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Anfang 1941 lebten im Kreis Kėdainiai über 4.600 Juden – unter ihnen viele Flüchtlinge aus Polen. In der Stadt selbst lebten etwa 2.500 Juden. Bereits vor Eintreffen der Deutschen in Kėdainiai Ende Juni 1941 organisierten litauische „Aufständische“ (sogenannte Partisanen oder LAF) Übergriffe, Plünderungen und Morde unter der jüdischen Bevölkerung, denen ungefähr 100 Männer zum Opfer fielen. Zum Entsetzen der Juden wirkten bei dieser Jagd viele aus der lokalen Intelligenz mit. Arbeitsfähige wurden zur Zwangsarbeit getrieben.
Unter dem Vorwand eines Arbeitseinsatzes ermordeten litauische Hilfstruppen und Deutsche unter Leitung des Rollkommando Hamann am 23. Juli 1941 125 jüdische Bewohner und Kommunisten in einem nahe gelegenen Wald. Kurz danach ließ der von den Deutschen eingesetzte Bürgermeister ein mit Stacheldraht umzäuntes und von Litauern bewachtes Ghetto bei der Synagoge einrichten, in das ca. 1.000 Menschen – die Juden der Stadt, die dorthin geflohenen Juden der umliegenden Dörfer, eine unbekannte Zahl von Juden aus den Orten Žeimiai und Šėta – eingepfercht wurden. Den unmenschlichen Lebensbedingungen erlagen bereits hier zahlreiche Menschen.
Massengrab ausserhalb von Kedainiai
Am 15. August wurden alle Ghetto-Bewohner im Hof der Synagoge zusammengetrieben. Über 14 Jahre alte Männer wurden in die Scheunen auf dem Gestüt des Grafen Totleben zwei Wochen lang ohne Nahrung eingesperrt. Alte, Frauen und Kinder folgten am 26. August. Am 28. August trieben litauische Hilfspolizisten unter dem Befehl des Rollkommando Hamann zuerst die Männer in Gruppen zu den von sowjetischen Kriegsgefangenen zuvor ausgehobenen Gruben beim Fluss Smilga, danach Frauen und Kinder, die auf brutale Weise ermordet wurden. Der Massenerschießung, die bis zum Abend andauerte, wohnten auch litauische Prominente wie der Bürgermeister, der Rektor der Schule und ein katholischer Priester bei. Um die in den Scheunen eingesperrten Opfer über ihr Schicksal möglichst im Ungewissen zu lassen, ließ man Traktorenmotoren laufen, um die Schreie und Gewehrsalven vom 2km entfernten Ort des Massakers zu übertönen.
Im Jäger Bericht steht zu Kedainiai:
23.7.1941 83 Juden, 12 Jüdinnen, 14 russ. Komm., 15 lit. Komm., 1 russ. O-Politruk.
Einen Monat war man schon abgehärteter:
28.8.1941 710 Juden, 767 Jüdinnen, 599 Judenkinder
Infos aus gedenkorte-europa.eu und dem Jäger Bericht
Fotos alles-ueber-litauen.de
Noch ein kurzes Übersichtsvideo:
Seit dem 18. Oktober 2019 stehen den Besuchern in den Krypten der Kathedrale von Vilnius neue Routen zur Verfügung. Die Krypten sind einer der historisch und kulturell interessantesten und wertvollsten Orte Litauens (vielleicht ähnlich alt wie der Rathauskeller von Vilnius) und ein Zeugnis der Geschichte des Landes vom 14. Jahrhundert bis heute und ziehen jedes Jahr Zehntausende von Besuchern an. Zuvor war der für Besucher zugängliche Bereich auf etwas mehr als ein Drittel der unterirdischen Grundfläche der Kathedrale begrenzt. Die neu eröffneten Wege - der nördliche Teil der Domkrypten - bieten den Besuchern die Möglichkeit, Räume kennen zu lernen und zu sehen, die jahrelang buchstäblich unzugänglich, zugemauert und verschlossen waren.
Die Wegbeschreibung. Einmal unter der ganzen Kirche durch
Die Führungen werden auf Englisch, Polnisch, Russisch und Litauisch angeboten. Voranmeldung erforderlich.
Besucher, die an der Extremtour teilnehmen, können einige der ältesten Mauerwerke Litauens besichtigen, Reste eines Turms und einer Treppe aus dem 13. und 14. Jahrhundert, unschätzbare historische Mauerwerke der Kathedrale von Jogaila und Vytautas, Krypten und Mausoleen aus dem 16. und 19, Jahrhundert, gotische Ziegelsteine, Keramikfragmente, ein Entwässerungssystem aus dem 18. Jahrhundert, Stahlbetonverstrebungen aus den 1930er Jahren, Proben aus geologischen Studien aus den 1970er und 1980er Jahren und andere wertvolle Gegenstände, die auf einer Fläche von 120 Quadratmetern unter der Kathedrale von Vilnius ausgestellt sind.
Auf Initiative des Museums für das kirchliche Erbe wurden nicht nur die Räume für die Besucher hergerichtet, sondern auch einzelne Überreste, die in den Krypten gefunden wurden, sortiert und von Anthropologen untersucht, neue Funde wurden nach Rücksprache mit Archäologen aufbewahrt, während Historiker und Kunsttheoretiker halfen, die neu gefundenen Artefakte und Räume zu "entschlüsseln". Professionelle Museumsführer und Historiker des Church Heritage Museum, die an der Studie teilgenommen haben, sind bereit, Ihnen alles darüber zu erzählen!
Besucher, die den Extremweg erkunden möchten, sollten ihre körperlichen Fähigkeiten berücksichtigen: Um die Räume so authentisch wie möglich zu erhalten, wurden die Gänge in ihrer ursprünglichen Form belassen, wobei einige Bereiche nur 40 cm breit sind. Die höchste Stufe auf der Extremtour beträgt 42 cm. Der Besucher sollte weder Platzangst haben, noch allzu unsportlich sein. Zu dicke Menschen könnten stecken bleiben ;-)
Die unterirdischen Extremtouren werden nur in Begleitung eines Führers und nach vorheriger Anmeldung für kleine Gruppen (bis zu 10 Personen) angeboten. Die Führung dauert etwa 1,5 Stunden. Die Dauer und die Route der Tour können an die Wünsche der Gruppe angepasst werden.
Weitere Informationen und Voranmeldung unter der Telefonnummer + 3706 00 12080 oder per E-Mail an katedrospozemiai[@]bpmuziejus.lt
Am Eingang der Kathedrale...der gehörnte Moses
Nachdem wir die normale Krypta schon spannend fanden, wollten wir unbedingt die Extended Tunnel Tour mitmachen. Unser Guide Dalia führte uns nicht nur durch das Tunnelsystem, sondern erzählte uns allerlei Kurzweiliges. Tatsächlich haben geführte Touren auch ihre Vorteile. So hat der Moses vor der St. Stanislaus Kathedrale in Vilnius, unter der ja unsere Wanderung stattfindet, Hörner. Ursache dieser eigentlich ungewöhnlichen Teufelshörner für einen Heiligen war ein Übersetzungsfehler des Hieronymus, der die Bibel im 4. Jahrhundert vom Hebräischen und Griechischen ins Lateinische übersetzte. Im Kapitel Exodus machte er aus dem Wort KRN (Keren) statt der eigentlichen Bedeutung "glänzend, mit Strahlen versehen" ein "gehörnt" (Karan). Also meißelte Michelangelo den Moses mit Hörnern.
Reitermonument Großfürst Gediminas. Auch hier gab es beim Bau historisches Unwissen. Wichtige Persönlichkeiten wurden NIE neben dem Pferd dargestellt, das war den Knechten vorbehalten, sondern immer auf dem Pferd. Natürlich fällt uns Touristen so etwas nicht auf.
Da die St. Stanislaus Kathedrale während der sowjetischen Besatzung nicht als Kirche genutzt, sondern völlig ausgeplündert wurde, ist sie komplett schmucklos und nüchtern. Nur eine Nische sticht aus dieser Nüchternheit heraus. Die wertvollen Metalldekos und die Fresken wurden irgendwie in der Sowjetzeit versteckt und überdauerten so den "Kommunismus".
Wahrscheinlich sah die Kathedrale früher komplett so schön aus
Foto mit den entdeckten Kirchenschätzen
Teil des Kirchenschatzes von St. Stanislaus
Vor dem Einmarsch der Roten Armee wurde der Kirchenschatz versteckt. Und zwar in einer Nische im Treppenhaus. Die wurde zugemauert und erst nach der Unabhängigkeit wieder geöffnet. Da niemand mehr wusste, wo das Versteck war, fragten die Litauer in Krakau nach. Warum in Krakau? Weil 1940 in Vilnius nur Polen und Juden waren und keine Litauer.
In der Krypta befand sich das Grab von Barbora Radvilaite, auch die schöne Barbora genannt
So hat man Barbora Radvilaite gefunden. Der Schmuck ist auch ausgestellt.
So, hier fängt der eigentliche extreme Tunnel an. Durch dieses Loch muss man krabbeln.
Mal sehen, ob sich in den Gräbern noch was bewegt. Eine Taschenlampe sollte dabei sein.
Lüftungsschächte. Jahrelang musste die Belüftung zu sein. Deshalb war bei der Öffnung der Tunnel alles verschimmelt. Durch die hohe Feuchtigkeit wurden alle Skelette in den Tunneln zerstört. Von den aufbewahrten Skeletten, die vielleicht mal zu Heiligen werden könnten, ist bis auf eins alles vergammelt. Man kann bei einer Heiligsprechung kein Knöchelchen mehr verwenden.
In den Tunneln befindet man sich ca. 3 Meter über der Ebene, an der früher die Kirche von König Jogaila stand. Mit jeder neuen Bebauung ging es höher.
Hier und an vielen anderen Stellen sieht man die verschiedenen Bauweisen. Von Feldsteinen über Brandsteine zu Beton.
Durch die Hochwasser in den 1930er Jahren wurde die Kathedrale beinahe zum Einstürzen gebracht. Damals begann man unter der gesamten Kirche Stützen aus Beton zu gießen. Nur so hat die Kirche bis heute gehalten. Allerdings legte man nicht viel Wert auf Archäologie. So wurde leider sehr viel zerstört.
Dieser seltsam geformte Schuh wurde bei der Freilegung des Tunnelsystems gefunden. Über die Ursache der komischen Form kann man nur spekulieren. Entweder gehörte er einem der Dachdecker, der sich so besser auf dem Dach festkrallen konnte, oder einem Orgelspieler.
Am Anfang des Tunnelsystems gibt es Überschuhe, da es an manchen Stellen schlammig ist.
Vorsichtig auch vor den Pilzen. In der Dunkelheit hatte ich das Gefühl, sie wollten mich beißen.
Das Kanalsystem wurde 1941 zugemauert, da sich viele Juden auf der Flucht im unterirdischen Tunnelsystem versteckten
Zu dick darf man nicht sein. Ich hatte schon Probleme.
Unter den Säulen verlief ein Tunnelgang
Und am Schluss haben wir uns noch etwas gewünscht...auf dem Wunderstein
Ačiū Daliai už labai gražią ekskursiją! Interessante Besichtigung, sehr zu empfehlen!
Die Gewölbe unter dem alten Rathaus in Vilnius sind für Besucher geöffnet. Wie schon der Untergrund unter der Kathedrale (die Katakomben), erlebt der interessierte Besucher unter dem "Vilnius Rotuse" Einblicke in die Vergangenheit von Vilnius.
© Asta Kazlauskiene (alle Fotos)
Scheinbar müssen Besichtigungen vorher angekündigt werden. Ab 8 Personen kostet die Besichtigung 8 Euro pro Person. Falls Sie einen Reiseführer engagieren, kann man diese Besichtigung in die Tour einplanen.
(8 5) 261 8007 Didžioji g. 31, LT-01128 Vilnius
Die Website vom Alten Rathaus lautet:
https://www.vilniausrotuse.lt/en/tours
Der Autor hat diese Tour selber noch nicht gemacht. Sobald Informationen vorliegen werden sie hier stehen.
Čiurlionis Museum
Neben dem Vytauto Didžiojo Karo Muziejus (Vytautas Kriegsmuseum) und dem Teufelmuseum befindet sich das Mikalojus Konstantinas Čiurlionis Museum. Es ist das älteste und größte Kunstmuseum Litauens.
Bekanntlich war Čiurlionis der bekannteste und wichtigste Komponist und Maler Litauens. Er schuf 200 Gemälde und 80 Grafiken sowie Orchesterwerke, Vokalmusik, Kammermusik, Klavier und Orgelwerke.
Im Čiurlionis Museum befinden sich vieler seiner Gemälde und Drucke. Es gibt eine Video Dokumentation zu seinem Leben und zu seinen Bildern. Čiurlionis hat seine Bilder auch vertont. In der Videovorführung kann der Besucher die Bilder und die dazugehörende Musik auf sich einwirken lassen. Mir gefallen einige Bilder von Čiurlionis sehr gut. Viele Bilder in dieser Ausstellung sind leider, weil es eben der Stil Čiurlionis war, sehr blass. Für Kunstliebhaber ist der Besuch dieses 1921 gegründeten Museums sicher sehr wichtig. Fast interessanter finde ich aber das Čiurlionis Museum in Druskininkai.
Čiurlionis Bilder werden mit seiner Musik vorgestellt
Čiurlionis Bilder
Skulpturen vor dem Museum
Čiurlionis und seine Frau Sofija
Wewbseite: Ciurlionis Museum
M. K. ČIURLIONIS NATIONAL MUSEUM OF ART
V. Putvinskio St. 55, LT-44248 Kaunas
Hier ein Beispiel von Čiurlionis Musik zu seinem Bild "Die See" auf Youtube:
Der juedische Friedhof in Birzai ist der größte seiner Art in Litauen. Er wurde im Jahre 2011 und 2012 von der Gesellschaft fuer Christlich-Juedische Zusammenarbeit vom gröbsten Unkraut und Bäumen gereinigt.
Endlich konnte man wieder die Dimension dieses Friedhofs erkennen.
Der ausschlaggebende Punkt zum Entstehen dieser Website war mein Besuch auf diesem Friedhof nach vielen Besuchen in Birzai. Da fragte ich mich, wo sind die Juden denn hin, die diesen Friedhof frueher genutzt haben.
Im Sommer 2012 habe ich versucht, möglichst alle halbwegs lesbaren Grabsteine zu fotografieren. Ich kann nicht garantieren, ob manche Grabsteine doppelt aufgenommen sind.
Die Fotos sind, um meinen Server zu entlasten, auf Flickr gehostet. Leider erlaubt Flickr nur 200 Fotos als Upload. Es sind aber insgesamt fast 800 Fotos. Die restlichen Fotos werde ich im Laufe der Monate hochladen.
Interessant ist dieses Foto (Eilatgordinlevitan) , wahrscheinlich vom Anfang des 20. Jahrhunderts. Dieser Grabstein sieht heute so aus:
Sommer 2012 Die Inschrift lautet: Asna, Tochter von Matot September 1925
Zu den Fotos bei Flickr gehst hier Jüdischer Friedhof Birzai
Eine weitere Möglichkeit ist ein Youtube Video mit den Bildern, voila:
Youtube Video mit Fotos fast aller noch vorhandenen Grabsteine
Ein Foto vom Grabstein seines Großvaters Rabbi Lintop schickte Yossi Rubinfeld. Über Rabbi Lintop schreibt die Zeitung „Biržų žinios" (Birsen Nachrichten) vom 08.06.1924 Nr 11 Seite 1 : „Ende Mai starb in Birzai der sehr geehrte Jude und Schrifsteller, Rabbi Lintup“.
Ich konnte diesen Grabstein auf den Fotos nicht identifizieren.
Dank für diese Information geht an Antanas Seibutis, Sela Museum, Birzai.
Wohl das letzte Grab: Bezmenmacher gestorben 1945. Heimgekommen aus Russland?
Informationen gibt es scheinbar keine im Netz.
Wird fortgesetzt
Ein zylinderförmiges, 25 m hohes Gebäude mit 78 Stufen und einer nadelförmigen Kuppel wird von einer Mondsichel, dem Symbol des muslimischen Glaubens, vervollständigt, und der obere Teil ist von einem zarten Balkon umgeben, der mit prismenförmigen, Stalaktiten ähnlichen Ornamenten aus der Fauna verziert ist.
Minarett der Moschee von General Totleben
Die Basis des Minaretts ist mit halbrunden Nischen und einer halbrunden Fensterfläche verziert. An der Südfassade ist eine arabische Inschrift auf einer Gipstafel angebracht, die besagt, dass dieser Palast, der mit seiner Schönheit an den Garten Eden erinnert, von Seiner Majestät Sultan Mehmed errichtet wurde. Er schmückte diesen majestätischen Palast auch so aus, dass ein schönerer und prächtigerer Palast nicht einmal im Himmel gefunden werden konnte. Die ursprüngliche Marmortafel mit diesem Eintrag, die das Minarett bis zum Beginn dieses Jahrhunderts schmückte, wurde höchstwahrscheinlich aus einem Palast an der Nordostküste des Schwarzen Meeres mitgebracht.
Das Minarett wurde nach dem russisch-türkischen Krieg von 1877-1878 von General Eduard Totleben errichtet. Die Moschee war ein quadratisches, einstöckiges Gebäude mit einem flachen Dach, das von hölzernen Pfeilern gestützt wurde. Die Moschee war mit dem Minarett durch eine Minbar verbunden, eine Steintreppe, die zum Lesen des Korans diente. Die Moschee war ein quadratisches, einstöckiges Gebäude mit einem Vorbau, der mit einer durchbrochenen Wand und einer hohen Kuppel verziert war. Darüber befand sich ein niedriger Schock, der mit einer vergoldeten Mondsichel abgeschlossen wurde. In der Moschee und im Vogelhaus bewahrte Totleben folgende Gegenstände auf, die seine Vergangenheit würdigen sollten: ein Weinglas, das beim Toast mit dem russischen Zaren Alexander dem Zweiten zerbrochen wurde, ein elegantes Messer, das Kaiserin Alexandra geschenkt hatte, ein Fernrohr des berühmten russischen Admirals Pawel Nachimow, goldene bewährte Waffen, Helme, Gläser und Scharniere.
Das exotische Gebäude diente vor dem Zweiten Weltkrieg als Dekoration des Gutsparks von Kėdainiai und war das einzige Gebäude dieser Art in ganz Litauen. Nach dem Krieg wurde die Moschee abgerissen, und Anfang dieses Jahrhunderts verbrannte das Vogelhaus infolge von Nachlässigkeit.
Gebaut 1877
Leider steht nur noch das Minarett
Kedainiai Minarett
Das Maironis Museum ist das zentrale Literaturmuseum von Litauen. Es ist seit 1936 in Maironis schmuckem Haus aus dem 18. Jahrhundert, neben dem Rathaus von Kaunas untergebracht und sammelt litauische Literatur von ihren Anfängen bis zur Gegenwart. Ein Besuch im Museum lohnt sich in kultureller und architektonischer Hinsicht.
Maironis Wohnung lag im oberen Stockwerk
Auffällig beim Besuch ist die Größe des Hauses und auf meine Frage, wie der Priester und Dichter Maironis, eigentlich Jonas Mačiulis, sich diese riesige Immobilie leisten konnte, war das Museumspersonal nicht verwundert. Demnach hatte Maironis mehrere Jobs, Prieser, Dichter, Lehrer und Vermieter. Er bewohnte mit seiner Schwester eine acht Zimmer Wohnung im Obergeschoss. Tatsächlich hat er mehrere Räume seines großen Hauses weiter vermietet. Außerdem sei er sparsam gewesen. Maironis gilt als einer der Wegbereiter des litauischen Nationalgefühls (dazu mehr unter Polnisches Problem).
Im Museum sind Wohnräume von Maironis mit Originalmöbeln rekonstruiert worden. Litauische Dichter wie Balys Sruoga, Julius Janonis, Ieva Simonaityte (Vilius Karalius) oder Salomeja Neris werden vorgestellt. Das empfehlenswerte Museum über Salomeja Neris am Kaunas mare ist eine Zweigstelle des Maironis Museums.
Interaktiv kann der Besucher die Zeit der Bücherschmuggler nachempfinden. Dafür schnallt man sich ein orginalgetreues Bücherbündel über die Schulter und sieht dann im Film russische Sodaten, die den Bücherschmuggler mit Flinten jagen. Dafür sollte man wissen, dass Bücher in lateinischer Schrift von 1864 bis 1904 in Litauen verboten waren. Grund war der Wunsch nach Russifizierung der einheimischen Bevölkerung, die seit der 3. Polnischen Teilung von Russland besetzt waren.
Büchersack auf dem Rücken
Neben dem ernsten Hintergrund also auch durchaus was für Kinder.
Der Keller im gothischen Stil stammt aus dem 15. und 16. Jahrhundert und gehört zu den ältesten in Kaunas. Nach dem Krieg von 1812 war hier ein Krankenhaus untergebracht, nach den antirussischen Aufständen 1863 ein Gericht. Ein Gericht braucht ein Gefängnis, das wurde dann im Keller eingerichtet.
1903 wurde hier die Verwaltung der Forts von Kaunas eingerichtet. Russische Soldaten patroillierten nun vor der Tür.
Um 1909 kaufte Jonas Mačiulis das Anwesen.
Über der Tür zu Maironis Zimmer ist eine "Kanklės" angebracht, die beim öffnen der Tür das Lied des Musikers J. Naujalis "Teures Litauen" abspielt
Mir hat das Museum sehr gut gefallen.
Kleines Video über die "Kankle" Musik der Eingangstür und das dreidimensionale Bild in Maironis Schlafzimmer
Arbeitszimmer
Dieses Zimmer hatte eine zweifache Bestimmung. Es diente für offizielle Empfänge und zugleich war es das Arbeitszimmer des Dichters. Hier stand Maironis oft am Pult, hat den Sonnenaufgang bewundernd und schrieb Gedichte. Man sagt, dass er in solchen Augenblicken vom Schaffensdrang ergriffen wurde, und hier entstanden die reifsten Werke des Poeten.
Zu sehen sind Bilder von Kazys Simonis (der etwa Ciurlionis Stil hatte), Mioduszewski, Mackevicius, Romeriene und anderen.
Der Rote Salon
Dieses nach der Farbe der Möbel benannte Zimmer war den höchsten Gästen vorbehalten. Dieser Salon galt als schönster Salon in Kaunas. Die Häkelarbeiten und Gardine sind Arbeiten von Maironis Schwester Marcele.
Die Bilder wurden von Janulis, Zikaras, Šimkunas und Carrier gemalt.
Marceles Zimmer
Der Dichter hatte drei Schwestern - Marcelė, Kotryna und Pranciška. Pranciška verletzte sich in der Kindheit am Kopt, blieb taub und stumm und am Lebensende wurde sie von den Russen nach Sibirien verbannt. Nur Kotryna war verheiratet und hatte sieben Kinder. Maironis brachte fast alle Kinder von Kotryna in seinem Haus unter und ließ sie zur Schule. In diesem Zimmer wohnte seine Schwester Marcelė, die den Haushalt führte. Marcelė war eine bescheidene Frau, mochte keinen Luxus und kümmerte sich um ihren Bruder und andere Verwandte, die in Maironis Haus wohnten.
Die alte Truhe brachte Marcelė aus dem Heimatdorf Bernotai mit. Auf der Truhe liegt gewebtes Tuch von Pranciška.
Der Große Salon
Hier feierte Maironis seinen Geburts-und Namenstag, Ostern, Weihnachten. Manchmal wurde dieser Salon als repräsentativer Saal genutzt, wenn sich hier ausländische Diplomaten und andere wichtige Gäste versammelten. Alle waren mit der Gastfreundlichkeit des Dichters, mit dem Programm zufrieden und die besten Klavierspieler spielten am "Rönisch" Flügel, der jetzt 150 Jahre alt ist. Während Feierlichkeiten spielt man noch heute.
Zu sehen sind die Eltern Maironis und ein Portrait von Maironis vom Maler J. Šileika. Das einzige Bild, auf dem Maironis zivile (keine geistliche) Kleidung trägt.
Familienspeisezimmer
Jeden Tag setzte sich zum Frühstück - und Abendessen an den gemütlichen Tisch eine kleine Gesellschaft: der Dichter selbst, seine Schwester Marcelė, Schwester Kotrynas lernende Kinder, irgendwelche arme Verwandte, um den sich die gute Marcelė kümmerte. Maironis aß zu Mittag meistens im Priesterseminar. Ob das Essen da besser war?
Schlafzimmer
Hier blieb der Dichter alleine und konnte nach den Tagessorgen beten.
Das Bett und die Kommode sind mit Handarbeiten von Schwestern Marcelė und Pranciška geschmückt. Sie können auf dem Bettbezug drei gestickten Buchstaben sehen - K. J. M. Sie bedeuten "kunigas Jonas Mačiulis - Priester Jonas Mačiulis" Wenn Sie sich fragen, was die gestickte Zahl unten bedeutet: Die Schwestern von Maironis waren sehr ordentlich und kennzeichneten alle Wäschestücke ;-)
Zusehen sind Jesus und Maria eines unbekannten Malers. Ein sehr interessantes Bild, da sich, je nach Perspektive, die Bilddarstellung ändert.
Die Bibliothek
Hier arbeitete der Dichter gerne am Nachmittag, wenn die Sonne den Garten beleuchtete.
In Maironis Bibliothek blieben 795 Bücher unversehrt. Hier gibt es alte, ausgezeichnet eingebundene und illustrierte historische, religiöse und schöngeistige Bücher. Maironis beherrschte sieben Fremdsprachen. Poet las russische, polnische, deutsche, und französische Klassiker in Originalsprache. Viele Bücher mit
interessanten und achtungsvollen Widmungen wurden dem Dichter von anderen Schriftstellern geschenkt. Das älteste hier aufbewahrte Buch ist das Dritte Statut Litauens von 1600. Da es damals noch keine litauische Schriftsprache gab, wurden diese Statuten in Ruthenischer Sprache geschrieben. (Erstes weltliches Buch in litauischer Sprache kam von Donelaitis).
Auf dem Tisch liegt ein Telefonbuch von 1930. Maironis Nummer ist 1849.
Im Keller gibt es eine Engelausstellung
Maironis Denkmal vor dem Museum. Begraben ist er in der nahen St. Peter u. Paul Kirche
Maironis Museum
Rotušės a. 13, 44239 Kaunas
Wenn man aus Kaunas zur alten Kirche in Zapyskis fährt, kommt man am jüdischen Friedhof vorbei. Ein Denk und Mahnmal an unsere Vergangenheit. Die Bilder sind in einem Youtube Video untergebracht:
Salomėja Nėris (das Pseudonym ist eine Reminiszenz auf den Fluss Neris in Vilnius) ihr bürgerlicher Name ist Salomėja Bačinskaitė - Bučienė) war eine litauische Dichterin.
Geboren am 17.11.1904 in Kiršai bei Vilkaviškis, gestorben am 7.7.1945 in einem Krankenhaus in Moskau. Bericht über das Salomeja Neris Museum in Kaunas.
Salomeja Neris
Nachdem sie 1928 an der Universität Kaunas litauische und deutsche Sprache und Literatur studiert hat, arbeitete sie als Deutschlehrerin in Lazdijai, Kaunas und Panevezys.
Schon 1927 publizierte sie ihr ersten Gedichte "Anksti ryta" (Am frühen Morgen). Zu dieser Zeit wurden ihre Gedichte noch in nationalen und katholischen Publikationen veröffentlicht.
Bei einem Studienaufenthalt 1929 in Wien begegnet sie dem linken Medizinstudenten Bronius Zubrickas, verliebte sich in ihn und beginnt sich für seine sozialistischen Ideen zu interessieren.
Salomeja Neris in Wien
1931 zieht Salomėja nach Kaunas, unterrichtet und schreibt Volksmärchen (Spuren im Sand). Ihre Texte werden nun im kommunistischen Journal "Trečias Frontas" publiziert.
Trecias Frontas, (Die dritte Front) war ein "rotes" Unternehmen, herausgegeben von Tomas Venclovas Vater Antanas Venclova und dem Schriftsteller Petras Cvirka. Es wurde von der Zensur nach der 5. Ausgabe verboten.
1938 bekam sie den litauischen Staatspreis für Literatur.
Sie wurde zum Mitglied der Volks-Seimas (litauisches Parlament unter den Bolschewisten) ernannt und nahm mit der litauischen Delegation in Moskau 1940 teil, die theatralisch um Aufnahme Litauens in die Sowjetunion bat. Am 3. August 1940 trug sie am Obersten Sowjet ihr Lobgedicht "Gedicht an Stalin" vor. "Von da an galt und gilt sie vielen [Litauern] als Verräterin der schlimmsten Sorte."
Venvlova, Der magnetische Norden S. 119
Gedicht für Stalin 1940
Dafür hat sie posthum 1947 den Stalin Preis der Sowjetunion bekommen.
Interessant wäre die wahren Gedanken von Salomėja Nėris in diesen Tagen zu kennen. Interessant auch, ihre persönliche "Schuld" mit der von Bewunderern Hitlers, wie zum Beispiel Luise Rinser, zu vergleichen.
Das könnte in "Litauische Kollaboration" verarbeitet werden. Wer da eine Meinung hat, bitte melden.
P. Cvirka, Antanas Venclova, K.Korsaka sowie Salomeja Neris in Moskau 1940
Während des II. Weltkriegs flüchtete sie mit ihrem Sohn in die Sowjetunion, kam nach Rückzug der Deutschen 1944 kurz in ihr Haus nach Kaunas zurück, verstarb aber 1945 in einem Moskauer Krankenhaus an Krebs. Ihr Mann blieb während des Krieges in Kaunas.
Salomeja wurde erst in Kaunas vor dem Museum für Kultur begraben, später aber umgebettet auf den Friedhof in Petrašiūnai.
Tomas Venvlova erwähnt Salomėja Nėris in seinem Buch "Der magnetische Norden" mehrfach. Er beschreibt sie als begabte junge Frau, die ihre Leser verblüfft hatte, als sie 1931 von einer katholischen Autorengruppe zur radikalen Linken wechselte (der Grund wurde ja weiter oben angesprochen).
Bis zu ihrem Tode schrieb sie schöne Gedichte (Venclova), die auch ins russische übersetzt wurden.
"Ungeachtet ihres widersprüchlichen Ansehens bleibt Nėris eine Klassikerin der litauischen Kultur. Ich bin ihr einmal begegnet, als ich sieben Jahre alt war, und habe ihr, auf Drängen meines Vaters, eines ihrer populären Gedichte vorgetragen. Sie war eine Dame von kleinem Wuchs, zurückhaltend und schüchtern. ... " (Venclova, Der magnetische Norden).
Salomeja Neris in Palanga 1928
Wind, o Du Wind
Wind, o Du Wind!
Wind und überall Wind!
Er löst mir mein Haar, nimmt mich in die Arme,
er küsst mein Gesicht, meine Brust.
Eine rote Mohnblume vom Feld,
ein gelbes Blatt vom Baum
hat er mir in das Haar gebracht, -
eine herbstliche Liebe in meinem Herzen entfacht.
Fliegen, ach fliegen!
Und niemals erreichen ...
Ich schließe die Augen, ich lache, -
ich lasse mich tragen von Dir, Du mein Wind!
Salomeja Neris Statue Vilnius
Und noch einige Gedichte auf Englisch
Homeland (Übersetzt von Lionginas Pažūsis)
Despoiled and blood-drenched by the foe
You rise before my eyes.
Many a hundred miles I'll go
To see your stirring skies.
When blossom from your apple-trees
Or leaves in autumn fall,
I'll go to you, though on my knees
Through rain and cold I'll crawl.
Today the heavy clouds of war
Enshroud your lovely face...
How are your towns I see no more?
Grim ruins take their place.
You wring your hands in grief and pain:
Where are my sons, my loyal guards?
In empty homesteads chill winds reign
And moles dig up the yards.
Over the Nieman night drags on
But it shall not last long.
I'll come to you one day at dawn
To soothe you with my song.
Grandma's Tale (Übersetzt von Vyt Bakaitis)
Our winters are hoary,
White on white wherever you look.
Long tales they tell us toddlers,
Evenings, in the parlor.
About a blizzard that gets you lost
And braids the sun clipped off.
The swan pumpkin
Bound for desert lands.
About wolf and white bear
And spells that devils come up with.
Waters splashing
Up from silver wells.
About the third son Jonas,
The proud horseman he is.
And Eglė, the watersnake's wife,
Whose children changed into trees.
And how the grieving orphan girl
Came empty-handed back,
How the pines wading big drifts
Found no way to climb out.
Thumbkins sleep in the drifts.
There are goldfish under the ice.
A witch will run across the snow
Without leaving tracks.
Good-natured as the orphan girl is,
Her stepmother stays mean ...
As Grandma nods off, so
The story stops short.
Dandelion (Übersetzt von Clark Mills)
Dandelion, dandelion, flower miracle,
why do you lean on wind at the field's edge?
Where, where will you lay your white head down?
And where drowse, as the late evening darkens?
Wind rises, blows, tousles the locks
and tears the white locks from the snowy head:
over the faultless earth, autumnal field,
carries the dandelion's fluffed white seedlets.
Dandelion, dandelion – oh, my own flower!
I grieve now for your little head bleached white
as I grieve for my new youth, so scattered
by time and wind, at the field's edge.
Could I but change into the field's gray sand,
could I but settle slowly, cold as stone,
the Nemunas above me flowing, flowing...
In Kaunas gibt es ein Museum im Hause von Salomėja Nėris:
S. Nėries g. 7, Kaunas
+370 37 373606
ina.aleksaitiene[@]maironiomuziejus.lt
http://maironiomuziejus.lt
Weitere Gedichte von Salomėja Nėris auf Englisch gibt es bei allpoetry.com
Ein alter litauischer Film über Salomja Neris mit seltenen Aufnahmen aus Moskau:
Salomeja Neris, Film aus dem litauischen Fernsehen.
Die Standseilbahn von Kaunas ist eines der markantesten und originellsten Zeichen für die Modernisierung der Infrastruktur von Kaunas aus den 1930er Jahren, die den Prozess des schnellen Wachstums der Stadt bezeugt.
Talstation der Standseilbahn Zaliakalnis, rechts Bronius Zalensas Skulptur " Das Mädchen mit der Hirtenflōte"
Viel Aufmerksamkeit wurde der Verbesserung der städtischen Infrastruktur gewidmet - Wasserversorgung, Kanalisation, Verkehr. Beim Bau der Standseilbahn Žaliakalnis wurden deutsche Spezialisten hinzugezogen: Das Leipziger Ingenieurbüro "Curt Rudolph Transportanlagen" erstellte das Projekt und produzierte die Standseilbahn; die elektrische Ausrüstung wurde von der Firma "AEG" geliefert, das Fahrgestell wurde von der Schweizer Firma "Theodor Bell" erworben, die Wagen wurden von der amerikanischen litauischen Firma "Amlit" Kaunas hergestellt. Die Fahrt mit der Standseilbahn dauerte 1 min. 38 Sek. Im Jahr 1931.
Adresse Talstation: V. Putvinskio g. 22, 44212 Kaunas, Litauen
Mein Sohn fragte, warum man die teure Bahn gebaut hat. Man hätte doch auch die danebenliegenden Treppen nehmen können. Gute Frage...Luxus?
Interessant auch die auf der gegenüberliegenden Talseite liegende Standseilbahn Aleksotas. Vielleicht noch etwas schöner und sogar mit Videos, als die Maschinen in Betrieb sind. Der Blick von Aleksotas ist wahrscheinlich der schönste auf die Stadt.
Blick nach unten
Maschinenraum Zaliakalnis Standseilbahn
Leitwarte
Maschinenraum
Maschinenraum Zaliakalnis
Waggon der Standseilbahn
Talstation
Und noch ein kurzes Video von der Fahrt