilderung in ganz besonderen Grade. Und seit Rhesa sind die Epen des Donalitius das Sprachstück, an dem man die litauische Sprache zu studieren pflegte. Und schliesslich waren dann die Jahreszeiten die einzige litauische Dichtung, die erwähnt zu werden verdiente.

Dennoch gibt sie trotz der vornehmen Hexameter, trotz des Reichtums an poetischen Bildern dem gebildeten Litauer der Gegenwart nicht mehr viel.

Ihre Sprache ist von slavischen Ausdrücken, für die man sehr gute altgebräuchliche litauische Worte hat geradezu überladen. Zudem ist der behandelte Gegenstand völlig bar jeder höheren Idee.“

Gegliedert ist „Die Lebenswelt“ in eine Einleitung, „Überlegungen zum ‚Schicksal des Litauertums‘ “ einem Hauptteil mit der Zusammenfassung von Donelaitis „Jahreszeiten“ Frühling, Sommer, Herbst und Winter. Und am Schluss Bemerkungen zum „Volkstum und dem wahren Menschsein“.

Während Vydunas Buch Litauen „https://alles-ueber-litauen.de/litauen-buecher/vydunas/vydunas-litauen“ eine spannende Erzählung über Litauen und seine Geschichte ist, kommt mir die Lebenswelt vor wie eine esoterische Abhandlung eines durch Flucht und Trauma tief verstörten Mannes.

Textstellen wie „Doch muss man sich immer wieder sagen, daß alles, was es zu erleben gibt, einen Sinn verwirklicht. Mit alledem vollzieht sich ein schöpferisches Geschehen. In schweren Zeiten kommen die Menschen eher zur Besinnung auf sich, auf wahres wesenhaftes Menschentum. Die Menschen, ja oft auch das ganze Volk erwacht gleichsam für das, was das Menschsein bedeutet. Wo das geschieht, gewinnt damit auch die ganze Menschheit eine Förderung. Ein jedes Volk geht ja aus dem Schöpferwillen hervor und hat deshalb auch eine Verpflichtung für die ganze Menschheit. “ 

Was? Auch für 1947 ist dieser Schreibstil seltsam.

Weiter preist Storost das reine litauische Volkstum, kritisiert die Vermischung mit anderen Kulturen und lobt Donelaitis Wunsch nach ethnischer Reinheit:

„Vor allem war ihm wichtig, daß sie ihre litauische Eigenart werthielten. Ihm war offenbar bewußt, daß da, wo die Eigenart des Volkstums schwindet, wo die Menschen dazu neigen, sich fremder Volksart anzugleichen, daß da das gute Menschentum absinkt und die Menschen in allerlei Übel geraten.“

Der Litauer folge also dem schlechten Beispiel der Fremden, obwohl eigentlich edle Menschlichkeit seine Natur ist.

Die kann er aber nur entfalten, wenn er sich nach der Weise der Vorfahren, deren Vorbild und Sprache verhält.

Wie nennt man sowas heute? Altherrenrassismus?  

Weiter geht’s. Die Sprache der Bauern in Donelaitis Erzählung sei so derb, wie sie in Wirklichkeit „…nur gewisse Menschen in jener Zeit anwandten, im Allgemeinen aber von den Litauern nicht gesprochen werden.“

„Die Litauer sollten sich immer als die Heimatmenschen erweisen, die schon immer hier gewohnt haben (er redet von Ostpreussen, dass seit dem „Frieden vom Melnosee“ 1422 Gebiet des Deutschen Ordens, später Deutschlands war und eben 500 Jahre nicht zu Litauen gehörte. Erst mit dem verlorenen 1. Weltkrieg übernahmen litauische Einheiten das Memelgebiet, gegen den Mehrheitswillen der dortigen Bewohner).

Die Eingewanderten, nämlich die Deutschen, Schweizer, Franzosen, Salzburger und Juden, bringen andere Eigenheiten aus ihren Heimatländern mit. Und das Fremde dieser Menschen hat allerlei Flecken, vor denen sich die Litauer in achtnehmen müssen.“

Und noch so ein schöner Satz:

„Hierbei ist von besonderer Bedeutung die lebendige Religiosität. Der religiöse Mensch sieht in allem was ihm geschieht, was ihm widerfährt, den Willen und die Güte Gottes.

Der Mensch muß sich ergeben und alles, was er erlebt, geduldig hinnehmen. Alles Geschehen hat einen Sinn. Es dient zum Besten des Menschen. Dieser soll durch alles zu Gott geführt werden.“

Und so geht es im ganzen Schlusskapitel „Volkstum und wahres Menschsein“ weiter.

Geprägt ist es von der Angst, dass sich die Litauer von ihrer Kultur entfernen und sie von der Kultur ihres großen Nachbarn (Deutschland) aufgesogen werden. Storost fordert, dass die „...Litauer sich an das Litauische halten müssen.“ Nur so werden ihre guten Eigenschaften, wie Feingefühl, Entfaltung des Wesens und Klarheit über sich selbst erhalten.      

Die „Flucht vor ihrem eigenen Geblüt“ (also die Integration in die damalige Reichsdeutsche Gesellschaft oder auch nur Annahme von anderen Sitten und Gebräuchen) seien ein „Vergehen gegen den Schöpferwillen“.

Und am Schluss kommt noch die Krönung der „Lebenswelt in Preussisch Litauen“:

„Dem gegenüber ist gerade das litauische Volk eines von besonderem Mitgefühl, von Hilfsbereitschaft, von einer Hingabe an die Lebenspflegen wie kaum ein anderes in der Gegenwart.“

Geschrieben im deutschen Exil 1947, nachdem die litauische Heimat von den Sowjets „befreit“ worden ist, Partisanenkämpfe wüteten, die Litauer mit ihrer Zivilverwaltung und den Polizeibataillonen den Nazis geholfen hatten das Land zu besetzen und ihre jüdische Bevölkerung auszurotten.                                                  

Diese Abhandlung von Wilhelm Storost über Donelaitis „Metai“ „...mit ihrer völkischen Bedeutung“ ist schwer verdauliche esoterische/schwülstige Kost.

 

Das Heft ist als PDF hier downloadbar: https://alles-ueber-litauen.de/litauen-kultur/vydunas

Wenn sie eine andere Meinung über diese Schrift von Wilhelm Storost haben, ich veröffentliche das gerne.

 

Falls es andersweitige Beurteilungen dieses Werks gibt, werde ich diese gerne als Vergleich zu meiner Einschätzung veröffentlichen.

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